Matthias Sammer stockte kurz. Als ein Journalist den neuen Sportvorstand von Bayern München fragte, ob er den Fans des deutschen Fußball-Rekordmeisters Hoffnung auf große Transfers machen könne, hielt der 44-Jährige inne.
Dann sagte er: "Ich dachte, ich war der große Transfer" - und lachte. Bei seinem ersten Auftritt als Nachfolger von Christian Nerlinger gab sich Sammer im Innenraum der Münchener Arena locker.
Und doch er machte deutlich, dass er die Zügel beim Zweiten der vergangenen Saison sofort straff anziehen wird.
Sammer zieht die Zügel an
Nach zwei Jahren ohne Titel soll Sammer bei den Bayern für neuen Schwung sorgen. "Alles Selbstmitleid, alle persönlichen Eitelkeiten dürfen keine Rolle spielen. Wir werden, wollen und müssen sofort erfolgreich sein", sagte er.
Dass die EM-Teilnehmer um Bastian Schweinsteiger wegen des kräftezehrenden Turniers erschöpft aus ihrem dreiwöchigen Urlaub kommen könnten, akzeptiert der ehemalige Sportdirektor des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) nicht.
"Ich sehe keinen Grund für irgendein Alibi", sagte Sammer und ergänzte: "Ich hatte in meinem Leben nie drei Wochen Urlaub." Er wisse zwar, dass die Ergebnisse der vergangenen Saison mit zweiten Plätzen im DFB-Pokal, der Meisterschaft und der Champions League nicht einfach zu verarbeiten seien. Allerdings gelte es jetzt "eine Aufbruchsstimmung zu erzeugen".
Pizarro gleich verletzt
Die Aufbruchstimmung begann bereits gegen 15.10 Uhr, als Trainer Jupp Heynckes zum ersten Training an der Säbener Straße bat.
18 Spieler, darunter einige Jugendspieler, versammelte das Trainerteam unter Beobachtung von zahlreichen Fotografen, Kamerateams und etwa 700 Fans, die die Neuzugänge Xherdan Shaqiri, Dante, Tom Starke, Mitchell Weiser und Claudio Pizarro mit verhaltenem Applaus begrüßten.
Mario Mandzukic hat wie alle anderen EM-Teilnahme erstmal Urlaub. Pizarro brachte an seinem ersten Tag an alter Wirkungsstätte gleich mal eine Oberschenkelverletzung mit und trainierte nach dem Fototermin der Neuen separat.
Sammer schließt Trainertätigkeit aus
Heynckes, so versicherten Sammer und Präsident Uli Hoeneß, werde die Saison als Trainer beenden - mindestens. Sammer schloss "definitiv" aus, "dass ich irgendwann als Notfalltrainer einspringen werde."
Hoeneß korrigierte sogar sein eigenes gesprochenes Wort von Mitte Juni: "Ich möchte dazufügen, dass ich den Satz: 'Wir werden im nächsten Jahr einen neuen Trainer holen.' so nicht mehr stehen lassen würde. Jetzt spielen wir diese Saison in Ruhe mit Jupp Heynckes, dann schauen wir mal weiter..."
Aber nicht Heynckes, sondern Sammer ist der neue starke Mann beim FC Bayern. Nachdem ihm Hoeneß am vergangenen Sonntag das finale Angebot unterbreitete, bei Bayern der vierte Mann im Vorstand zu werden und die Verantwortung in den Bereichen Lizenzspieler, Trainerstab, Scouting und Nachwuchsarbeit zu übernehmen, überlegte Sammer eine Nacht.
Am nächsten Morgen sagte er zu. "Wenn der FC Bayern ruft, ist das etwas Besonderes. Das ist nicht so, als ob der Postmann klingelt", erklärte er.
Sein Vertrag beim DFB war zwar bis 2016 gültig, doch er hatte die Zusage bei einem Angebot der Bayern gehen zu dürfen. "Das war immer in seinem Hinterstübchen", sagte Präsident Hoeneß, der gemeinsam mit Sammer, Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Finanzvorstand Karl Hopfner zu der Pressekonferenz vor rund 60 Journalisten erschienen war.
Das Herzstück des FC Bayern
Sammer erhält bei den Münchenern einen Vertrag bis 2015. Seinen Verantwortungsbereich sieht Rummenigge als "Herzstück des FC Bayern" an.
Bereits beim DFB hatte er äußerst erfolgreich den Nachwuchs gefördert. Bei Bayern wolle er das "mit etwas Geduld" angehen. "Die erste Mannschaft hat aber überhaupt keine Zeit", sagte er. Sie müsse sofort erfolgreich sein.
Nicht die Bayern waren in den letzten beiden Jahren dominant, sondern Sammers Ex-Verein Borussia Dortmund, wo er als Spieler und Trainer große Erfolge feierte.
Sammer: "Wir sind der FC Bayern"
"Zu Borussia Dortmund gibt es von meiner Seite wenig zu sagen. Das ist vorbei. Ich bringe den Respekt mit. Aber nur wenn man auf sich selbst schaut, kann man sein Potenzial am besten abrufen. Wir sind der FC Bayern und werden uns gegebenenfalls zu Wort melden. Alles andere lassen wir mal so stehen. Wir sind der FC Bayern", sagte Sammer.
Klare und bemerkenswerte Worte. Kaum im Amt identifiziert sich Sammer bereits total mit dem FC Bayern. Zur Freude von Hoeneß und Rummenigge, die Sammer das Wohl des Vereins in sportlicher Sicht anvertrauen.
Ob die Bayern noch vor dem Bundesligastart am 25. August gegen Greuther Fürth mit Spielern wie Javi Martinez von Athletic Bilbao verstärkt wird, kommentierte Sammer vielsagend so: "Ich kenne den Spieler gut. Und die Verantwortlichen, die ihn gesehen haben, schätzen ihn als sehr, sehr gut ein. Warten wir doch mal ab."
Die Konkurrenz kann diese freundlich verpackten Worte als erste kleine Kampfansage werten. Allerdings würde der frisch gebackene Europameister Martinez wohl nahezu die komplette Vorbereitung verpassen. Er steht im Kader des spanischen Olympiateams.