Plötzlich vorne Fragezeichen

Von Adrian Franke
30. Juni 201516:17
In der Offensive ruhen die Hoffnungen auf Kevin Vollandgetty
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Die Defensive war für 1899 Hoffenheim über Jahre hinweg die Problemzone, doch die Kraichgauer haben ihre löchrige Abwehr zunehmend in den Griff bekommen - und bereits für die kommende Saison personell verstärkt. Stattdessen drückt plötzlich in der Offensive der Schuh, wo das Herz des Angriffsspiels eher früher als später weg sein dürfte. SPOX beleuchtet die Lage bei der TSG.

Tor

Das Personal: Oliver Baumann, Jens Grahl, Marvin Schwäbe, Alexander Stolz

Abgänge: Keine.

Zugänge: Keine.

Offene Positionen: Eventuell die Nummer zwei.

Kandidaten: Noch keine.

Oliver Baumann ist in Hoffenheim unumstritten, wie Trainer Markus Gisdol kurz vor der Winterpause eindrucksvoll untermauert hatte. Nach 15 Gegentoren in fünf Spielen war auch der Keeper in die Kritik geraten, Gisdol stellte damals klar: "Oliver Baumann steht bei uns auch mit einer Hand im Tor, damit das mal klar ist. Er ist einer der besten Torhüter der Bundesliga. Zu denen, die sich hinter Manuel Neuer einreihen, gehört Oli ganz fest dazu."

Doch ganz so unantastbar schien der 25-Jährige währen der Saison nicht zu sein. Baumann reihte sich vielmehr in die insgesamt inkonstante Hoffenheimer Saison ein und hatte immer wieder Patzer drin. Zudem verhinderte Baumann nur sieben von 45 Großchancen, ein sehr durchwachsener Wert.

SPOXEine neue Nummer eins ist dennoch kein Thema bei der TSG. Interessanter wird eher die Frage, was hinter Baumann passiert: Jens Grahl wurde bis vor einigen Tagen noch beim FC Augsburg gehandelt, soll laut der Augsburger Allgemeinen aber kein Thema mehr sein.

Nach dem überraschenden Wechsel von Sven Ulreich zum FC Bayern wird Grahl auch mit dem VfB Stuttgart in Verbindung gebracht, auch wenn der Wechsel laut der Bild wohl nicht zustande kommen wird. Komplett vom Tisch ist der mögliche Wechsel zum VfB aber mutmaßlich noch nicht.

Sollte Grahl tatsächlich noch gehen, ist eine Verstärkung wahrscheinlich: Der 20-jährige Marvin Schwäbe kam erst in der vergangenen Saison aus der zweiten Mannschaft hoch und spielte noch in der Regionalliga, Routinier Alexander Stolz hat über die vergangenen beiden Jahre insgesamt acht Pflichtspiele bestritten.

Seite 1: Tor - Der unumstrittene Baumann

Seite 2: Abwehr - Kapitän Beck und der Königstransfer

Seite 3: Mittelfeld - Neuausrichtung nach Firmino?

Seite 4: Sturm - Fragezeichen neben Volland

Abwehr

Das Personal: Niklas Süle, Ermin Bicakcic, Tobias Strobl, David Abraham, Nicolai Rapp, Jin-Su Kim, Jeremy Toljan, Andreas Beck

Abgänge: Kevin Akpoguma (Fortuna Düsseldorf, Ausleihe)

Zugänge: Fabian Schär (FC Basel), Pavel Kaderabek (Sparta Prag), Luis Advincula (Sporting Cristal, war ausgeliehen)

Offene Positionen: Die Außenverteidiger.

Kandidaten: Keine.

Mit Fabian Schär, der für gut vier Millionen Euro vom FC Basel geholt wurde, hat die TSG ihren diesjährigen Königstransfer zumindest für die Defensive schon in trockenen Tüchern. Der 23-Jährige kommt mit der Erfahrung von 13 Champions-League-Spielen und einer WM-Teilnahme, im Abwehrzentrum der Kraichgauer dürfte er schnell die Leader-Rolle einnehmen.

Die Frist für die Ausstiegsklausel von Kapitän Andreas Beck ist derweil am Montag abgelaufen, dementsprechend hat Hoffenheim auch hier zusätzliche Planungssicherheit - dennoch drückte der Schuh auf der Außenverteidigerposition. Mit Jin-Su Kim, der mehrmals wegen Länderspielreisen fehlte, und Jeremy Toljan hatte die TSG neben Beck zum Start der Sommerpause nur zwei echte Außenverteidiger.

Am Mittwoch bestätigte Hoffenheim dann die bereits seit einigen Tagen kolportierte Verpflichtung von Pavel Kaderabek von Sparta Prag. Der 23-jährige Nationalspieler kostet 3,5 Millionen Euro und Profifußball-Direktor Alexander Rosen freut sich auf den "physisch starken und dynamischen Außenverteidiger".

Kaderbarek selbst betonte laut der Pressemitteilung: "Das aggressive Spiel gegen den Ball und das schnelle Umschalten kommen mir sehr entgegen." Da Kaderbarek womöglich auch auf den offensiveren Außenbahnen aushelfen muss, könnte dennoch ein weiterer Außenverteidiger kommen. Im Abwehrzentrum dagegen ist die TSG mit dem Schär-Transfer gut aufgestellt, zumal darüber hinaus Niklas Süle nach seinem Kreuzbandriss zurück kommt. David Abraham darf auch deshalb wohl bei einem akzeptablen Angebot gehen.

Aus taktischer Sicht gilt es dabei für die Kraichgauer, die Defensive weiter zu entwickeln und die Balance mit der Offensive zu verbessern. 55 Gegentore waren noch immer der zweitschwächste Wert in der oberen Tabellenhälfte - auch wenn es bereits eine massive Steigerung im Vergleich zu den indiskutablen 70 Gegentreffern der Vorsaison war.

"Es stört mich brutal, dass die Entwicklung in der Rückrunde nicht so schnell weiter gegangen ist, wie ich mir das gewünscht habe", hatte Gisdol bereits vor dem Saisonfinale gegen Hertha BSC treffend bilanziert: "Vom bedingungslosen Offensivspiel zum Ballbesitz-Spiel - dieser Rhythmus-Wechsel war noch nicht so stabil. Deshalb hatten wir unnötige Ballverluste, die durch lange, hohe Bälle eingeleitet wurden."

Seite 1: Tor - Der unumstrittene Baumann

Seite 2: Abwehr - Kapitän Beck und der Königstransfer

Seite 3: Mittelfeld - Neuausrichtung nach Firmino?

Seite 4: Sturm - Fragezeichen neben Volland

Mittelfeld

Das Personal: Eugen Polanski, Pirmin Schwegler, Sebastian Rudy, Roberto Firmino, Nadiem Amiri, Tarik Elyounoussi, Steven Zuber, Kai Herdling

Abgänge: Vincenzo Grifo (SC Freiburg), Michael Gregoritsch (VfL Bochum), Sejad Salihovic (GZ Renhe), Tobias Weis (VfL Bochum). Afriyie Acquah (FC Turin)

Zugänge: Jonathan Schmid (SC Freiburg), Guilherme Biteco (Santa Cruz, war ausgeliehen), Jiloan Hamad (Standard Lüttich, war ausgeliehen), Bruno Nazario (Lechia Gdansk, war ausgeliehen), Filip Malbasic (Lechia Gdansk, war ausgeliehen), Junior Ponce (Vitoria Setubal, war ausgeliehen), Sandro Wieser (FC Aarau, war ausgeliehen)

Offene Positionen: Zentrales (offensives) Mittelfeld.

Kandidaten: Daniel Didavi (VfB Stuttgart), Dennis Praet (RSC Anderlecht)

Das mit Abstand größte Fragezeichen im Kader der TSG betrifft den größten Star des Teams und das Herz der Offensive: Roberto Firmino ist zwar noch bis 2017 an Hoffenheim gebunden, nach 45 Scorer-Punkten über die vergangenen beiden Bundesliga-Spielzeiten winkt aber offenbar die große Bühne - Manchester United soll starkes Interesse haben.

Roger Wittmann, der Berater des 23-Jährigen, bestätigte den kolportierten Abgang gegenüber der Bild bereits vor einigen Tagen: "Ich kann nur sagen, dass er nach England wechselt."

Geht Firmino tatsächlich in diesem Sommer, muss Hoffenheim seine Offensive neu aufstellen. Kevin Volland könnte häufiger als hängende Spitze im Zentrum aushelfen, den möglichen Firmino-Nachfolger Daniel Didavi vom VfB loszueisen wird wohl schwierig - Stuttgart will den 25-Jährigen nicht verkaufen. Eine Alternative könnte Dennis Praet darstellen.

Belgischen Medienberichten zufolge hat Hoffenheim bereits im März ein Angebot über acht Millionen Euro abgegeben, Praets Klub, der RSC Anderlecht, verlangt aber angeblich zwölf Millionen. Auch Atletico Madrid und Manchester City sollen darüber hinaus interessiert sein. Auf den Flügeln wurde indes mit Freiburgs Jonathan Schmid bereits für mehr Tempo gesorgt.

Sollte aber Volland im Zentrum eingeplant sein, könnte sich hier noch etwas tun. Im zentralen defensiven Mittelfeld geht mit Sejad Salihovic zwar ein langjähriger Leader, der Bosnier war aber schon in der Vorsaison weitestgehend nur noch als Joker im Einsatz. Sebastian Rudy, Eugen Polanski und Pirmin Schwegler stehen für das Zentrum zur Verfügung, ein erfahrener Backup könnte für Salihovic dennoch kommen.

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Seite 3: Mittelfeld - Neuausrichtung nach Firmino?

Seite 4: Sturm - Fragezeichen neben Volland

Sturm

Das Personal: Kevin Volland, Adam Szalai, Sven Schipplock

Abgänge: Janik Haberer (VfL Bochum, Ausleihe), Anthony Modeste (1. FC Köln)

Zugänge: Joelinton (Recife)

Offene Positionen: Das Sturmzentrum.

Kandidaten: Mark Uth (SC Heerenveen)

Die gute Nachricht im Sturm gab es für die Kraichgauer schon vor dem letzten Saisonspiel gegen die Hertha, der angeblich unter anderem von Borussia Dortmund umworbene Kevin Volland verlängerte seinen Vertrag bis 2019.

"Dass wir einen Spieler, dessen herausragende Fähigkeiten auch Begehrlichkeiten bei zahlreichen anderen Klubs geweckt hatten, weiter an uns binden können, beweist nicht nur die Attraktivität der TSG 1899 Hoffenheim, sondern dokumentiert auch die Entwicklung, die der gesamte Verein zuletzt genommen hat", freute sich Sportchef Alexander Rosen.

Doch abgesehen von Volland, der durch den mutmaßlichen Firmino-Abgang noch mehr Verantwortung übernehmen muss, drückt der Schuh im Hoffenheimer Sturm gewaltig - namentlich im Sturmzentrum. Modeste ist, wie schon seit einigen Wochen erwartet, gegangen - der Wechsel zum 1. FC Köln ist perfekt. Janik Haberer wird nach einer Saison bei der zweiten Mannschaft an den VfL Bochum ausgeliehen.

Die beiden Alternativen Adam Szalai und Sven Schipplock erzielten in der vergangenen Saison sieben Saisontore - zusammengerechnet. Während Schipplock immer wieder kleinere Verletzungen plagten, enttäuschte vor allem der erst vor der Saison für sechs Millionen Euro vom FC Schalke verpflichtete Szalai. Gisdols damaliger "absoluter Wunschspieler" dürfte auch bei den Verantwortlichen viel an Kredit verspielt haben.

Dementsprechend signalisierte1899 frühzeitig Interesse an Mark Uth, der gebürtige Kölner spielte beim SC Heerenveen eine starke Saison: In 32 Ligaspielen erzielte Uth 15 Treffer und bereitete elf weitere Tore vor. Heerenveen bestätigte am Mittwoch, dass der Wechsel zur TSG inzwischen so gut wie perfekt ist. Uth selbst hatte zuvor verkündet, dass er nach Hoffenheim will, sein Vertrag bei Heerenveen würde noch bis 2016 laufen.

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