Winkmanns Husarenstreich

Von Patrick Völkner
Guido Winkmann arbeitet sich im Vergleich zur letzten Saison vom letzten auf den ersten Platz vor
© getty

Von Felix Brych bis Felix Zwayer, von Knut Kircher bis Florian Meyer - in unserem faktenbasierten Schiri-Check analysieren wir das Leistungsniveau der Bundesliga-Schiedsrichter und bewerten ihre Spielleitungen. Wir blicken zurück auf die Saison 2014/15 und ziehen das große Saisonfazit, mit zum Teil überraschenden Ergebnissen. Die Referees im Einzelcheck.

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Konstanz? Ja, aber. Das Gesamtniveau der Bundesliga-Schiedsrichter scheint sich im zurückliegenden Jahr kaum verändert zu haben. Doch ein genauerer Blick auf die Leistungen der Unparteiischen zeigt, dass sich die deutsche Schiedsrichtergilde derzeit in einer Phase des Wandels befindet.

Saisonbilanz: The same prodecure as last year. Wie in der Vorsaison zählten wir auch in der Spielzeit 2014/15 223 klare Fehlentscheidungen der Bundesliga-Referees; dies entspricht einem Durchschnittswert von 0,73. Auch wenn der von uns berechnete Notenschnitt von 2,99 gegenüber der letzten Saison (2,91) stieg, kann insgesamt von einem gleichbleibenden Leistungsniveau gesprochen werden.

Große Veränderungen ergeben sich jedoch beim Blick auf die Werte der einzelnen Schiedsrichter. So landen mit Florian Meyer und Knut Kircher zwei Top-Leute der Vorsaison diesmal nur auf einem Mittelfeldplatz, während dem Kerkener Guido Winkmann der große Coup gelingt: In der Saison 2013/14 noch auf dem letzten Platz in unserer Schiedsrichtertabelle, schafft der 41-Jährige das nicht für möglich Gehaltene und findet sich nach dieser Spielzeit auf Platz 1 wieder.

Die Schiedsrichter im Einzelcheck:

Deniz Aytekin (2. Platz / Note: 2,7): Absolut überzeugende Saison des Franken, der verletzungsbedingt vom 11. bis zum 19. Spieltag nicht zum Einsatz kam. Hatte seine Spiele durch strenges, aber auch konsequentes Auftreten zumeist gut im Griff. Wurde sowohl mit der Leitung des Abstiegsendspiels zwischen Paderborn und Stuttgart als auch mit der des Relegationshinspiels betraut und genießt höchstes Vertrauen beim DFB.

Dr. Felix Brych (6. / 2,8): Machte seine Sache über weite Strecken gut, leistete sich nur kleine Aussetzer. Darf sich, auch aufgrund seiner Auftritte auf internationalem Parkett, mit Fug und Recht als die Nummer 1 der deutschen Referees fühlen. Durfte das Pokalfinale leiten, machte dabei aber mitunter eine unglückliche Figur.

Bastian Dankert (8. / 2,9): Zählt zu der jungen Garde unter den Schiedsrichtern, beeindruckt aber gleichwohl durch sehr abgeklärtes und sicheres Auftreten. Leistete sich in der Saison 2014/15 nur eine wirklich schwache Partie (Leverkusen - Wolfsburg, 21. Spieltag) und zählt weiterhin zu den großen Hoffnungsträgern.

Christian Dingert (14. / 3,1):Wird vom DFB zusehends häufiger mit der Leitung von Topspielen betraut und soll damit peu à peu zu einem Elite-Schiedsrichter aufgebaut werden. Hat noch deutliche Defizite in Sachen Auftreten und Körpersprache und besitzt noch nicht die nötige Konstanz.

Dr. Jochen Drees (5. / 2,8): Eine sehr solide Saison des 45-Jährigen, der nur selten im Fokus der Diskussionen stand und meistens unauffällig blieb. Was eindeutig für ihn spricht.

Marco Fritz (15. / 3,1): Verfügt über das Potential, ein guter Schiedsrichter mit internationaler Perspektive zu werden. Leistet sich aber derzeit noch zu viele Aussetzer - beispielsweise am 24. Spieltag, als er die Partie zwischen Mainz und Gladbach mit seinen fehlerhaften Pfiffen maßgeblich beeinflusste (SPOX-Note 5,0). Muss noch konstanter werden.

Peter Gagelmann (20. / 3,3): Legte in seiner letzten Saison als Bundesliga-Schiedsrichter eine durchwachsene bis schwache Gesamtperformance hin und präsentierte sich sehr fehleranfällig. Erlaubte sich sowohl beim Leverkusener Gastspiel auf Schalke (26. Spieltag) als auch beim Spiel der Werkself in Mönchengladbach jeweils drei mitunter haarsträubende Fehler. Immerhin: Mit einer starken Leitung der Partie zwischen Köln und Wolfsburg (34. Spieltag, SPOX-Note 1,5) gelang ihm ein versöhnlicher Karriereausklang.

Manuel Gräfe (3. / 2,7): Zählt neben Brych und Aytekin zu den absoluten Topleuten und wusste in dieser Spielzeit zumeist zu überzeugen. Lieferte drei ganz maue Leistungen ab (Frankfurt - Augsburg, 5. Spieltag; Wolfsburg - Paderborn, 15. Spieltag; Augsburg - Wolfsburg, 24. Spieltag), präsentierte sich ansonsten aber in sehr ordentlicher Verfassung. Seine herausragenden Leitungen der brisanten Partien zwischen Bayern und Dortmund (10. Spieltag) sowie Stuttgart und Hamburg (33. Spieltag) gehören zu den Highlights der Saison. Wurde mit der Leitung des Relegationsrückspiels betraut und machte bis zur 90. Minute einen starken Eindruck - doch dann ging es dahin...

Robert Hartmann (11. / 3,0): Fast so etwas wie die Graue Maus unter den Referees. Kommt nur sporadisch zum Einsatz und das in der Regel bei Spielen ohne besondere Brisanz. Machte seine Sache dabei aber zuletzt regelmäßig sehr passabel.

Thorsten Kinhöfer (13. / 3,0): Verlässt nach 14 Jahren die Bundesliga-Bühne. Stand auch in seiner letzten Saison wie so oft in seiner Karriere im Zentrum der Diskussionen. Leistete sich gerade in der zweiten Saisonhälfte nur noch wenige Fehler.

Knut Kircher (16. / 3,1): Zählt nach wie vor zu den besten deutschen Schiedsrichtern, lag mit seinen Entscheidungen in der zurückliegenden Saison aber oftmals daneben. Sein an sich souveränes und überzeugendes Auftreten wurde oft konterkariert durch eine hohe Fehleranfälligkeit, wie sie insbesondere beim Topspiel zwischen Dortmund und Bayern am 27. Spieltag zu Tage trat, als Kircher insgesamt vier Mal daneben lag. Unterließ drei an sich zwingende Verwarnungen und verweigerte den Gastgebern einen Strafstoß.

Florian Meyer (12. / 3,0): Genießt - ähnlich wie Knut Kircher - hohes Ansehen, nicht zuletzt bei den Spielern. Ist aber inzwischen deutlich von seinem einstigen Top-Niveau entfernt und wird nur noch selten mit der Leitung von besonders sensiblen Spielen betraut. Er fiel 2014/15 weder positiv noch negativ besonders auf.

Günter Perl (23. / 3,6): Das Schlusslicht in unserer Schiedsrichtertabelle. Hat fast immer mindestens einen dicken Bock drin und kann nur selten wirklich überzeugen. Ist fehleranfällig und im Auftreten zumeist wenig souverän. In dieser Verfassung nicht erstligatauglich.

Markus Schmidt (18. / 3,2): Seine Körpersprache wirkt weiterhin oft unglücklich, vermittelt kaum den Eindruck von Abgeklärtheit und wird daher konsequenterweise nicht für Topspiele eingeteilt. Hatte seine schwächsten Auftritte bei den Gastspielen der Frankfurter Eintracht auf Schalke und beim FC Bayern - jeweils stand die SPOX-Note 5,0 zu Buche.

Daniel Siebert (10. / 2,9): Gehört - wie Bastian Dankert - zu den Perspektivschiedsrichtern, genießt aber noch nicht das ganz große Vertrauen seitens des DFB und kam nur auf acht Einsätze, die er fast alle souverän meisterte. Hat das Potenzial zu mehr.

Peter Sippel (17. / 3,1): Wirkt auch im Herbst seiner Karriere zumeist unsicher und wenig souverän. Präsentierte sich über weite Strecken der Saison sehr fehleranfällig und leistete sich manch haarsträubenden Patzer.

Wolfgang Stark (7. / 2,9): Für viele Fans nach wie vor das Enfant terrible der deutschen Schiedsrichterzunft, was nicht zuletzt mit seinem dominanten, zuweilen arroganten Auftreten zu erklären ist. Machte seine Sache in der Saison 2014/15 aber meistens gut und leistete sich wenige schwerwiegende Fehler. Schwach allerdings seine Leistung beim Nordderby zwischen Bremen und dem HSV am 29. Spieltag, als er sich einige haarsträubende Fehler erlaubte und aus unerfindlichen Gründen vom zwingend gebotenen Platzverweis gegen Rafael van der Vaart absah.

Tobias Stieler (8. / 2,9): Insgesamt eine sehr solide Saison des inzwischen in Hamburg beheimateten Hessen, der zum Saisonabschluss jedoch deutlich nachließ und bei seinen letzten beiden Spielleitungen (Hoffenheim - Bayern, 29. Spieltag; Dortmund - Hertha, 32. Spieltag) nicht mehr zu überzeugen wusste.

Sascha Stegemann (4. / 2,8): Der Liga-Neuling lieferte eine überzeugende Premierensaison ab und machte bei seinen acht Einsätzen fast ausnahmslos eine gute Figur. Bemerkenswert, wie abgeklärt und gelassen er im Umgang mit den Spielern agiert.

Michael Weiner (22. / 3,5): Fiel die halbe Saison wegen einer Achillessehnen-Verletzung aus und kam nur zu sieben Einsätzen, in denen er höchst durchwachsene Leistungen ablieferte. Lag mit seinen Entscheidungen oft daneben und weist (zusammen mit Felix Zwayer) die höchste Fehlerquote aller Erstligareferees auf (1,1).

Tobias Welz (18. / 3,2): Fiel fast die gesamte Hinrunde aus, kam danach aber sehr regelmäßig zum Einsatz und bringt es letztlich auf elf Saisoneinsätze. Licht und Schatten wechselten sich bei ihm ab. So auch zum Saisonende: Er leistete sich am 33. Spieltag im Heimspiel der Freiburger gegen Bayern einige höchst fragwürdige Entscheidungen, um eine Woche später das Match zwischen dem HSV und Schalke sehr souverän und fehlerfrei über die Bühne zu bringen (SPOX-Note 2,0).

Guido Winkmann (1. / 2,6.): Die Positiv-Überraschung der Saison! Erlaubte sich nur wenige Fehler und fiel ganz selten negativ auf. Der Underdog unter den deutschen Erstliga-Unparteiischen belegt zum Abschluss einen kaum für möglich gehaltenen, aber durchaus verdienten ersten Platz - und das, nachdem er im Vorjahr Letzter wurde.

Felix Zwayer (21. / 3,4): Der große Hoffnungsträger der Schiedsrichtergilde blickt auf eine verkorkste Saison 2014/15 zurück. Nur selten wusste der Berliner zu überzeugen und leistete sich zahlreiche Patzer. Negativ Schluss- und Höhepunkt die Leitung des Spiels zwischen Augsburg und Hannover am 34. Spieltag, in deren Zuge er sich drei schwerwiegende Fehler (keine Elfmeter nach Sakai-Handspiel und Karaman-Foul sowie überzogener Platzverweis gegen Bobadilla) erlaubte.

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