Als DFL-Geschäftsführer Christian Seifert einige Augenblicke später den Pokal feierlich übergab, schlug der Emotionsmesser auch nicht durch die Decke. Kurz anstandshalber den Pokal in die Luft gerissen, den Fans zugejubelt und dann runter in die Kabine. "Das tut der bayerischen Seele gut, dass wir nach fünf Niederlagen gegen den BVB wieder mal gewonnen haben", sagte Karl-Heinz Rummenigge. Mehr nicht.
Starke Anfangsphase
Dabei war es vielleicht die größte Aufgabe des FC Bayern im Vorfeld der neuen Saison gewesen: diese leidige, immer wieder zitierte Pleitenserie gegen den BVB zu beenden. Das war den Münchenern wichtig, um nicht mit dem nächsten Trauma in die Saison zu gehen.
Und diese Prüfung gingen die Bayern beherzt an. Nach von beiden Seiten nervösem Beginn legten die Münchener eine fulminante Anfangsphase hin, in der sie so überzeugend zu Werke gingen, dass der BVB Probleme hatte, sich zurechtzufinden.Es war augenscheinlich, dass der FC Bayern mit der BVB-Erfolgsformel der vergangenen Jahre gewann. "Der Schlüssel war, dass wir in der ersten Halbzeit sehr laufstark, klug und aggressiv gespielt haben", stellte Rummenigge fest. "In den Spielen zuvor hat uns der BVB mit seiner Aggressivität Probleme bereitet." Diesmal war es genau anders herum.
Auffällig: Starker Mandzukic
"Die wichtigste Erkenntnis war, dass wir defensiv super gestanden sind und offensiv gut gespielt haben", stellte auch Lahm fest. Trainer Jupp Heynckes legte in der Vorbereitung den Schwerpunkt auf die Ausgewogenheit, um aus einer kompakten Defensive überfallartige Angriffe zu lancieren, zumal er jetzt die nötigen Spieler dazu hat.
Mario Mandzukic, der das 1:0 selbst erzielte, das 2:0 quasi vorbereitete, deutete an, inwiefern er dem FC Bayern helfen kann. Sein Aktionsradius beschränkte sich nicht auf den Strafraum, immer wieder rochierte er mit Thomas Müller und Arjen Robben, so dass ein sehr bewegliches Offensivspiel zustande kam.
"Er steht uns gut zu Gesicht", lobte Neuer, der aufgrund einer Beckenprellung das Länderspiel gegen Argentinien absagen musste. Nicht mit dabei wird auch der verletzte Mario Gomez sein, dem die gute Integration seines kroatischen Namensvetters nicht entgangen sein dürfte.
Neuer Konkurrenzkampf
Bis auf den einen oder anderen Stellungsfehler lieferte auch Dante ein ordentliches Spiel ab. Der Brasilianer musste sich zwar ständig mit Jerome Boateng lautstark neu abstimmen, verkörperte aber förmlich die Aggressivität des Bayern-Spiels.
Die neue Konkurrenzsituation scheint zu fruchten, zumal sogar Bayerns vermeintlicher Gewinner der Vorbereitung, Xherdan Shaqiri, dem Heynckes "eine große Karriere beim FC Bayern" voraussagt, 80 Minuten auf der Bank saß.
Kommt Martinez doch noch?
Möglicherweise werden sich die Bayern aber noch weiter verstärken. "Wir werden intern diskutieren, ob das der Kader ist, mit dem wir in die Saison gehen", sagte Rummenigge. Einen Transfer schließt er nicht aus. "Manchmal ist es gut 'The Unexpected' zu tun." Sprich: Ganz abgeschrieben ist der Transfer von Bilbaos Javi Martinez nicht. Daran ändert auch nichts der Sieg gegen Dortmund oder die Feststellung von Heynckes, der erklärte, man werde wohl mit dem aktuellen Kader in die Saison gehen.
"Ich bin kein Freund davon, mich von einem Spiel positiv oder negativ beeinflussen zu lassen", sagte Rummenigge. Der Supercup-Sieg hat München nicht in Ekstase versetzt, dafür ist der Titel nicht wichtig genug, aber er tat ihnen gut.
Etwas Ruhe
"Wir mussten ein Zeichen setzen", sagte Arjen Robben. Sie setzen es und gehen mit Ruhe in die Saison, nachdem die Stimmung aufgrund von Verletzungen, Querelen um Mario Gomez, Uli Hoeneß und Matthias Sammer und des Rücktritts von Jörg Butt zu kippen drohte, bevor die Saison überhaupt begonnen hat.
"Es war vor allem ein Fortschritt im Ergebnis", fasste Rummenigge nüchtern zusammen, obwohl dieses Spiel vielleicht viel mehr war. Während gerade die erste Halbzeit den FC Bayern viel Hoffnung für weitere Aufgaben verschaffte, zeigte sie Jürgen Klopp, dass er an seinem Update für die neue Saison noch arbeiten muss.
Noch Sand im BVB-Getriebe
Zwar steigerten sich seine Borussen nach der Pause deutlich und erfreuten sich vor allem an Mario Götze, der fast schon unverhofft sehr positive Impulse setzte, aber das Gesamtkonstrukt ist noch nicht ausgereift. "Wenn man die ersten 20, 25 Minuten gesehen hat, dann sieht man, woran wir noch arbeiten müssen. Wir standen nicht kompakt, haben keinen Druck ausgeübt und Bayern spielen lassen", sagte Marco Reus.
Der Neuzugang von Borussia Mönchengladbach, der wenige Stunden vor dem Spiel zum Fußballer des Jahres 2012 gekürt wurde, muss sich selbst noch im BVB-Spiel zurechtfinden. Reus übernahm die Kagawa-Rolle im Zentrum und war ständig in Bewegung, hatte aber kaum Zugriff auf das Spiel.
Besser wurde es, als Moritz Leitner eine Position aufrückte und Reus eine weitere Anspielstation verschaffte, ihm aber vor allem etwas mehr Luft nach vorne gab. Als Götze kam, zeigte man zumindest in Ansätzen, wie ein funktionierender BVB aussehen kann. "Dann sind wir ins Rollen gekommen", sagte Klopp, dem die Niederlage trotz der Leistungssteigerung nach der Pause nicht gefiel.
Die Siegerehrung des FC Bayern sahen die Dortmunder schon gar nicht mehr, weil sie in den Kabinentrakt entschwunden waren. Verpasst haben sie freilich nichts.
Der Bundesliga-Spielplan der Saison 2012/13