Sammer: "Scholl und ich haben uns gehasst"

Von Von der Säbener Straße berichtet Fatih Demireli
Matthias Sammer mittendrin: Der Sportchef sitzt während den Spielen auf der Bank
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Seite 1: Sammer über die Eingewöhnungszeit und Mehmet Scholl

Frage: Sie wurden neulich von Jens Lehmann sehr persönlich kritisiert, der behauptete, dass Sie nur mit Leuten streiten, die unter Ihnen stehen. Was sagen Sie dazu?

Sammer: Wer mich ein bisschen kennt, der weiß, dass dieses Nach-oben-buckeln und Nach-unten-treten nicht meine Sache ist. Allein schon die Definition von "oben" und "unten" - ich weiß gar nicht, wie er es empfunden hat, als er mein Spieler war. Ich hätte eigentlich von den Medien erwartet, dass man seine Aussagen etwas ins Lächerliche zieht. Dass so etwas unkommentiert stehen blieb, hat mich gewundert. Er hätte nur dann Recht, wenn ich so ein großer Fisch wäre, dass die gesamte Nation unter mir steht. Dann hätte ich ja keinen mehr über mir (lacht). Aber im Ernst: Weil Jens Lehmann und ich auch "Sky"-Kollegen sind, erwarte ich von "Sky" etwas zur Klärung - ansonsten müsste sich ja jeder jedes einzelne Wort überlegen. Das sage ich in aller Deutlichkeit.

Frage: Um zum Sportlichen zu kommen: Ex-Trainer Louis van Gaal hatte zu seiner Anfangszeit gesagt, dass er sich in einen Spieler verliebt hatte, als er zum FC Bayern kam. Gemeint war Thomas Müller. Haben Sie schon einen Spieler ins Herz schließen können?

Sammer: Es gibt mehrere, auch wenn es natürlich immer schwer ist, mit einer Liebschaft mit mehreren Konstellationen. Da muss man ein bisschen aufpassen. Wenn man sich verliebt hat, muss man eigentlich nicht woanders hinschauen (lacht). Wir stehen ganz am Anfang, es ist noch kein Punktspiel absolviert, noch kein Pokalspiel gespielt - da muss man vorsichtig sein. Es werden Schwierigkeiten kommen. Eine große Liebe habe ich noch nicht gefunden - in Gänze ja, aber nicht im Einzelnen. Ich erlebe eine Mannschaft, die Freude bereitet.

Frage: Mario Mandzukic hat im Supercup gegen Dortmund überzeugen können. Was sagen Sie zu seiner Leistung?

Sammer: Mario hat ein tolles Spiel gemacht. Was mich persönlich sehr gefreut hat: Er hat sehr stark gearbeitet. Er hat das toll gemacht.

Frage: Mario Mandzukics Transfer fällt in die Zeit, als Sie beim FC Bayen anheuerten. Viele sagen, es war noch Christian Nerlingers Projekt. Waren Sie involviert?

Sammer:: Klar war ich in ein paar Dinge involviert. Ob Sie es glauben oder nicht, aber Sie müssen sich das ein bisschen anders vorstellen. Bayern ist ein großer Klub. Ich werde als Sportvorstand alle Überlegungen, die ich habe, immer besprechen. Ich werde keinen Spieler verpflichten, den ich verpflichten möchte, ohne dass das eine Gemeinschaftsentscheidung ist. Erstens bin ich nicht größenwahnsinnig und zweitens bin ich nicht eitel.

Frage: Da bietet sich die Frage an, wie es bei Javi Martinez ist. Auch an ihm ist der FC Bayern länger interessiert, als Sie im Amt sind. Mussten Sie dennoch das Bemühen um ihn als neuer Sportchef abnicken?

Sammer: Wenn Sie wüssten, wie viele Spieler wir in den letzten Tagen und Wochen diskutiert haben, dann würden Sie das vielleicht ein bisschen besser fühlen können. Weil immer wieder diese persönliche Situation entsteht: Wer ist dafür allein verantwortlich? Alle Theorien, die es in Deutschland gibt, dass verschiedene Köpfe theoretisch gar nicht zusammenarbeiten können, würden bedeuten, dass Beckenbauer, Hoeneß, Rummenigge eigentlich nicht zusammenarbeiten können. Und trotzdem gehört Bayern in den letzten 30 Jahren zu den Top Fünf in Europa. Gucken Sie sich den Klub an...

Frage: Es funktioniert...

Sammer: Richtig! Jetzt sagt man: Jetzt kommt der Sammer dazu, geht das denn gut? Ja wenn es nicht gut geht, muss ich wieder gehen. Es geht um Bayern München. Wenn ich nicht in der Lage bin, mich in diesen Klub, trotz einer eigenen Denkweise, zu integrieren und anzuerkennen, was hier organisch über Jahre hinweg gewachsen ist, dann habe ich auch keine Berechtigung, hier zu sein. Was ich damit sagen will: Ob der Müller, Maier, Schulze oder Lehmann kommt, ist keine Sammer-Entscheidung, sondern eine Entscheidung von Bayern München.

Frage: Nach dem Supercup hieß es, dass auf höchster Ebene noch einmal beratschlagt wurde, ob mit diesem Kader in die Saison gegangen wird oder nicht. Wie lautet das Resultat?

Sammer: Wir sehen unglaubliches Entwicklungspotenzial in dieser Mannschaft. Schauen Sie sich die Spieler an: Manuel Neuer ist durch ein Stahlbad gegangen. Alaba, Badstuber, Boateng, Kroos, Müller, Shaqiri, selbst Contento: Da ist schon noch genug Entwicklungspotenzial. Vom Typus her ist Martinez für den zentralen Bereich interessant. Das ist ein Spielertypus, den wir so in seiner Gänze nicht haben. Punkt eins: Wir vertrauen unserer Mannschaft. Punkt zwei: Wenn wir das Gefühl haben, dass etwas unter sportlich-wirtschaftlichen Gesichtspunkten Sinn macht, dann kann es passieren, dass wir noch etwas tun.

Der Kader des FC Bayern im Überblick

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