Schneller! Weiter! Ääh?

SPOX
22. Dezember 201421:43
10. Spieltag: Arjen Robben schickt Borussia Dortmund auf einen Abstiegsplatzgetty
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Rekorde über Rekorde produzierte die Hinrunde der 52. Bundesliga-Saison - und nicht alle hat der FC Bayern verbrochen. Werder und der HSV zeigen sich zum Beispiel für ganz miese Bestmarken verantwortlich. Der BVB schreibt Geschichte zum Vergessen. Das und noch viel mehr steht in den Opta-Zahlen zur ersten Saisonhälfte.

Foul oder nicht Foul: Am 10. Spieltag kehrte Hakan Calhanoglu nach Hamburg zurück. Dass der türkische Nationalspieler dem HSV in der Saison zuvor den Arsch gerettet hatte, interessierte keinen mehr. Laut und hitzig wurde es und die aufgeheizte Stimmung übertrug sich 1-zu-1 aufs Spielfeld. Da wurde gehackt, als gebe es kein Morgen. Am Ende bilanzierte die Statistik nicht nur ein 1:0 für den HSV, sondern auch 54 Fouls. Das ist Saisonrekord. Das krasse Gegenteil dazu lieferten der FC Bayern und der SC Freiburg am 16. Spieltag. Acht Fouls wurden geahndet, was seit detaillierter Opta-Datenerfassung der niedrigste Wert in dieser Kategorie ist. Schön friedlich halt, passend zur Vorweihnachtszeit.

Super-Bayern kompakt: Wo sollen wir hier nur anfangen? 11 Punkte Vorsprung auf den "Verfolger" - hier: VfL Wolfsburg, Tabellenzweiter - gab's zur Halbzeit der Saison noch nie, nur vier Gegentore (Wolfsburg, Schalke, Dortmund, Mainz) auch nicht. 13 Zu-Null-Spiele in der Hinrunde sind ebenfalls Bundesliga-Rekord, genauso wie vier Herbstmeister-Titel in Serie. Kein Rekord, aber auch ganz passabel: Bayern ist seit 21 Spielen ungeschlagen (18 Siege - 3 Remis). 45 Punkte bedeuten die zweitbeste Hinrunde der Geschichte, in der Vorsaison gab's 47 Zähler aus den ersten 17 Spielen.

Super-Robben kompakt: Und wo sollen wir hier nur anfangen? Dass Arjen Robben geschafft hat, was sonst nur Eisschnellläufern, Turnern oder Schwimmern gelingt, nämlich niederländischer Sportler des Jahres zu werden, lassen wir an dieser Stelle außen vor. Stattdessen: Wenn Robben dabei ist, gewinnen die Bayern: 13 Einsätze, 13 Siege. An 13 Toren war er dabei direkt beteiligt (10 Treffer, 3 Assists). Er schraubte damit seine Bundesliga-Ausbeute auf 66 Tore und 34 Vorlagen in nur 119 Spielen. In diesem Zeitraum übrigens - und das ist mal echt verrückt! - schossen die Bayern-Gegner allesamt nur 65 Tore. Bemerkung am Rande: Beim Friedensgipfel gegen Freiburg (siehe "Foul oder nicht Foul") erzielte der 30-Jährige seinen 100. Pflichtspieltreffer für den FCB.

Mas integracion: So viele ausländische Trainer wie aktuell haben noch nie in der Bundesliga trainiert. Genau die Hälfte aller Klubs wird nicht von einem deutschen Coach betreut. Alle Neune auf einen Blick: Stevens (Niederlande, Stuttgart), Skripnik (Ukraine, Bremen), Di Matteo (Italien, Schalke), Hjulmand (Dänemark, Mainz), Korkut (Türkei, Hannover), Guardiola (Spanien, FC Bayern), Stöger (Österreich, Köln), Luhukay (Niederlande, Hertha BSC), Favre (Schweiz, Gladbach).

Schneller! Weiter! Ääh? Dass der BVB keine Bombensaison hinlegen würde, hätte man sich eigentlich schon sehr frühzeitig denken können. Keine zehn Sekunden konnten die Schwarz-Gelben in dieser Spielzeit ihren Kasten sauber halten. Gerade 9 Sekunden waren am ersten Spieltag rum, da traf Karim Bellarabi zum 1:0 für Leverkusen in Dortmund. Bundesliga-Rekord! Der Neu-Nationalspieler verdrängte damit Giovane Elber und Ulf Kirsten vom Platz an der Sonne (beide 11 Sekunden).

Nach dem vierten Spieltag stand sensationeller Weise der SC Paderborn an der Tabellenspitze. Fast genauso sensationell war Moritz Stoppelkamps Tor an selbigem Spieltag gegen Hannover. Weil 96-Keeper Ron-Robert Zieler zwecks Ausgleichsambitionen im falschen Strafraum zugange war, hatte Stoppelkamp plötzlich das leere Tor des Gegners vor Augen. Problem: Zwischen ihm und der Torlinie lagen noch 83 Meter Wiese. Wie wir aber wissen, hat er das Ding reingemacht und damit einen Weitschuss-Bundesligarekord aufgestellt.

Und noch was: Als erster Torwart überhaupt blieb Timo Horn vom 1. FC Köln in seinen ersten vier Bundesliga-Spielen ohne Gegentor.

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The Walking Dead: Wie bereits erwähnt ging die Saison des BVB schon klasse los mit dem 0:1 gegen Leverkusen nach 9 Sekunden (siehe "Schneller! Weiter! Ääh?"). Ein Überblick über das ganze Elend: Erstmals muss Dortmund auf einem Abstiegsplatz überwintern. Check! 10 Niederlagen gab's unter Klopp zuvor noch nicht mal in 34 Spielen. Check! Zweitschlechteste Punktausbeute (15) seit der Abstiegssaison 1971/72 (14). Check! 9 Gegentore nach krassen individuellen Patzern. Ligaspitze! Check! Und sonst? Der BVB ist gerade auswärts ein Pflegefall. In den letzten acht Gastspielen holte man nur 1 Punkt. Die Chancenverwertung ist mit 8,7 Prozent grundsätzlich fragwürdig. Schlechter ist nur der HSV (5,7).

Tikitakatikitakatikitaka... Xabi Alonso kam auf den letzten Drücker zu den Bayern und ist seit seinem Debüt am 2. Spieltag auf Schalke nicht mehr aus Guardiolas Ensemble wegzudenken. Wer sollte auch die ganze Arbeit machen? In Köln sorgte der Spanier mit 216 Ballaktionen und 204 gespielten Pässen für einen beinahe absurden Bundesliga-Rekord und verbesserte die ebenfalls schon irrsinnige Bestmarke seines Landsmanns und Bayern-Kollegen Thiago Alcantara aus der Vorsaison. In nämlichem Spiel brachten es übrigens alle (alle!) Kölner zusammen auf 254 Pässe.

Grafik 1: Alonsos Rekord gegen Köln

Grafik 2: Thiagos Rekord gegen Frankfurt

Sorry, Werder: Wir wollen nicht auf Bremen rumhacken, aber erwähnen muss man gewisse Dinge in einem solchen Format dann schon. Also: 39 Gegentore sind eine Menge Holz und Minusrekord für die Hansestädter. Die meisten Backpfeifen setzte es in München bei den Bayern: 0:6 ging Werder unter. Viel schlimmer aber: 0 Schüsse aufs gegnerische Tor, also nicht mal ein 40-Meter-Verzweiflungshieb in den Oberrang, das gab's noch nie seit der detaillierten Datenerfassung durch Opta.

Wer A sagt: Wer auf Werder rumhackt, muss natürlich auch dem HSV einen mitgeben. Der brauchte in dieser Spielzeit 507 Minuten fürs erste Saisontor. BL-Negativrekord! Die 9 (neun! NEUN!!!) Treffer in 17 Spielen wurden in der Ligageschichte nur von Eintracht Frankfurt (1988/89) und Tasmania Berlin (1965/66) unterboten (beide 8). Immerhin belegt man Platz drei der Torschützenliste gemeinsam mit dem Schalker Eric Maxim Choupo-Moting.

Mensch Meier! Last but not least soll es um den Mann der Vorrunde gehen. Zu Beginn war Eintracht-Urgestein Alex Meier unter dem neuen Trainer Thomas Schaaf noch nicht mal erste Wahl. Sein Startelf-Debüt gab er erst am 4. Spieltag auf Schalke. Meier traf gleich, die Hessen holten einen Punkt. Inzwischen hat Meier 13 Buden auf dem Konto, ist bester Torjäger der Liga und überholte in den Eintracht-Chroniken den großen Anthony Yeboah mit nun 69 Toren insgesamt. Sein Meisterstück lieferte er beim 4:4 gegen die Hertha ab, als er buchstäblich in letzter Sekunde einen Doppelpack schnürte.

Ach ja: Eine kleine Bemerkung noch zum Abschluss. Seit dem 8. Spieltag ist das Freistoßspray im Einsatz und die Zahl der direkten Treffer aus ruhenden Bällen ist stark angestiegen. An den ersten sieben Spieltagen wurden sechs Freistöße direkt verwandelt, also nicht mal einer pro Runde. Seitdem waren es 17, also fast zwei pro Spieltag.

Bevor wir's vergessen: Wer die Hoffnung auf ein spannendes Titelrennen in der Rückrunde noch nicht aufgegeben hat, der klammere sich an den statistischen Fakt, dass der VfL Wolfsburg als einziger Bundesliga-Klub schon mal nach einem 11-Punkte-Halbzeit-Rückstand Meister wurde. Damals hieß der Winterchampion allerdings Hoffenheim und nicht Bayern.

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