"Mich reizt mittlerweile nichts mehr"

Von Interview: Jochen Tittmar
Ioannis Amanatidis absolvierte 32 Länderspiele für Griechenland und schoss dabei drei Tore
© Getty
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SPOX: Und zweitens?

Amanatidis: Angestellte, die klar ihre eigene Meinung vertreten, hat man grundsätzlich nicht gerne. Ich war aber nicht irgendein Spieler, sondern zwei Jahre Kapitän und Führungsspieler des Teams. Ich habe nicht aus Lust und Laune gewarnt, sondern zu Zeitpunkten, an denen es notwendig war. Andere haben sich gar nicht beziehungsweise erst dann geäußert, als alles schon zu spät war.

SPOX: Was überraschte: Als Sie Frankfurt verließen, war auch die "Bild" der Meinung, dass Sie einen solchen Abschied nicht verdient hatten. Ihr Verhältnis zum Boulevard war damals ja inexistent.

Amanatidis: Zuerst einmal: Es wurde damals über private Dinge von mir berichtet. Ich habe dann mit den Journalisten gesprochen und gesagt, sie sollen es doch bitte sein lassen. Am folgenden Tag gab es aber eine ähnliche Geschichte. Daraufhin habe ich die Zusammenarbeit eingestellt und es wurde ab dann nur noch negativ über mich berichtet. So und nicht anders ist das Ganze entstanden. Natürlich hat mich das, was Sie ansprechen, ebenfalls überrascht und ehrlich gesagt auch gefreut. Das zeigt auch, dass sie dort wohl zur Einsicht gelangt sind, dass hier ein verdienter Spieler vom Hof gejagt wird, der jahrelang seine Knochen für den Verein hingehalten hat.

SPOX: Dabei war Ihr Standing bei den Medien seit jeher ausgezeichnet. Sie waren immer ein beliebter Gesprächspartner. Sie sagten einmal, dass gute Fußballberichterstattung auch davon abhängt, dass Sportler interessante Dinge sagen. Ist das für Sie noch gegeben?

Amanatidis: Nein, schon lange nicht mehr. Man braucht im Anschluss eines Spiels eigentlich keine Interviews mehr zu führen. Es ist immer dasselbe Frage-und-Antwort-Spiel, das kann man sich kaum mehr anhören. Ich will ja nicht, dass Kritik an Mitspielern geübt wird, aber man wird doch als erwachsener Mensch in der Lage sein, frei von der Leber weg zu antworten ohne Gefahr zu laufen, dass man dafür direkt im Anschluss einen Anschiss in der Kabine bekommt. Der Fußball lebt schließlich von den Emotionen auf und außerhalb des Platzes.

SPOX: Seit Sie nicht mehr aktiv kicken, haben Sie ein Modelabel namens "IAM Exposure" gegründet und das Restaurant "Der Grieche" in Frankfurt eröffnet. Wie sehr sind Sie in diese Projekte eingebunden?

Amanatidis: Unterschiedlich. Ich habe jeweils meine Partner, die sich in der Hauptsache darum kümmern. Ich habe jetzt eine Kollektion herausgebracht und weitere Pläne in der Schublade. Es ist ein Hobby. Damit beschäftige ich mich tendenziell aber mehr als mit dem Restaurant, da ich nicht vor Ort bin. Das wird von meinem guten Freund und Partner geleitet. Uns war aufgefallen, dass es in Frankfurt kein griechisches Restaurant gibt, wie man es von gewissen Tavernen am Strand kennt, wo es beim Essen und Trinken einfach laut sein darf und wo die Leute auf den Tischen tanzen. Es erfreut sich großer Beliebtheit.

SPOX: Was halten Sie denn von den Modetrends, die einige Bundesligaspieler zur Schau tragen?

Amanatidis: Teilweise schon skurril. Den Trend mit den Basketball-Mützen gibt es ja schon länger. Ich finde es eher erstaunlich - wobei das nun weniger mit Mode zu tun hat -, dass sich mittlerweile jeder Zweite den Arm tätowiert hat. Das hat fast den Anschein, dass manche diesen Virus zum Anlass nehmen, um auch nachzulegen und bloß nicht dem Trend hinterher zu hinken.

SPOX: Bleiben wir lieber beim Fußball: Als Sie die Eintracht verlassen haben, liebäugelten Sie mit einem Engagement im Ausland. Warum ist daraus nichts geworden?

Amanatidis: Ich wäre beispielsweise gerne in die USA gegangen, weil mich das sportlich wie privat gereizt hätte. Da hat sich aus einem Kontakt aber leider nichts Konkretes entwickelt. Mir war klar, dass ich mich nach der Bundesliga sportlich wohl nur verschlechtern kann. Das hätte ich auch problemlos in Kauf genommen. Ich wollte das aber mit einer ordentlichen sportlichen wie privaten Perspektive verknüpfen, eine neue Lebenserfahrung sammeln. Ich hatte keine Lust auf die Länder, bei denen man viel Geld verdienen kann, aber sportlich nur durch die Gegend dümpelt und sich privat nicht wohlfühlt. Es stand auch für mich fest, dass ich nirgends auf Teufel komm raus unterschreibe, nur um anderen zu beweisen, dass ich noch einen Verein gefunden habe.

SPOX: Es hieß mal, der SV Darmstadt 98 hätte Interesse an Ihnen.

Amanatidis: Genau, da hat mich dann mein Berater verwundert angerufen und gefragt, ob ich mit irgendjemanden aus Darmstadt zu tun hätte. Welch' ein Quatsch! Ich weiß bis heute nicht, wer diesen Blödsinn in die Welt gesetzt hat. Es war aber eine amüsante Geschichte.

SPOX: Was würde Sie denn derzeit noch am ehesten reizen?

Amanatidis: Mittlerweile nichts mehr. Ich bin nun seit eineinhalb Jahren aus dem Geschäft und bräuchte eine Vorbereitungsphase, die Monate dauern würde. Das wäre auch vom Kopf her nicht einfach. Ich habe mich mit der aktuellen Situation angefreundet, bin mit anderen Dingen beschäftigt und mir geht es sehr gut.

SPOX: Wie hoch ist also die Wahrscheinlichkeit, dass Sie bald Ihr Karriereende verkünden?

Amanatidis: Sehr hoch.

Ioannis Amanatidis im Steckbrief