Die Personalsituation bei Borussia Dortmund ist ausgerechnet vor den beiden wichtigen Partien gegen den FC Bayern (Sa., 18.30 Uhr im LIVE-TICKER) und den SSC Neapel in der Champions League so angespannt wie lange nicht. Wie wird der BVB nun auf die Verletzungen reagieren? Die möglichen Aufstellungsvarianten.
18 Jahre ist es jetzt her, als Borussia Dortmund innerhalb von wenigen Wochen zwei niederschmetternde Diagnosen verkünden musste. Im März und April 1995 rissen die Kreuzbänder der Top-Stürmer Stephane Chapuisat und Karl-Heinz Riedle - mitten im Kampf um die erste Meisterschaft seit 32 Jahren.
Im September des Vorjahres hatte sich bereits Flemming Povlsen dieselbe Verletzung zugezogen. Der BVB musste daraufhin die Saison mit dem sogenannten "Baby-Sturm" Ibrahim Tanko (17 Jahre) und Lars Ricken (18 Jahre) zu Ende spielen, den Titel gab's schließlich trotzdem.
Zorc: "Ein Schock"
Ähnlich bitter wie damals trifft die Borussia nun der Ausfall von Mats Hummels und Marcel Schmelzer. "Das ist im ersten Moment natürlich ein Schock. Aber nun müssen wir uns kurz schütteln und am Samstag eine schlagkräftige Mannschaft auf den Platz schicken", sagte Sportdirektor Michael Zorc am Mittwoch.
Klubboss Hans-Joachim Watzke wollte in einer ersten Reaktion gleich die deutsche Meisterschaft abschreiben. "Darüber sollten wir jetzt ganz sicher nicht zureden. Wir müssen den Anschluss halten. So eine Extremsituation wie jetzt habe ich beim BVB noch nicht erlebt", sagte Watzke der "Bild".
Das Dortmunder Lazarett, dem bereits Innenverteidiger Neven Subotic (Kreuzbandriss) und Ilkay Gündogan (Stauchung der Wirbelsäule) angehören, vergrößert sich weiter.
Deshalb reagierte die Borussia prompt und nahm den vereinslosen Ex-Leverkusener Manuel Friedrich unter Vertrag, der seit der Subotic-Verletzung beim BVB mittrainierte und bei einem kurzfristig anberaumten Testspiel gegen den Zweitligisten SC Paderborn erstmals das Dortmunder Trikot trug.
Durm nach Kapselentzündung fit?
Nach 57 Minuten verließ er das Feld nach einem Schlag aufs Schienbeinköpfchen, es soll sich dabei aber um keine ernsthafte Blessur handeln. Friedrich ist ab sofort in der Bundesliga spielberechtigt und könnte somit bereits gegen die Bayern sein Debüt feiern. In der Champions-League-Gruppenphase ist der 34-Jährige nicht spielberechtigt, Dortmund könnte ihn erst in der Winterpause bei der UEFA melden.
Trotz der kurzfristigen Friedrich-Aktion ist die Situation rund um die Kandidaten, die anstelle der Verletzten für die Besetzung der Viererkette in Frage kämen, brisant.
Erik Durm könnte Schmelzer vertreten, musste das Quartier der deutschen U 21 am Sonntag allerdings mit einer Kapselentzündung im rechten Knie verlassen. Sein Einsatz gegen den Rekordmeister scheint jedoch möglich. "Wir hoffen, dass er rasch wieder ins Training einsteigen kann und uns dann zur Verfügung steht," so Zorc.
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Piszczek feiert Comeback
Lukasz Piszczek feierte am Dienstag nach 178 Tagen und zwei Hüft-Operationen sein Comeback gegen Paderborn und stand 33 Minuten auf dem Feld. Es war seitens des Vereins angedacht, ihn nicht in den Kader gegen den FC Bayern aufzunehmen - dies dürfte wohl auch so bleiben.
Somit verbleiben dem BVB neben Friedrich und Sokratis, der zwei schwere WM-Playoffspiele mit Griechenland in den Knochen hat, noch zwei nominelle Innenverteidiger: Marian Sarr (18) und Koray Günter (19).
Zu diesen beiden sagte Trainer Jürgen Klopp erst vergangene Woche: "Günter hat Verletzungsprobleme gehabt, im Oktober nur 28 Minuten gespielt. Für Sarr wäre es, Stand heute, auch nicht der glücklichste Moment, ihn ins kalte Bundesligawasser zu werfen. Wir haben die jungen Burschen zwar, aber Talententwicklung muss auch im richtigen Moment geschehen."
Stammviererkette fällt aus
Die Personaldecke im Abwehrverbund ist also extrem dünn. Mit Piszczek, Subotic, Hummels und Schmelzer fällt die gesamte Viererkette aus, die den BVB in der Vorsaison ins Champions-League-Finale geführt hat. Hinzu pausiert mit Gündogan der dominierende Stratege der letzten Spielzeit.
Wie also wird Dortmund das Spitzenspiel personell angehen? Klopp wird am Donnerstag ab 15.30 Uhr auf der Pressekonferenz wohl erste Auskünfte geben können. Denkbar sind derzeit mehrere Szenarien.
Variante 1: Bender für Hummels, Durm für Schmelzer, Kehl auf die Doppelsechs
Variante 2: Klopp wirft Friedrich sofort ins kalte Wasser
Variante 3: Der angeschlagene Durm kann nicht von Beginn an auflaufen
Variante 4: Klopp traut Kehl die Startformation noch nicht zu - Möglichkeit eines 4-3-3
Variante 5: Klopp überrascht mit einer Dreierkette
Variante 1: Bender für Hummels, Durm für Schmelzer - und Kehl
Momentan erscheint dies die sinnvollste Möglichkeit. Bender half bereits einige Male in der Innenverteidigung aus, meist während der Partien - so zuletzt nach Hummels' verletzungsbedingter Auswechslung im CL-Hinspiel gegen Neapel.
Durm zeigte in seinen sechs Pflichtspielen in der Dortmunder Startelf, dass er auch aufgrund der derzeitigen Formschwäche Schmelzers ein adäquater Ersatz sein kann.
Problematisch wird die Besetzung des Platzes neben Nuri Sahin im defensiven Mittelfeld. Kapitän Sebastian Kehl stand zuletzt am 23. August in der Anfangsformation des BVB, seit September hat er keine einzige Minute mehr gespielt.
Nach einem knöchernen Bandabriss am rechten Fuß, der ihn zu einer sechswöchigen Pause zwang, hat Kehl vor rund drei Wochen das Training wieder aufgenommen und stand zuletzt zweimal im Kader.
Spielpraxis sammelte er bislang ausschließlich im Test gegen Paderborn, dort kam Kehl 90 Minuten zum Einsatz. Ein Einsatz von Beginn an dürfte daher im Bereich des Möglichen liegen.
Mögliche Aufstellung: Weidenfeller - Großkreutz, Sokratis, Bender, Durm - Sahin, Kehl - Kuba (Aubameyang), Mkhitaryan, Reus - Lewandowski.
Variante 1: Bender für Hummels, Durm für Schmelzer, Kehl auf die Doppelsechs
Variante 2: Klopp wirft Friedrich sofort ins kalte Wasser
Variante 3: Der angeschlagene Durm kann nicht von Beginn an auflaufen
Variante 4: Klopp traut Kehl die Startformation noch nicht zu - Möglichkeit eines 4-3-3
Variante 5: Klopp überrascht mit einer Dreierkette
Variante 2: Klopp wirft Friedrich sofort ins kalte Wasser
"Wir reagieren damit auf die Verletzungen im Defensivbereich. Manuel Friedrich verfügt über große Erfahrung und hat bei uns im Training einen sehr guten Eindruck hinterlassen", wird Zorc in der Pressemitteilung des BVB zitiert.
Friedrich kommt mit der Erfahrung von 247 Bundesligapartien und neun Länderspielen zu den Westfalen. Sein letztes Spiel über 90 Minuten liegt allerdings schon über ein halbes Jahr zurück.
Nachdem er Bayer Leverkusen verließ, trainierte Friedrich beim Regionalligisten Rot-Weiß Oberhausen mit und wollte sich fithalten, um ab Januar seine Karriere in Thailand ausklingen zu lassen.
Nun folgt unverhofft doch noch ein Highlight im Heimatland: "Ich freue mich wahnsinnig darauf, im Signal Iduna Park im Trikot von Borussia Dortmund auflaufen zu dürfen. Bislang hatte ich dieses Vergnügen nur als Gast. Die Gelbe Wand im Rücken und nicht gegen dich zu haben, muss ein unglaubliches Gefühl sein. Ich freue mich sehr auf eine coole Zeit in Schwarzgelb," so Friedrich.
Sollte Friedrich tatsächlich bereits am Samstag ins kalte Wasser geworfen werden, bedeutet das für Klopp, dass die Umbaumaßnahmen am geringsten wären. Es käme zum Tausch Innenverteidiger für Innenverteidiger und Linksverteidiger für Linksverteidiger - Mittelfeldreihe und Sturm blieben unberührt.
Mögliche Aufstellung: Weidenfeller - Großkreutz, Sokratis, Friedrich, Durm - Sahin, Bender - Kuba (Aubameyang), Mkhitaryan, Reus - Lewandowski.
Variante 1: Bender für Hummels, Durm für Schmelzer, Kehl auf die Doppelsechs
Variante 2: Klopp wirft Friedrich sofort ins kalte Wasser
Variante 3: Der angeschlagene Durm kann nicht von Beginn an auflaufen
Variante 4: Klopp traut Kehl die Startformation noch nicht zu - Möglichkeit eines 4-3-3
Variante 5: Klopp überrascht mit einer Dreierkette
Variante 3: Durm kann nicht von Beginn an auflaufen
Sollte das Risiko zu groß sein, den angeschlagenen Durm als Schmelzer-Ersatz zu bringen, entstünden mehrere Möglichkeiten, die Viererkette neu zu besetzen.
Sowohl Oliver Kirch als auch Jakub Blaszczykowski könnten die offene Außenverteidigerposition auffüllen.
Kirch kommt in dieser Saison auf 205 Einsatzminuten, 160 davon in der zweiten Mannschaft. In einer seiner beiden Partien in der 3. Liga und auch in der Sommer-Vorbereitung bei den Profis agierte Kirch auf der Doppelsechs.
Das Testspiel gegen Paderborn absolvierte er über 71 Minuten dann wieder als Rechtsverteidiger. Auch im Vorjahr kam Kirch dreimal auf dieser Position zum Einsatz (2 Mal in der Bundesliga, einmal in der Champions League). Würde sich Klopp für ihn entscheiden, würde Kevin Großkreutz auf die Gegenseite wechseln.
Kuba dagegen spielte die Position links in der Viererkette bereits vor einem Jahr beim Hinrunden-Ausklang in Hoffenheim. Er käme theoretisch auch auf der gegenüberliegenden Seite in Frage. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass Klopp den zuletzt so überzeugenden Großkreutz "ohne Not" von der Rechtsverteidigerposition abkommandiert - außer, er würde tatsächlich die Kirch-Option ziehen.
Mögliche Aufstellung: Weidenfeller - Kirch (Kuba), Sokratis, Bender (Friedrich), Großkreutz - Sahin, Kehl (Bender) - Aubameyang, Mkhitaryan, Reus - Lewandowski.
Variante 1: Bender für Hummels, Durm für Schmelzer, Kehl auf die Doppelsechs
Variante 2: Klopp wirft Friedrich sofort ins kalte Wasser
Variante 3: Der angeschlagene Durm kann nicht von Beginn an auflaufen
Variante 4: Klopp traut Kehl die Startformation noch nicht zu - Möglichkeit eines 4-3-3
Variante 5: Klopp überrascht mit einer Dreierkette
Variante 4: Kehl auf der Bank - Möglichkeit eines 4-3-3
Kehl konnte die Länderspielpause dazu nutzen, weiter an seiner Fitness und der Praxis mit dem Ball zu arbeiten. Sollte Klopp dennoch der Meinung sein, ein Einsatz des Routiniers käme zu früh, stellt sich die Frage nach der Besetzung der Position neben Sahin.
Angenommen, die Viererkette bestünde aus der wahrscheinlichen Variante 1 (Großkreutz, Sokratis, Bender, Durm), kämen Kirch und Kuba auch als Sahin-Partner auf der Doppelsechs in Frage.
Henrikh Mkhitaryan hat in seiner Karriere bereits Spiele auf der Sechs absolviert, doch die Statik des BVB-Spiels würde noch mehr als sowieso schon leiden, sollte der Armenier von seiner angestammten Position abgezogen werden. Daher ist diese Option auch höchst unwahrscheinlich.
Oder setzt Klopp in diesem Fall doch auf eine Änderung des Systems? Ein 4-3-3 spielte Dortmund vor allem im Vorjahr das eine oder andere Mal gegen besonders spielstarke Gegner, meist in der Königsklasse. In dieser Saison versuchte man es mit diesem System beim 1:1 in Nürnberg, als Kuba in der defensiv orientierten Mittelfeldreihe spielte.
So wäre eine Kette Kuba-Sahin-Kirch ebenso denkbar wie Kuba-Sahin-Kehl.
Mögliche Aufstellung: Weidenfeller - Großkreutz, Sokratis, Bender, Durm - Kuba, Sahin, Kehl (Kirch) - Mkhitaryan, Lewandowski, Reus.
Variante 1: Bender für Hummels, Durm für Schmelzer, Kehl auf die Doppelsechs
Variante 2: Klopp wirft Friedrich sofort ins kalte Wasser
Variante 3: Der angeschlagene Durm kann nicht von Beginn an auflaufen
Variante 4: Klopp traut Kehl die Startformation noch nicht zu - Möglichkeit eines 4-3-3
Variante 5: Klopp überrascht mit einer Dreierkette
Variante 5: Klopp überrascht mit einer Dreierkette
Beim Derby-Hinspiel gegen den FC Schalke (1:2) in der Vorsaison reagierte Dortmunds Coach überraschend auf die Personalprobleme, die seine Mannschaft damals plagten. Er ließ seine Truppe in einem 3-5-2 auflaufen. Bender zog sich zwischen die beiden Innenverteidiger zurück, die Außenverteidiger Piszczek und Großkreutz (Schmelzer fehlte aufgrund einer Knochenstauchung) rückten ins Mittelfeld.
Dies erscheint gegen die Bayern allenfalls eine theoretische Möglichkeit zu sein, zumal die Außenverteidiger Großkreutz und Durm im hinteren Spielfelddrittel benötigt würden und sich eine Reihe weiter vorne Sahin etwas breiter als üblich aufstellen müsste.
Großkreutz spielte im November 2011 beim Pokalspiel in Düsseldorf ab der zweiten Halbzeit und nach einem Platzverweis für Patrick Owomoyela bereits einmal innerhalb einer Dreierkette, zusammen mit einem weiteren Außenverteidiger (erst Chris Löwe, später Piszczek) und Innenverteidiger Hummels - vollkommendes Neuland wäre es also zumindest für ihn nicht.
Mögliche Aufstellung: Weidenfeller - Großkreutz, Sokratis, Durm - Kuba, Bender, Sahin - Aubameyang, Mkhitaryan - Lewandowski, Reus.
Variante 1: Bender für Hummels, Durm für Schmelzer, Kehl auf die Doppelsechs
Variante 2: Klopp wirft Friedrich sofort ins kalte Wasser
Variante 3: Der angeschlagene Durm kann nicht von Beginn an auflaufen
Variante 4: Klopp traut Kehl die Startformation noch nicht zu - Möglichkeit eines 4-3-3