Bayern und Dzeko: Passt das überhaupt?

Thomas GaberAndreas Lehner
01. Juni 201209:36
Nächste Saison gemeinsam bei Bayern? Die FCB-Kapitäne Lahm und Schweinsteiger und Edin DzekoGetty
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Der Wechsel von Edin Dzeko von Manchester City zum FC Bayern München nimmt allmählich Formen an. Ist der Bosnier die "Bombe", die sich Bayern-Präsident Uli Hoeneß wünscht? Würde eine Doppelspitze Gomez/Dzeko funktionieren? SPOX beantwortet fünf Fragen zum möglichen Dzeko-Transfer nach München.

Wie ist der aktuelle Stand?

Mehrere deutsche und englische Medien berichten am Donnerstag, dass der FC Bayern Kontakt zu Manchester City aufgenommen hat. Laut "Bild" will der englische Meister mindestens 30 Millionen Euro für Dzeko, der im Januar 2011 für 37 Millionen Euro aus Wolfsburg auf die Insel kam.

Eine angebliche Einigung zwischen dem FC Bayern und dem Spieler dementierte Dzekos Berater. "Es hat noch keine Einigung gegeben. Es ist verrückt, das alles zu kommentieren", sagte Irfan Redzepagic der bosnischen Zeitung "SportSport".

Beim FC Bayern wird die Personalie Edin Dzeko nicht kommentiert. Sportdirektor Christian Nerlinger sagte auf den Bosnier angesprochen immerhin: "Wir haben überhaupt keinen Druck." Präsident Uli Hoeneß erneuerte in der "Welt" derweil seinen Wunsch, den Kader qualitativ deutlich zu verstärken und kündigte weitere Transfers an: "Es wird noch etwas passieren."

Dzeko weilt derzeit mit der bosnischen Nationalmanschaft auf einer Promo-Tour in den USA. Von City hat er angeblich die Freigabe bei einem entsprechenden Angebot erhalten.

Was verspricht Edin Dzeko?

Die Zahlen sprechen für sich: Selbst in einer mäßigen Saison wie der abgelaufenen erzielte Dzeko in 30 Premier-League-Spielen (14 Mal ein-, 6 Mal ausgewechselt) 14 Treffer. Darunter das wichtige 2:2 am letzten Spieltag, als City in einem Thriller-Fernduell mit Manchester United die Meisterschaft holte. In der Champions League blieb er dagegen ohne Treffer und bereitete nur zwei Tore vor - beide im Rückspiel gegen die B-Elf des FC Bayern in Manchester.

Trotzdem ist Dzeko eine Tormaschine. Das bewies er vor allem während seiner Zeit in Wolfsburg. In seinen dreieinhalb Jahren erzielte er in 111 Bundesligaspielen 66 Tore für den VfL. Bevor er im Januar 2011 nach Manchester wechselte schoss er in der Hinrunde noch zehn Tore für Wolfsburg und war damit am Ende der Saison noch immer der beste Torschütze der Wölfe.

Dabei ist Dzeko extrem schwierig auszurechnen: Knapp die Hälfte seiner Tore erzielt er mit rechts, jeweils ein Viertel mit dem Kopf oder mit links. Seine Abschlussqualitäten stehen außer Frage, allerdings fiel er in den vergangenen Jahren auch durch streitbare Aktionen abseits des Platzes auf.

Vor seinem Transfer zu City klagte er mehrfach über seine Unzufriedenheit in Wolfsburg und setzte den Verein öffentlich unter Druck. Auch mit City-Trainer Roberto Mancini gab es zwischenzeitlich Probleme. Besonders in Erinnerung blieb seine Reaktion auf die Auswechslung im Champions-League-Gruppenspiel in München, als er Mancinis Entscheidung mit einer abfälligen Handbewegung kommentierte und zornig am Trainer vormarschierte. Die Disziplinlosigkeit ging im Trubel um Carlos Tevez' Arbeitsverweigerung aber unter.

Systemfrage: Passen Dzeko und Gomez zusammen?

Auf den ersten Blick wirken Mario Gomez und Dzeko wie gleiche Spielertypen: 1,89 bzw. 1,92 Meter groß, körperlich robust und abschlussstark. Bei näherer Betrachtung ergeben sich aber deutliche Unterschiede. Während Gomez in erster Linie der klassische Torjäger ist, seine Tore fast ausschließlich im Strafraum erzielt und genau da steht, wo ein Mittelstürmer stehen muss, bringt Dzeko auch noch andere Qualitäten mit.

Der Bosnier ist in der Ballan- und -mitnahme sowie der Ballbehauptung deutlich stärker und auch mit dem Rücken zum Tor anspielbar. Selbst im Dribbling und bei Abstechern auf die Flügel ist Dzeko gefährlich. Ein Sturmduo Gomez/Dzeko schließt sich also nicht von vornherein aus, zumal der Bosnier auch in der Wolfsburger Meistersaison bewiesen hat, dass er mit einem Stoßstürmer wie Grafite an seiner Seite nicht an Torgefahr verliert (Dzeko 26 Tore, Grafite 28).

Allerdings spielte der VfL damals mit einer Raute im Mittelfeld und Zvjezdan Misimovic als Zehner hinter den Spitzen. Ein System, das für Bayern in der aktuellen Besetzung undenkbar ist. Zwar wird den Münchner immer wieder vorgeworfen, im 4-2-3-1 zu berechenbar zu sein, eine echte Alternative gibt es aber nicht. Denn nur in dieser Grundformation können die beiden Flügelspieler Franck Ribery und Arjen Robben ihre Stärken ausspielen und sich Auszeiten in der Defensivarbeit nehmen.

In einem System mit zwei Stürmern, müsste mindestens einer von beiden auf die Bank. Aufgrund der Sensibilität beider Dribbler und des Echos in der Öffentlichkeit undenkbar. Da auch Toni Kroos und Thomas Müller einen Platz in der Startelf beanspruchen, wäre die Konkurrenzsituation enorm.

Unabhängig von Personaldebatten ist auffällig, dass die Bayern bei einer Verpflichtung Dzekos mindestens drei klare Mittelstürmer im Kader hätten (Petersen wird wohl noch gehen), während die deutsche Nationalmannschaft mit nur zwei echten Stürmern zur EM fährt. Ein erstaunliches Detail in einer Zeit, in der viel über Systeme ohne Stürmer und die sogenannte "falsche Neun" diskutiert wird.

Teil 2: Was wird aus Pizarro/Petersen und wäre der Dzeko-Transfer erst der Anfang?

Bei Dzeko-Transfer: Was wird aus Petersen und Pizarro?

Zwei Spieler für die Offensive hat der FC Bayern bereits verpflichtet: Claudio Pizarro und Xherdan Shaqiri. Auch ohne Dzeko haben die Münchner bereits ein Überangebot an Stürmern und offensiven Mittelfeldspielern: Gomez, Pizarro, Petersen, Ribery, Robben, Shaqiri, Müller, Kroos.

Petersen wird von Werder umworben; die Bremer streben ein Leihgeschäft an. Noch hat der Ex-Cottbuser von den Bayern keine Freigabe erhalten, eine Ausleihe ist aber wahrscheinlich - auch ohne Dzeko-Transfer. Petersen bekam in seiner ersten Bayern-Saison nie eine echte Chance, obwohl ihm Trainer Jupp Heynckes stets sehr gute Trainingsleistungen bescheinigte.

Pizarro ist sicher nicht nach München zurückgekehrt, um von der Bank aus auf seine Chance zu lauern. Der Peruaner will spielen, bei einem Dzeko-Transfer wäre er aber vorerst nur Stürmer Nummer drei. Auch bei einem Systemwechsel mit zwei Stürmern hätte Pizarro keinen Platz in der Startelf. Andererseits könnte er davon profitieren, im Gegensatz zu Gomez die komplette Vorbereitung auf die Saison 2012/13 absolvieren zu können.

Wäre ein Transfer von der Größenordnung Dzeko erst der Anfang?

Bereits vor den beiden verlorenen Finals im DFB-Pokal und der Champions League befasste sich Uli Hoeneß mit dem nationalen Ranking: "Wir werden unsere Mannschaft so lange verstärken, bis wir wieder alleine sind. Und: Wir haben das Geld dazu." Der FC Bayern strebt einen Rekord-Umsatz von 350 Millionen Euro an. Allein durch den Einzug ins CL-Finale haben die Bayern 60 Millionen Euro auf der hohen Kante.

Im Gegensatz zu Hoeneß halten sich die Entscheider beim FC Bayern auffällig zurück, wenn es um die Kaderplanung geht. Weder Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge noch Sportdirektor Nerlinger haben sich in der Angelegenheit klar positioniert. Eine Kauflawine wie 2007, als die Bayern mit den Transfers von Luca Toni, Franck Ribery und Miroslav Klose auf die verpasste CL-Qualifikation reagierten, wird es in diesem Sommer nicht geben und sie wäre auch nicht notwendig.

Der aktuelle Kader hat es immerhin zu drei zweiten Plätzen in einer Saison geschafft. Keine Vereinsmannschaft stellt mehr Spieler (13) für die EM ab als der FC Bayern. Zudem besitzt der Kern des Kaders langfristige Verträge.

Das Motto der Bayern bleibt bestehen: Einkaufen und verstärken ja, verschulden und "verrückte Dinge tun" (Hoeneß) nein. Einen Transfer von der Größenordnung Edin Dzeko würde etwas Nichtalltägliches bleiben beim FC Bayern.

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