SPOX: Wann kam es zum finalen Gespräch?
Owomoyela: Als ich Ende April wieder dran war und in der zweiten Mannschaft erste Spielpraxis gesammelt habe, bin ich einfach auf den Trainer zugegangen und habe gefragt, wie es aussieht. Man ist ja erwachsen genug. Wir hatten dann ein ganz normales Gespräch, in dem es eben wie gesagt hieß, dass man anders planen würde, weil schwer mit mir zu rechnen sei.
SPOX: Dennoch konnten Sie weiterhin bei der Borussia trainieren. Fühlte sich das in manchen Momenten auch einmal bedrückend an?
Owomoyela: Anfangs nicht, es lag ja eine normale Situation vor. Ich war mental klar genug, um zu wissen, dass ich mich fit halte - aber eben nicht für den BVB. Ich möchte auch betonen, dass es eine wirklich schöne Geste vom Verein war, mich über diese lange Zeit einfach so mit trainieren zu lassen. Das ist nicht selbstverständlich. Gegen Ende hin wurde es allerdings aufgrund der aufkeimenden Hoffnung und der dann doch anderen Entscheidung des Vereins ein bisschen schwieriger. Da fing der Kopf schon etwas an zu rattern.
SPOX: Sie spielen auf die große Verletzungsmisere im Defensivbereich an, woraufhin der zuvor vereinslose Manuel Friedrich verpflichtet wurde. Haben Sie sich ernsthafte Chancen ausgerechnet, dass es doch noch mit einem neuen Vertrag klappen könnte?
Owomoyela: Ich habe schon darauf gehofft und mich gefragt: Wieso Manuel Friedrich und nicht ich? Ich hätte mir das auch gut vorstellen können, zumal ich in den letzten zwei Vertragsjahren eigentlich nichts anderes als Innenverteidiger trainiert hatte. Ich trainierte seit dem Sommer ganz normal mit der Mannschaft und kannte die Problematik, die sich für den Verein durch die Verletzungen ergeben hat. Natürlich wäre ich nur ein Notnagel gewesen, aber in meinen Augen hätte das womöglich der einfachste Weg sein können.
SPOX: Wie sah denn das Feedback in dieser Phase aus, ist jemand vom Verein auf Sie zugegangen?
Owomoyela: Nein. Ich habe aber meine Bereitschaft signalisiert (lacht).
SPOX: Wie sehr waren Sie denn zuletzt noch in den Wochenrhythmus eines Profifußballers eingegliedert?
Owomoyela: Es fehlten eigentlich nur die 90 Minuten Spielzeit am Wochenende. Der Rest war gleich, ich habe in vollem Profiumfang trainiert und dann am Spieltag eben ein individuelles durchgezogen - wie ein Spieler, der nicht im Kader steht.
SPOX: Sie haben nun wie erwähnt Ihre Zelte in Dortmund nach fünf Jahren beim BVB abgebrochen. Gewähren Sie uns doch bitte einmal einen Einblick in einen Typen wie Co-Trainer Zeljko Buvac, der sich in der Öffentlichkeit komplett verschlossen gibt.
Owomoyela: Man kann sich die Rollenverteilung innerhalb des Trainerteams so vorstellen: Jürgen Klopp gibt und lebt die ganzheitliche Philosophie auch in der Ansprache vor dem Team vor, Zeljko Buvac ist so etwas wie der technische Zeichner beim Bau eines Hauses. Buvac ist die feine Feder, die die Taktik akribisch in der Trainingsarbeit umsetzt. In den Trainingseinheiten steckt immer ein Sinn, der für das kommende Wochenende wichtig ist. Er ist zwar auch der Drill Sergeant und gibt lautstarke Anweisungen, bei der Mannschaf ist er aber sehr beliebt. Er wirkt sehr trocken und verschwiegen, ist aber eigentlich ein absolut lustiger Vogel und hat seine eigene Art von Humor.
SPOX: Weshalb aber diese Zurückhaltung, er hat sich ja selbst nach Jürgen Klopps Sperre in der Champions League von ihm auf den Pressekonferenzen vertreten lassen?
Owomoyela: Wenn es nach ihm gehen würde, bräuchten in den Stadien auch keine Kameras sein (lacht). Die Öffentlichkeit ist ihm nicht wichtig. Er muss nicht im Mittelpunkt stehen oder gewürdigt werden. Ich finde das wirklich klasse, er macht sich von nichts und niemanden abhängig und erledigt einfach seine Arbeit.
SPOX: Kevin Großkreutz wird als der Integrationsbeauftragte der Borussia bezeichnet, weil er als Fan des Vereins Neuzugänge und Mitspieler mit dem BVB-Virus infiziert. Wie sehr hat er auf Sie gewirkt?
Owomoyela: Er musste das nicht tun. Wenn neue Spieler die Geschichte des Vereins und auch des Fußballs im Ruhrpott verstehen, ist es in meinen Augen gerade beim BVB nicht schwierig, bei diesem Klub mit vollem Herzen dabei zu sein. Ich selbst war schon ab 1999 Sympathisant des Vereins, als mein Freund Otto Addo dort spielte.
SPOX: Sympathisant oder Fan?
Owomoyela: Ich muss Sympathisant sagen, weil ich eigentlich nie Fan von irgendetwas war. Außer vielleicht von den Chicago Bulls in den 1990er Jahren. Von Michael Jordan hätte ich gerne ein Autogramm gehabt, aber sonst haben mich solche Dinge nie interessiert. Ich fand einfach manche Sachen cool und manche nicht. Dortmund gehörte eben dazu, weil ein Freund von mir dort gespielt hat und ich deshalb oft im Stadion war. Ich brauchte diese Entwicklung der letzten fünf Jahre also nicht, um herauszufinden, wie besonders dieser Verein und diese Stadt sind.
SPOX: Wenn auch nicht bei Ihnen, bei manchen Mitspielern hilft Großkreutz gerne mal nach. Muss man ihn auch manchmal bremsen, was diese Dimension angeht?
Owomoyela: Ja, weil er einfach ein Fan und auch Spieler des Vereins ist. Das sind zwar eigentlich alle, aber Kevin ist ein extremer Fan. Wenn er nicht spielen müsste, würde er auf der Südtribüne stehen. Gerade wenn es Richtung Derby geht neigt er schon dazu, sein Herz auch auf der Zunge zu tragen. Er vergisst manchmal, dass er als Spieler nicht nur mit dem Herzen, sondern auch mit dem Kopf denken muss. So ist Kevin einfach. Er ist ein besonderer Kerl, der in den letzten Jahren viel professioneller geworden ist.
SPOX: Stichwort besonders. Das waren auch die Begleitumstände beim Wechsel von Mario Götze. Sie waren damals noch fester Bestandteil des Teams. Wie haben Sie davon erfahren?
Owomoyela: Ich war in der Spätvorstellung im Kino und gegen Mitternacht hat mich ein Kumpel via Whatsapp informiert.
SPOX: Wussten Sie davor etwas?
Owomoyela: Ich kenne aus dem Umfeld der Bayern ein paar Leute, die gewisse Dinge schon wissen, bevor sie offiziell werden. Ich habe es also zumindest rascheln hören. Ich habe Mario dann rund eine Woche zuvor darauf angesprochen. Er hat es verneint beziehungsweise gesagt, dass er wenn dann am liebsten zu einem Verein wie dem FC Barcelona wechseln würde.
SPOX: Es wurde mit den Bayern der größte Rivale des BVB.
Owomoyela: Er meinte, dass es wirklich extrem schnell ging. Die Münchner haben Druck gemacht und er musste sich aufgrund seiner Ausstiegsklausel auch bis zu einem gewissen Zeitpunkt entschieden haben.
SPOX: Wie haben Sie im Kino nach dieser persönlichen Vorgeschichte reagiert?
Owomoyela: Ich war zunächst auch geschockt, es hat uns alle getroffen. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung war einfach unglücklich. Ich bin aber auch ein wenig älter als andere, die das dann vielleicht etwas persönlicher genommen haben. Ich änderte schnell meine Sichtweise dahingehend, dass der Fußball einfach ein Geschäft ist, in dem solche Episoden nun einmal vorkommen. Wenn man die Möglichkeit hat, sich seines Achtens nach - sei es finanziell oder perspektivisch oder beides - zu verbessern, dann muss man das wahrnehmen.
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