Frage: Herr Sammer, der FC Bayern hat den Telekom Cup in beeindruckender Manier gewonnen. Sie hatten vor einem möglichen Fehlstart in die Saison gewarnt. Bleiben Sie angesichts der Leistung der Mannschaft dabei?
Matthias Sammer: Es bleibt dabei, dass wir darauf achten müssen, dass die kurze Vorbereitungszeit - auch für die, die jetzt schon voll dabei sind - uns vorsichtig bleiben lässt. Wir müssen behutsam mit unseren Spielern umgehen. Der Blick auf die Realität schärft die Sinne. Wir brauchen zum jetzigen Zeitpunkt nicht die extreme Euphorie, wissen aber, dass wir gut und hart gearbeitet haben bisher. Das ist auch für die Zukunft das Credo. Der Sieg beim Telekom Cup muss uns Selbstbewusstsein geben, sollte uns aber nicht die Sensibilität nehmen.
Frage: Dennoch war die Dominanz phasenweise schon immens.
Sammer: Wir sind über den Turniergewinn natürlich sehr zufrieden, aber noch glücklicher, dass sich keiner verletzt hat und wir gut durchgekommen sind. Das Turnier war zu diesem Zeitpunkt der Vorbereitung ein sehr guter Test, dementsprechend haben wir das unter dem Strich optimal nutzen können.
Frage: Trotzdem waren die Gegner ja keine Laufkundschaft.
Sammer: Das ist gar keine Frage. Aber wir trainieren ja auch jeden Tag intensiv und wir haben auch nicht die schlechtesten Spieler in unseren Reihen. Unsere neuen Spieler haben sich gut eingefügt, auch die jungen wie Gianluca Gaudino, der seine Sache ganz hervorragend gemacht hat und so gespielt hat, als würde er schon immer zu dieser Mannschaft gehören. Dazu haben wir wieder einen guten Spirit entwickelt, das konnte man auch am Samstag sehen, als wir sehr leidenschaftlich mitgegangen sind beim Spiel.
Frage: Robert Lewandowski ist schon in blendender Verfassung.
Sammer: Er trainiert auch schon einige Wochen und man sieht, dass es kein Nachteil war, dass er nicht bei der WM dabei war. Für ihn persönlich vielleicht schon, für uns sicher nicht.
Frage: Auch Franck Ribery wirkt nach seiner Verletzung schon wieder erstaunlich fit und spritzig.
Sammer: Das will ich damit sagen: Wir haben ihn für eine Woche nach Ibiza geschickt. Darüber hat sich der eine oder andere aufgeregt. Das habe in allererster Linie ich zu verantworten, wir haben ihm in seiner letzten Woche einen Physiotherapeuten und einen Fitnesstrainer hingeschickt. Ich weiß nicht, ob das viele genauso machen würden - aber genau damit haben wir das vorbereitet, was wir von ihm zum Teil beim Telekom Cup gesehen haben. Aber ich nenne Ihnen noch zwei andere Spieler.
Frage: Welche?
Samer: Sebastian Rode und Holger Badstuber. Der eine war fünf Monate verletzt, der andere knapp zwei Jahre. Deren Leistungen finde ich viel bemerkenswerter. Das hat mich extrem beeindruckt.
Frage: Was bleibt von diesem ersten Wettbewerb, abgesehen vom Titel?
Sammer: Wir haben gewonnen, aber dafür mussten wir einen ordentlichen Aufwand betreiben. Der eine oder andere musste schon länger spielen, als es ihm lieb war. Während andere Mannschaften munter durchwechseln konnten, mussten wir einige Spieler länger auf dem Feld lassen, als geplant. Aber deswegen ziehe ich mir die Hosen jetzt nicht mit der Kneifzange an: Wir nehmen das Ding mit, haben Selbstvertrauen getankt und gezeigt, dass wir bisher ganz gut gearbeitet haben. Die Spieler, die da waren, hatten ihren Rhythmus und konnten diesen beibehalten. Aber das war nicht unanstrengend. Immerhin hat uns der eine oder andere junge Spieler gezeigt, dass er auf dem Niveau in der Lage ist, Topleistungen zu bringen. Das hilft uns sehr.
Frage: Sagt der Titel und die Art und Weise, wie er errungen wurde, schon irgendetwas aus im Hinblick auf den Saisonstart in vier Wochen?
Sammer: Für den Boulevard vielleicht. In der Realität haben wir alles gut geplant, die Spieler haben trainiert, als würde es kein Morgen geben. Dazu noch Pep mit seiner Erfahrung und der Art, wie er spielen lassen will. Das hat bis hierher ganz gut funktioniert. Wir haben in der allgemeinen WM-Euphorie auf ein paar wichtige Bestandteile des Leistungssports hingewiesen. Das hat gefruchtet. Aber entscheidend ist nicht die Botschaft für den Ligastart, sondern die Frage: Wie konsequent gehen wir weiter?
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