"Ich erwarte kein Schulterklopfen"

Stefan Rommel
28. Juli 201410:04
Matthias Sammer zeigte sich von Holger Badstuber und Sebastian Rode besonders beeindrucktgetty
Werbung

Die Bayern sind in blendender Frühform - und was macht der Sportvorstand? Er beschwichtigt und mahnt. Matthias Sammer über Robert Lewandowski, Franck Ribery und drei andere, die es sogar ihm besonders angetan haben.

Frage: Herr Sammer, der FC Bayern hat den Telekom Cup in beeindruckender Manier gewonnen. Sie hatten vor einem möglichen Fehlstart in die Saison gewarnt. Bleiben Sie angesichts der Leistung der Mannschaft dabei?

Matthias Sammer: Es bleibt dabei, dass wir darauf achten müssen, dass die kurze Vorbereitungszeit - auch für die, die jetzt schon voll dabei sind - uns vorsichtig bleiben lässt. Wir müssen behutsam mit unseren Spielern umgehen. Der Blick auf die Realität schärft die Sinne. Wir brauchen zum jetzigen Zeitpunkt nicht die extreme Euphorie, wissen aber, dass wir gut und hart gearbeitet haben bisher. Das ist auch für die Zukunft das Credo. Der Sieg beim Telekom Cup muss uns Selbstbewusstsein geben, sollte uns aber nicht die Sensibilität nehmen.

Frage: Dennoch war die Dominanz phasenweise schon immens.

Sammer: Wir sind über den Turniergewinn natürlich sehr zufrieden, aber noch glücklicher, dass sich keiner verletzt hat und wir gut durchgekommen sind. Das Turnier war zu diesem Zeitpunkt der Vorbereitung ein sehr guter Test, dementsprechend haben wir das unter dem Strich optimal nutzen können.

Frage: Trotzdem waren die Gegner ja keine Laufkundschaft.

Sammer: Das ist gar keine Frage. Aber wir trainieren ja auch jeden Tag intensiv und wir haben auch nicht die schlechtesten Spieler in unseren Reihen. Unsere neuen Spieler haben sich gut eingefügt, auch die jungen wie Gianluca Gaudino, der seine Sache ganz hervorragend gemacht hat und so gespielt hat, als würde er schon immer zu dieser Mannschaft gehören. Dazu haben wir wieder einen guten Spirit entwickelt, das konnte man auch am Samstag sehen, als wir sehr leidenschaftlich mitgegangen sind beim Spiel.

Frage: Robert Lewandowski ist schon in blendender Verfassung.

Sammer: Er trainiert auch schon einige Wochen und man sieht, dass es kein Nachteil war, dass er nicht bei der WM dabei war. Für ihn persönlich vielleicht schon, für uns sicher nicht.

Frage: Auch Franck Ribery wirkt nach seiner Verletzung schon wieder erstaunlich fit und spritzig.

Sammer: Das will ich damit sagen: Wir haben ihn für eine Woche nach Ibiza geschickt. Darüber hat sich der eine oder andere aufgeregt. Das habe in allererster Linie ich zu verantworten, wir haben ihm in seiner letzten Woche einen Physiotherapeuten und einen Fitnesstrainer hingeschickt. Ich weiß nicht, ob das viele genauso machen würden - aber genau damit haben wir das vorbereitet, was wir von ihm zum Teil beim Telekom Cup gesehen haben. Aber ich nenne Ihnen noch zwei andere Spieler.

Frage: Welche?

Samer: Sebastian Rode und Holger Badstuber. Der eine war fünf Monate verletzt, der andere knapp zwei Jahre. Deren Leistungen finde ich viel bemerkenswerter. Das hat mich extrem beeindruckt.

Frage: Was bleibt von diesem ersten Wettbewerb, abgesehen vom Titel?

Sammer: Wir haben gewonnen, aber dafür mussten wir einen ordentlichen Aufwand betreiben. Der eine oder andere musste schon länger spielen, als es ihm lieb war. Während andere Mannschaften munter durchwechseln konnten, mussten wir einige Spieler länger auf dem Feld lassen, als geplant. Aber deswegen ziehe ich mir die Hosen jetzt nicht mit der Kneifzange an: Wir nehmen das Ding mit, haben Selbstvertrauen getankt und gezeigt, dass wir bisher ganz gut gearbeitet haben. Die Spieler, die da waren, hatten ihren Rhythmus und konnten diesen beibehalten. Aber das war nicht unanstrengend. Immerhin hat uns der eine oder andere junge Spieler gezeigt, dass er auf dem Niveau in der Lage ist, Topleistungen zu bringen. Das hilft uns sehr.

Frage: Sagt der Titel und die Art und Weise, wie er errungen wurde, schon irgendetwas aus im Hinblick auf den Saisonstart in vier Wochen?

Sammer: Für den Boulevard vielleicht. In der Realität haben wir alles gut geplant, die Spieler haben trainiert, als würde es kein Morgen geben. Dazu noch Pep mit seiner Erfahrung und der Art, wie er spielen lassen will. Das hat bis hierher ganz gut funktioniert. Wir haben in der allgemeinen WM-Euphorie auf ein paar wichtige Bestandteile des Leistungssports hingewiesen. Das hat gefruchtet. Aber entscheidend ist nicht die Botschaft für den Ligastart, sondern die Frage: Wie konsequent gehen wir weiter?

Seite 1: Sammer über Lewandowski, Ribery und ein Sonderlob für zwei Spieler

Seite 2: Sammer über Neuzugang Bernat, das Schweini-Video und die deutsche U19

Frage: War es aber nicht doch auch ein Signal, dass Karl-Heinz Rummenigge dem Trainer eine Art Jobgarantie ausgesprochen hat?

Sammer: Ich finde so etwas immer sehr vertrauensvoll und sehr gut. Karl-Heinz ist unser Vorstandsvorsitzender, wir denken auf dieser Ebene in wichtigen Zusammenhängen. Wir wissen, was wir unserem Trainer zu verdanken haben. Das hat nichts mit einzelnen Spielen zu tun, sondern ist eine grundsätzliche strategische Ausrichtung des Klubs.

Frage: Welche Erwartungen haben Sie - auch aus sportlicher Sicht - an die USA-Reise, die am Mittwoch beginnt?

Sammer: Dass wir das, was wir hier angefangen haben, dort auch konsequent weiterführen. Und dass wir alles andere, was wir ansonsten für uns und für die Lage zu erledigen haben, professionell abwickeln.

Frage: Sportlich ist das machbar? Die Reisestrapazen sind auch bei diesem USA-Trip doch nicht zu unterschätzen.

Sammer: Das stimmt. Aber dann gibt es wieder andere, die sich darüber aufregen, warum der FC Bayern aus dem internationalen Fernsehtopf ein Prozent mehr bekommt als die anderen. Ich weiß jetzt nicht, wer zuletzt in China gewesen ist. Aber wir gehen natürlich für den FC Bayern in die USA. Aber eben auch für den deutschen Fußball. Denn davon profitiert die ganze Liga. Ich will nicht erwarten, dass uns dafür jeder auf die Schultern klopft. Aber was internationale Vermarktung, die Fernsehrechte oder gewisse Werbekonstellationen betrifft, profitieren wir alle davon. Und dann teilen wir schön brüderlich.

Frage: Ist es dann auch an Borussia Dortmund, als zweiter Leitwolf der Bundesliga solche Maßnahmen in Angriff zu nehmen?

Sammer: Ich habe jetzt nur für uns gesprochen.

Frage: Wie geht es denn mit den jungen Spielern wie Scholl oder Gaudino weiter, sind die beiden auch für die Amerika-Reise eingeplant?

Sammer: Sie sollen sich jetzt erstmal erholen und dann schauen wir mal. Lassen wir uns überraschen.

Frage: Wie zufrieden sind Sie bisher mit Juan Bernat?

Sammer: Wir sind sehr zufrieden mit ihm. Er hat sich super integriert, obwohl er noch ein junger Spieler ist. Alles wunderbar.

Frage: Wie lange dauert die Suche nach einem zusätzlichen Torhüter noch?

Sammer: Auch hier: Lassen Sie sich überraschen.

Frage: Bastian Schweinsteiger ist auf einem Video zu sehen, wie er sich despektierlich dem BVB gegenüber äußert.

Sammer: Ich weiß nicht wann, wie und wo er das gemacht hat. Ich habe das auch nicht gesehen und deshalb sage ich auch nichts dazu.

Frage: Als ehemaliger DFB-Sportdirektor verfolgen Sie sicher auch das Auftreten der U19 bei der EM im Moment. Was sagen Sie dazu?

Sammer: Die Mannschaft kämpft und spielt sich durch diese EM, mit den traditionellen Bestandteilen des deutschen Fußballs. Die sind wichtig, das hat auch die WM gezeigt. Wir müssen auch weiter für Nachhaltigkeit sorgen und ich schaue sehr genau auf dieses Turnier. Der DFB ist sehr gut aufgestellt und dass da jetzt die Jungen nachdrängen: Etwas Schöneres kann es nicht geben. Weltmeister zu werden, ist schon etwas sehr Besonderes. Aber wir brauchen Spieler, die immer wieder nachrücken. Ich hoffe, dass die U19 das Turnier gewinnt. Das wäre jetzt genau das Signal, das wir brauchen.

Seite 1: Sammer über Lewandowski, Ribery und ein Sonderlob für zwei Spieler

Seite 2: Sammer über Neuzugang Bernat, das Schweini-Video und die deutsche U19

Alle Infos zum FC Bayern München auf einen Blick