Der obligatorische Handlungsbedarf

Benedikt Treuer
30. Juni 201516:17
Martin Schmidt und Christian Heidel können mit dem Mainzer Kader zufrieden seingetty
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Mainz 05 hat sich durch taktische Variabilität und einen starken Verbund zu einem etablierten Bundesligisten entwickelt. In dieser Transferperiode war es zunächst sehr ruhig um den FSV - bis Geis Bewegung in den Kader brachte und noch eine Premium-Verpflichtung erzwang - obligatorisch. Welche Auswirkungen haben die Transfers? Und wo besteht jetzt noch Handlungsbedarf? SPOX macht den Check.

Tor

Das Personal: Loris Karius, Stefanos Kapino, Robin Zentner

Abgänge: Keine

Zugänge: Keine

Offene Positionen: Eventuell die Nummer zwei

Kandidaten: Keine

Seit der Vertragsverlängerung von Loris Karius ist alles geklärt. Mainz hat einen der besten Schlussmänner der Liga im Kasten stehen und mit der Unterschrift des stark umworbenen Keepers ein deutliches Ausrufezeichen in Richtung Konkurrenz gesendet: Die Nullfünfer sind zu mehr gereift, als einem Sprungbrett-Verein für junge Talente.

"Loris hat vor anderthalb Jahren seine Chance beim Schopfe gepackt, als er damals in die Mannschaft gerückt ist. Er hat dieses Vertrauen nicht nur jederzeit gerechtfertigt, er hat in den vergangenen Monaten in seinem Spiel auch immer weiter an Qualität gewonnen", sagte Manager Christian Heidel zur Verlängerung - durchaus sehr zutreffende Worte.

Der Sommerfahrplan von Mainz 05

Karius ist die klare Nummer eins im Kasten der Rheinhessen. Ist er fit, spielt er. In der abgelaufenen Saison sicherte er dem FSV durch mehrere herausragende Leistungen wichtige Punkte gegen den Abstieg. Zudem ist er auch charakterlich gewachsen. Aus dem zurückhaltenden, fast schon schüchternen Torwart ist ein durchaus selbstbewusster Leader im Team geworden. Jedes weitere Jahr, das Heidel den Keeper in Mainz halten kann, wird ein Bonus für den bescheidenen Klub sein.

Auch bei Ersatzkeeper Stefanos Kapino haben Heidel und Co. keine Bauchschmerzen. Der 21-Jährige konnte sich in der Bundesliga bereits auszeichnen und machte einen ordentlichen Job. Allerdings soll der gebürtige Grieche mit seiner Reservistenrolle unzufrieden sein. Wie der kicker berichtete, könnte eine Leihe in Betracht gezogen werden. Sporting Lissabon habe Interesse angemeldet.

Sollte dieser Transfer tatsächlich über die Bühne gehen, würde der FSV wohl noch einen erfahrenen Ersatzkeeper holen. Kandidaten gibt es - jedenfalls öffentlich - noch keine. Zweitmannschaft-Keeper Robin Zentner (20) würde man diesen Schritt aber wohl noch nicht zutrauen.

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Seite 2: Abwehr - Gesucht ist einer vom Fach

Seite 3: Mittelfeld - Geis erzwang den Handlungsbedarf

Seite 4: Sturm - Wer wird die große Überraschung?

Abwehr

Das Personal: Pierre Bengtsson, Joo-Ho Park, Junior Diaz, Niko Bungert, Stefan Bell, Daniel Brosinski, Gonzalo Jara, Leon Balogun

Abgänge: Nicolce Noveski (Ziel unbekannt), Damian Roßbach (SV Sandhausen)

Zugänge: Leon Balogun (Darmstadt 98)

Offene Positionen: Ein Innenverteidiger

Kandidaten: Christopher Schindler (1860 München)

"Unsere Planungen sind noch nicht abgeschlossen", sagte Heidel jüngst im Gespräch mit der Allgemeinen Zeitung Mainz. Ob sie bis zum Trainingsauftakt am 29. Juni "zu 100 Prozent über die Bühne sind", vermochte der Manager noch nicht zu sagen. Eine noch offene Baustelle ist mit großer Sicherheit die Abwehr.

Nach Nicolce Noveskis Weggang ist ein weiterer Platz in der ohnehin dünn besetzten FSV-Innenverteidigung frei geworden. Stefan Bell entwickelte sich unter Tuchel, Hjulmand und Schmidt zum Stammspieler. Neben ihm schwankte der zweite Platz im Zentrum. Abgesehen von Noveski war vor allem Bungert der bevorzugte Mann für diese Position, jedoch fehlte der immer wieder verletzt.

Zwar schafften es die Mainzer durch unorthodoxe Lösungen, wie z.B. die Außenverteidiger Jara oder Diaz in die Zentrale zu ziehen, immer wieder, halbwegs stabil zu verteidigen, jedoch soll unbedingt noch ein gelernter Innenverteidiger verpflichtet werden. Im Gespräch war vor allem Christopher Schindler von den Münchner Löwen. Gut möglich, dass Schmidt aber einen gestandenen Erstliga-Verteidiger bevorzugt.

Auf den Außenbahnen sind die Mainzer dagegen gut besetzt. Bengtsson, Park, Brosinski, Jara und Diaz durften bisher im Wechsel ran und lösten ihre Aufgaben zumeist souverän und zuverlässig. Dazu hat Heidel mit Leon Balogun von Aufsteiger Darmstadt einen weiteren Außenspieler dazugeholt: "Mit einer bärenstarken Saison hat er sich bei Darmstadt 98 in den Vordergrund gespielt. Er ist ein physisch starker, dynamischer Rechtsverteidiger", so der Manager zufrieden. Balogun hatte maßgeblichen Anteil daran, dass Darmstadt mit der besten Defensive der Liga in der vergangenen Saison der Aufstieg geglückt war.

Auf Trennung stehen die Zeichen aktuell hingegen bei Junior Diaz, dessen Vertrag aller Voraussicht nach nicht verlängert wird.

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Mittelfeld

Das Personal: Julian Baumgartlinger, Christoph Moritz, Benedikt Saller, Elkin Soto, Ja-Cheol Koo, Yunus Malli, Patrick Pflücke, Pablo de Blasis, Christian Clemens, Todor Nedelev, Jairo Samperio, Yoshinori Muto, Danny Latza, Fabian Frei

Abgänge: Jonas Hofmann (BVB, Leihende), Julian Koch (Fortuna Düsseldorf), Johannes Geis (Schalke 04)

Zugänge: Yoshinori Muto (FC Tokio), Danny Latza (VfL Bochum), Fabian Frei (FC Basel)

Offene Positionen: Keine

Kandidaten: Keine

Vor nicht allzu langer Zeit hätte man gesagt: Das Mainzer Mittelfeld 2015/16 steht und fällt mit Johannes Geis. Wäre er geblieben, hätte es im Zentrum keinen Handlungsbedarf mehr gegeben. Durch seinen Wechsel zu Schalke 04 musste man in Mainz aber noch einmal reagieren. Der Revierklub machte ernst, der FSV konnte die Millionenablöse und Geis seine Gehaltserhöhung nicht ausschlagen.

Wirklich überraschend war der Transfer aber nicht: Auf der Mainzer Liste der Abgänge war es zuvor ungewohnt ruhig gewesen. In den vergangenen Jahren musste der FSV pro Saison immer Verluste von mindestens einem absoluten Leistungsträger verkraften (z.B. Müller, Choupo-Moting, Szalai, Kirchhoff, Polanski, Schürrle, Holtby, Fuchs usw.). Spätestens in der vergangenen Rückrunde hatte sich herauskristallisiert, dass der obligatorische Abgang in diesem Sommer wohl Johannes Geis sein würde.

Doch Christian Heidel war auf alles vorbereitet - wieder einmal: Nur wenige Stunden nach der Bekanntgabe des Geis-Transfers präsentierte Mainz schon dessen Nachfolger: Fabian Frei vom FC Basel. Ca. fünf Millionen Euro Ablöse hat der 26-Jährige die Rheinhessen gekostet - Geld, das dank Schalke (Geis soll etwa elf Millionen Euro eingebracht haben) zur Verfügung stand. "Wir haben Fabian Frei frühzeitig als unseren Wunschspieler für eine Position im zentralen Mittelfeld ins Auge gefasst, falls sich bei uns Veränderungen ergeben", wird Heidel auf der Vereins-Homepage zitiert.

Geis' Stellungsspiel, Übersicht und Torgefahr waren in der vergangenen Saison Trümpfe im Mainzer Spiel. Frei bringt ähnliche Anlagen mit, ist technisch sicherlich aber nicht ganz so beschlagen wie sein Vorgänger. Dafür hat er einen entscheidenden Vorteil: Die Erfahrung. Frei hat international gespielt und in der Schweiz Titel en masse gesammelt. So schmerzhaft der Abgang von Geis ist, so stark ist auch die Verpflichtung des Schweizers.

Ansonsten hat sich im Mainzer Mittelfeld in den letzten Jahren viel getan. Konstante Größen im Team waren zuletzt Julian Baumgartlinger und auch Elkin Soto, der Mainz eigentlich verlassen wollte, nach seiner Horror-Verletzung aber einen neuen Vertrag unterschrieben hat und womöglich noch die gesamte Vorrunde ausfällt. Vielversprechend ist jedoch auch die Entwicklung von Jungspund Yunus Malli. Der deutsche U21-Nationalspieler überzeugte vor allem in der Rückrunde mit viel Offensivdrang und Torgefahr und wird in der kommenden Saison noch mehr zum Fixpunkt im Mainzer Angriffsspiel reifen.

Gleiches gilt für Pablo de Blasis, der mit seiner Schnelligkeit und Zielstrebigkeit ein wichtiger Konterspieler im 05-Kader ist. Die größten Erwartungen gelten aber nach wie vor Ja-Cheol Koo, der seine teure Verpflichtung Anfang 2014 noch nicht vollends gerechtfertigt hat. Sein Potenzial ist unbestritten, nächstes Jahr muss aber auch er liefern. Ähnlich verhält es sich mit Schalke-Leihe Christian Clemens.

Interessant zu sehen wird sein, wie sich die Neuzugänge Danny Latza und vor allem Yoshinori Muto in der Bundesliga zurechtfinden. Der Japaner, an dem angeblich auch der FC Chelsea und Bayer Leverkusen interessiert waren, kommt mit großen Vorschusslorbeeren nach Mainz: "Wir haben Yoshinori länger beobachtet. Ein schneller, wendiger, technisch hoch veranlagter Angreifer für die Außenbahnen. Er bringt uns zusätzliche Qualität!", sagte Coach Schmidt.

Fakt ist: Auch in der nächsten Saison ist das Mittelfeld wieder einmal der stärkste Mainzer Mannschaftsteil. Sowohl in der Breite als auch in Sachen individueller Qualität haben Heidel und Co. ein Zentrum geformt, das für viele Mannschaften wohl wieder sehr schwer zu bespielen sein wird. Vorausgesetzt, der Verbund arbeitet weiterhin so geschlossen wie in den Vorjahren.

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Sturm

Das Personal: Shinji Okazaki, Devante Parker, Florian Niederlechner

Abgänge: Sami Allagui (Hertha, Leihende), Nicolas Castillo (FC Brügge, Leihende)

Zugänge: Florian Niederlechner (1. FC Heidenheim)

Offene Positionen: Sturmzentrum (Alternative zu Okazaki)

Kandidaten: Nils Petersen (SC Freiburg)

Okazaki - und dann? Nix. So oder so ähnlich sah die Mainzer Sturmbesetzung im vergangenen Jahr aus. Die Rheinhessen hatten Glück: Der kleine Japaner traf nach Belieben, war der Torgarant schlechthin, sodass man bei den Nullfünfern auch gar keine Alternative vermisste. Heidel konnte es sich so auch leisten, im Winter ein zweistelliges Millionen-Angebot von Leicester City für den Stürmer abzulehnen. Tore waren wichtiger als das Geld.

Das gilt wohl auch für die kommende Saison, obwohl nach wie vor diverse englische Klubs am 29-Jährigen interessiert sein sollen. Allerdings ist es eher unwahrscheinlich, dass Heidel und Schmidt nach dem Geis-Verkauf einen weiteren Stammspieler ziehen lassen.

Auf der anderen Seite haben die Nullfünfer im Sturm aber bereits auf dem Transfermarkt zugeschlagen: Florian Niederlechner kommt für stolze zwei Millionen Euro aus Heidenheim, wo er in der letzten Zweitliga-Spielzeit starke 15 Treffer und zehn Vorlagen beisteuerte. "Es ist unsere Philosophie, Spieler mit viel Potenzial zu holen, um sie hier zu guten Bundesligaspielern weiterzuentwickeln. Auch Florian Niederlechner hat hierzu alle Voraussetzungen. Das passt, da bin ich sehr sicher", sagte ein überzeugter Christian Heidel.

Ob Niederlechner in der Bundesliga genauso weiterknipst wie im Unterhaus, ist fraglich. Das Potenzial, sich in einem gestandenen Bundesliga-Kader durchzusetzen, scheint er aber zu haben. Jedenfalls bringt er die aufgeschlossene und lockere Art mit, die es in Mainz voraussetzt. Dennoch zeigten Flops wie Polter, Schahin oder Ede in der Vergangenheit, dass Entwicklungsfähigkeit selbst bei den Nullfünfern nicht immer unmittelbar mit Erfolg in Verbindung steht. SPOX

Sollte es wider Erwarten doch noch zu einem Okazaki-Transfer kommen, ist es vorstellbar, dass auch Mainz noch einmal tief in die Tasche greift, um auch im Angriff eine Premium-Lösung zu holen. Zuletzt war angeblich Nils Petersen in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt ein Thema. Nach Freiburgs Abstieg stünden die Chancen sicher nicht schlecht, den ehemaligen Bremer zum FSV zu lotsen - dem Stürmer fehlte seit seiner Zeit beim FC Bayern aber schlichtweg die Konstanz, um dauerhaft zu überzeugen.

Ein Überraschungsfaktor könnte in den nächsten Monaten daher auch Devante Parker (19) werden: Der jüngere Bruder vom Ex-Mainzer Shawn scheint auf dem Weg in den Profi-Fußball bereits gefestigter, als es sein Bruder in Mainz je war. Er ist ein Name, den man auf dem Zettel haben sollte.

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Mainz 05 in der Übersicht