SPOX: Sie haben ja nicht nur mit Marco Reus zusammengespielt, sondern auch mit Dante. Wie erleben Sie nach deren Wechsel die Duelle zwischen Borussia Dortmund und Bayern München? Wird da für einen der Ex-Kollegen der Daumen mehr gehalten?
Herrmann: Nein, das nicht. Es ist natürlich ein komisches Gefühl, wenn man noch vor zwei Jahren mit beiden zusammen trainiert, gespielt und super Erfolge gefeiert hat. Ich drücke aber keinem mehr die Daumen als dem anderen. Es freut mich einfach riesig für die beiden, dass sie den Sprung geschafft haben.
Die Opta-Spielerstatistik zu Patrick Herrmann
SPOX: Wie sieht es denn da bei Ihnen aus? Ihr Vertrag läuft ja noch bis 2016, macht man sich da schon Gedanken?
Herrmann: Nein, es sind ja noch zweieinhalb Jahre bis dahin. Daran denkt man noch gar nicht.
SPOX: Aber es gibt doch sicher große Vereine, für die man generell gerne auflaufen würde. Vielleicht sogar im Ausland?
Herrmann: Vorstellen kann man sich natürlich viel. Aber damit beschäftige ich mich nicht. Ich fühle mich in Gladbach sehr wohl. Ich denke wir haben hier in Deutschland eine der, vielleicht sogar die beste Liga der Welt. Deshalb gibt es für mich keinen Anlass, über etwas anderes nachzudenken.
SPOX: Trotzdem wird natürlich viel spekuliert. Wie sehr bekommt man denn Wechselgerüchte um seine eigene Person oder um Teamkameraden mit?
Herrmann: Es ist nicht so, dass man sich jeden Tag einen Haufen Zeitungen kauft und diese durchforstet, aber manchmal bekommt man natürlich etwas mit.
SPOX: Wie ist das bei Marc-Andre ter Stegen, der kurz vor einem Wechsel zu Barcelona stehen soll?
Herrmann: Natürlich würde ich mich freuen, wenn uns Marc noch etwas erhalten bleiben würde. Er ist einfach ein überragender Keeper. Aber es ist im Fußball-Geschäft einfach so, dass Transfers getätigt werden. So wie wir Spieler kaufen, gehen auf der anderen Seite welche. So war es vor zwei Jahren auch, als Reus, Dante und Roman Neustädter gegangen sind. Das darf man aber niemandem übel nehmen. Das wäre bei Marc auch nicht anders.
SPOX: Vielleicht muss ter Stegen gar nicht wechseln, um Champions League zu spielen. Sie liegen momentan mit der Borussia auf Platz vier und haben schon Dortmund geschlagen, die lediglich drei Punkte vor Ihnen sind. Dürfen die Fohlen-Fans diese Saison von der Königsklasse träumen?
Herrmann: Das internationale Geschäft wäre generell ein riesen Erfolg. Natürlich können wir den Fans nicht verbieten zu träumen. Trotzdem müssen wir aber realistisch bleiben. Klar, momentan läuft es super und wir haben fünf Spiele am Stück gewonnen. Aber es sind noch so viele Partien zu absolvieren und die Tabelle ist so nah beieinander. Da kann noch sehr viel passieren...
SPOX: Die vermeintlich schwierigsten Spiele haben Sie in dieser Saison schon hinter sich. Wie nahe sind Sie dran an der Spitze? Wie empfanden Sie die Partien gegen Dortmund und die Bayern?
Herrmann: In München haben wir gut verteidigt, die Bayern aber komplett auszuschalten, ist fast unmöglich. Sie kommen zwangsläufig zu ihren Chancen, die haben sie gegen uns eiskalt genutzt. Dortmund war gegen uns in der ersten Hälfte auch überragend, für uns war es quasi unmöglich, Torchancen heraus zu spielen. Im zweiten Abschnitt haben wir uns enorm gesteigert und gewonnen. Es ist schwer zu sagen, wer da die bessere Mannschaft war. Beide gehören zu den besten Teams der Welt. Da entscheiden Nuancen.
SPOX: Was unterscheidet denn die diesjährige Borussia, die in Schlagdistanz zu den Champions-League-Plätzen ist, von der aus dem durchwachsenen letzten Jahr?
Herrmann: Viele der jungen Spieler sind vergangene Saison gereift, auch durch die internationalen Erfahrungen in der Europa League. Durch die Transfers haben wir ganz klar an Klasse dazu gewonnen. Spieler wie Raffael, Max Kruse oder auch Christoph Kramer bringen seit Beginn fantastische Leistungen.
SPOX: Statistisch gesehen schlägt Gladbach die wenigsten Flanken aller Bundesligisten. Ihnen dürfte die kurzpasslastige Spielweise ja entgegenkommen?
Herrmann: Auf jeden Fall. Wir spielen mittlerweile mit mehr Ballbesitz und wollen das Spiel kontrollieren, anstatt die Bälle einfach nur lang nach vorne zu spielen. So viele großgewachsene Spieler haben wir vorne auch nicht.
SPOX: Ist der veränderte Spielstil der Grund, warum Luuk de Jong gar nicht mehr zum Zug kommt, weil der einfach von außen gefüttert werden muss?
Herrmann: Man muss sich auch auf seine Mitspieler einstellen. Wenn Luuk spielt, werden wir auch öfter flanken. Aber mit Kruse und Raffael haben wir in der Offensive momentan andere Spielertypen. Lucien Favre hat die Spielweise natürlich sehr stark verändert, hin zum Kurzpassspiel. Dieser Stil kommt uns als Mannschaft mehr entgegen.
SPOX: Sie haben aus den ersten fünf Auswärtsspielen gerade mal einen mickrigen Punkt geholt, die letzten beiden aber gewonnen. Wie kam es zur Abwendung des Auswärtstraumas?
Herrmann: Von einem Trauma haben wir nie gesprochen, schließlich haben wir beispielsweise in München und in Leverkusen gespielt und dort lange Zeit ganz ordentlich ausgesehen. Wir haben es nur leider ab und an versäumt, in Führung zu gehen. Zuletzt sind wir immer gut reingekommen, haben in Hamburg und Stuttgart selbst das 1:0 gemacht. Deshalb mussten wir nicht immer einem Rückstand hinterherlaufen.
Patrick Herrmann im Steckbrief