Mit 25 bereits Co-Trainer bei einem Bundesligisten. Das hat es in der 50-jährigen Geschichte der Fußball-Bundesliga noch nicht gegeben. Julian Nagelsmann, der neue Co-Trainer von Marco Kurz bei 1899 Hoffenheim, ist der Benjamin der Trainergilde. Dabei sollte sein Weg zunächst anders verlaufen.
Mit Mitte 20 stecken die meisten Leute in einer Selbstfindungsphase. Nach der Schule, der Ausbildung, dem Studium oder auch einfach so - man beginnt sich neu zu orientieren. Die große Welt bietet viele Möglichkeiten, seinen Platz zu finden. Julian Nagelsmann hat ihn gefunden. Er ist mit 25 Jahren Co-Trainer eines Bundesligisten.
Der Issinger wurde bereits früh eine Karriere als Fußball-Profi vorausgesagt, er galt als großes Talent. Und so wechselte Nagelsmann vom FC Issingen in die Jugend des FC Augsburg - nur zwei Jahre später ging es weiter zum TSV 1860 München.
Dort blieb er fünf Jahre lang, war Kapitän der U 17 und spielte mit dem heutigen Hoffenheimer Fabian Johnson zusammen.
Schwere Knieverletzung ist das Ende
Aufgrund einer Sprunggelenksverletzung kam er in der U 23 der Löwen jedoch nicht zum Zug und ging wieder zurück zum FCA. Unter dem damaligen Coach Thomas Tuchel hätte er Spielpraxis in der zweiten Mannschaft sammeln sollen - daraus wurde nichts.
Ein Meniskusriss und ein Knorpelschaden setzten der jungen Karriere ein jähes Ende. Mit 20 war Schluss. "Das hat extrem weh getan und war eine schwierige Entscheidung", blickt er zurück. "Aber im Endeffekt blieb mir keine andere Wahl."
Doch der heutige Mainzer Coach Tuchel erkannte das Trainertalent des 20-Jährigen und nahm ihn unter seine Fittiche: Nagelsmann fertigte für Tuchel Gegneranalysen an, besprach diverse Trainingseinheiten und lernte, wie man eine Mannschaft führt.
Thomas Tuchel als Mentor
Als Tuchel 2008 nach Mainz ging, verließ auch Nagelsmann den FCA und kehrte zu den Löwen zurück, um dort Co-Trainer der U-17-Junioren zu werden. 2010 folgte das Angebot von 1899 Hoffenheim - und Nagelsmann sagte zu.
Auch dort war er Co-Trainer der U 17, die er gemeinsam mit dem damaligen Coach Xaver Zembrod bis ins Halbfinale der deutschen Meisterschaft führte. Im Jahr darauf wurde ihm der Cheftrainerposten bei der U 16 angeboten. Nagelsmann war zu dem Zeitpunkt 24.
Sein begonnenes BWL-Studium brach er ab und orientierte sich neu - er begann ein Fernstudium in Sportwissenschaft und angewandter Trainingslehre. Sein Ziel ist es, "so hoch wie möglich zu trainieren", sagt der 25-Jährige und nennt den früheren Barcelona-Trainer Pep Guardiola sein großes Vorbild.
Wie hoch es nun noch geht, bleibt abzuwarten. Auf einem sehr guten Weg ist er. Nach der Entlassung von Markus Babbel saß er in den beiden Spielen unter Frank Kramer bereits als Assistent auf der Bank.
Nun also der Ritterschlag: Der neue Trainer Marco Kurz wünschte sich einen Co-Trainer aus dem Hoffenheimer Umfeld und die Wahl fiel auf Julian Nagelsmann. Manager Andreas Müller erklärte auf der Pressekonferenz bei Kurz' Vorstellung, dass "Julian sein Trainertalent schon in kurzer Zeit unter Beweis stellen konnte" und man deshalb auf ihn baue. Auch in Zukunft.
Spaß muss sein
Dass viele der Spieler älter sind als er, scheint kein Problem zu sein. Auch um seine Rolle als Autoritätsperson macht er sich keine Sorgen. Außerdem mache ihm der Trainerjob mehr Spaß, "als selbst Spieler zu sein". Für ihn sollen Humor und Ironie bei allem nötigen Ernst nicht zu kurz kommen, denn Fußball sei "sehr spaßbestimmt".
Nach vielen Aufs und Abs wünscht sich 1899 Hoffenheim nichts mehr, als zur Kontinuität früherer Tage zurückzukehren und eine klar erkennbare Philosophie zu leben. Das ist das mittelfristige Ziel, wie es Müller formulierte. Dafür wurde Kurz als neuer Cheftrainer geholt, und dabei soll der Insider Julian Nagelsmann helfen.
Doch zuvor heißt es, den sportlichen Absturz aufzuhalten. Dass der Abstiegskampf in der Bundesliga selbst in Hoffenheim nicht "spaßbestimmt" sein dürfte, wird Nagelsmann wissen. Er dürfte zur Nagelprobe für den jüngsten Co-Trainer der Bundesliga-Geschichte werden.
Julian Nagelsmann im Steckbrief