Unter Felix Magath schaffte Ricardo Rodriguez beim VfL Wolfsburg den Sprung in die Bundesliga. Mittlerweile ist er einer der begehrtesten Linksverteidiger Europas. Im Interview spricht der 22-jährige Schweizer Nationalspieler über den wichtigsten Trainer seiner Karriere, attraktivere Städte als Wolfsburg und De Bruynes Unentschlossenheit. Außerdem verrät er, wie La Roja ihm eine Ehre hätte bereiten können.
SPOX: Herr Rodriguez, gibt es aktuell eine Rodriguez-WG in Wolfsburg?
Ricardo Rodriguez: Momentan schon. Cico ist erst einmal bei mir untergekommen. Wenn es ihm gefällt, kann er solange bleiben, wie er möchte. Für mich ist das kein Problem. Wir verstehen uns sehr gut und ich denke, wir werden noch eine Zeit lang zusammen wohnen.
SPOX: Wie sieht der Alltag aus, wenn beide mal zuhause sind?
Rodriguez: Ganz unspektakulär. Wir gehen zusammen zum Training und anschließend fast immer gemeinsam essen. Es kommt auch oft vor, dass ich für uns koche. Ich bin ein besserer Koch als mein Bruder (lacht). Ansonsten unternehmen wir viel zusammen. Trotzdem hat jeder noch sein eigenes Leben.
SPOX: Wie ist es denn, wieder mit dem kleinen Bruder im gleichen Verein zu spielen, hat die Integration gut geklappt?
Rodriguez: Für mich ist es ein schönes Gefühl, dass er es zum VfL geschafft hat. Das ist auch für ihn ein wichtiger nächster Schritt in der Karriere. Trotzdem muss er hart an sich arbeiten. Es ist nicht einfach für ihn, aber deshalb unterstütze ich ihn so gut es geht. Ich bin für Cico eine Art Mentor und werde ihm immer helfen. Er wird sich hier durchsetzen, da bin ich mir sicher.
SPOX: Neben Francisco haben Sie mit Roberto noch einen fußballbegeisterten Bruder, der in Novara ebenfalls Profi ist. Haben Sie das Kicken im Kindesalter gemeinsam auf der Straße gelernt?
Rodriguez: Wir haben auf der Straße gespielt, wann immer es ging. In jeder freien Minute sind wir zusammen kicken gegangen. Unser Vater war auch immer eifrig mit dabei, wenn wir vor dem Haus gespielt haben. Wir hatten eigentlich nur Fußball im Kopf.
SPOX: Trotzdem war Ihre Kindheit gar nicht so unbeschwert. Sie kamen mit einer Zwerchfellhernie zur Welt und mussten früh operiert werden. Haben Sie das überhaupt bewusst wahrgenommen?
Rodriguez: Ich war zu dem Zeitpunkt noch sehr jung, sodass ich all die Sorgen nicht mitbekommen und auch keine Erinnerung daran habe. Dass man um mein Leben bangte, haben mir meine Eltern später erzählt.
SPOX: Sicher hat man die Luft angehalten, als Sie im jungen Alter mit dem Fußball begannen. Mussten Sie besonders vorsichtig sein?
Rodriguez: Anfangs gab es schon ein paar Probleme, der Fußball hat sie aber verdrängt. Ich war schließlich ein Kind. Wenn man so jung ist, denkt man nicht viel darüber nach. Ich habe mich nicht daran gestört, sondern einfach gespielt. Nach vielen Arztbesuchen in den ersten Jahren konnte ich letztlich aber wie ein normales Kind leben. Ich hatte wirklich großes Glück.
SPOX: An Profisport hat damals wohl noch keiner gedacht.
Rodriguez: Vielleicht hätten die Ärzte mich für verrückt erklärt, wenn ich ihnen gesagt hätte, dass ich mal Nationalspieler werde. Mir kann es aber egal sein. Ich habe das gemacht, was ich wollte und kann deshalb heute jeden Tag Fußball spielen. Es war also die richtige Entscheidung.
SPOX: Sie sind sehr früh Profi geworden. In Zürich haben Sie mit 17 Jahren Ludovic Magnin als Stammspieler vertrieben. Wurde Ihnen da bewusst, wie schnell alles ging?
Rodriguez: Definitiv, zumal die Situation keine einfache war. Ludovic war ein gestandener Profi, der gerade aus dem Ausland zurückgekommen war. Ich war nur ein junger Kerl, der das Ziel hatte, immer gut zu trainieren und sich zu empfehlen. Ich habe mich mit ihm aber gut verstanden. Für meine Entwicklung war es sicher das Beste, schon im jungen Alter einen so erfahrenen Konkurrenten zu haben und mich auch gegen ihn durchzusetzen. Letztlich habe ich die Chance genutzt.
SPOX: Das verhalf Ihnen auch zur Einladung in die Nati. Neben der schweizerischen Staatsbürgerschaft besitzen Sie aber noch die chilenische und die spanische. Gab es die Überlegung, vielleicht für eines der Heimatländer Ihrer Eltern zu spielen?
Rodriguez: Die Schweiz war ohnehin meine erste Wahl. Wenn Chile oder Spanien auf mich zugekommen wären, hätte ich es mir aus Respekt vor diesen Nationen zumindest angehört. Aber das war zu dem Zeitpunkt, als mich der ASF eingeladen hatte, einfach auch nicht der Fall. Die Schweiz hat sich sehr um mich bemüht, hat mir Vertrauen gegeben und ich bin sehr froh, für sie spielen zu dürfen. Das hat mir auch geholfen, nach Wolfsburg zu wechseln.
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SPOX: Als Sie mit 19 Jahren zum VfL kamen, war Ihr erster Trainer Felix Magath. Welchen Anteil hat er daran, dass Sie in der Bundesliga direkt Fuß gefasst haben?
Rodriguez: Von allen Trainern, die ich bisher hatte, war Felix Magath der wichtigste. Er wollte mich unbedingt und hat mich dann auch geholt. Das war gar nicht selbstverständlich, denn es ist auch ein Risiko, für einen jungen Spieler so viel Geld zu investierten. Aber er hat sich durchgesetzt. Wenn Magath was sagte, hat er es auch gemacht.
SPOX: Hat Ihnen das zu Beginn gleich die Nervosität genommen?
Rodriguez: Ja, denn ich wusste immer, woran ich bei ihm war. Nach nicht einmal zwei Wochen stand ich in Wolfsburg schon das erste Mal in der Startelf. Danach habe ich meinen Stammplatz nicht mehr verloren, selbst wenn ich mal schlecht gespielt habe. Er hat an mich geglaubt, das fand ich super. Ich danke ihm für alles, denn er hatte einen großen Anteil an meiner Entwicklung.
SPOX: Unter Lorenz-Günther Köstner verloren Sie Ihren Stammplatz vorübergehend an Marcel Schäfer. Hat Sie das als junger Spieler verunsichert?
Rodriguez: Köstner war ein spezieller Trainer. Er kannte mich nicht und hat vor allem die Spieler eingesetzt, mit denen er schon einmal zusammengearbeitet hatte. Das war legitim. Während andere dadurch einen Vorteil hatten, war die Situation für mich weniger schön.
SPOX: Mit Dieter Hecking ging es auch für Sie wieder steil bergauf. In kürzester Zeit sind Sie zu einem der begehrtesten Linksverteidiger Europas aufgestiegen. Wie empfinden Sie diese Entwicklung denn selbst?
Rodriguez: Mich ehrt es immer, wenn so über mich gesprochen wird. Im Endeffekt habe ich aber nicht mehr getan, als immer mein Bestes zu geben und dem Trainer zu zeigen, dass er auf mich setzen sollte. Ich fühle mich auf meiner Position wohl und bin glücklich, dass ich regelmäßig spiele.
SPOX: Gerade im Sommer kursieren immer viele Gerüchte. Ihr Name wurde in den letzten Wochen auch wieder häufig mit internationalen Vereinen in Verbindung gebracht. Wie sehr verfolgen Sie eigentlich, was über Sie geschrieben wird?
Rodriguez: Natürlich bekomme ich das mit und es ist auch schön zu hören. Das Interesse schmeichelt mir. Die Gerüchte sind aktuell aber nur Gerüchte. Es gibt keine Verhandlungen oder Angebote, schließlich bin ich hier in Wolfsburg und habe einen Vertrag bis 2019. Von daher denke ich im Moment an das Team und versuche alles für den Verein zu geben. Wenn es eine ernste Anfrage gibt, wird mir mein Berater das rechtzeitig mitteilen. Bis jetzt ist er aber noch nicht auf mich zugekommen.
SPOX: Timm Klose sagte, Kevin De Bruyne dürfe sich Sprüche anhören wie: 'Die Stadt Wolfsburg ist schöner als Paris.' Gibt es diese Scherze bei Ihnen auch schon?
Rodriguez: Mich trifft es auch das eine oder andere Mal, wobei das nicht so extrem ist wie bei Kevin. Außerdem kann ich nur bestätigen, dass Wolfsburg zum Fußballspielen wirklich schön ist, wenngleich es sicherlich auch größere und attraktivere Städte gibt (lacht).
SPOX: Würden Sie sich also damit beschäftigen, wenn ein größerer Verein vor Ablauf Ihres Vertrages auf Sie zugeht?
Rodriguez: Ich würde mir das Angebot in jedem Fall anhören. Das würde doch jeder machen. Im Moment bin ich mit meinen Gedanken aber voll beim VfL.
SPOX: Bei De Bruyne wurde über die Thematik zuletzt noch heftiger spekuliert. Lässt er die Mannschaft an seinen Gedanken teilhaben?
Rodriguez: Ich denke nicht, dass wir mit ihm darüber reden müssen. Es ist seine Entscheidung, bei der er keinen Rat von anderen braucht. Er soll das machen, was er für richtig hält. Er ist ein super Spieler und hat es verdient, dass alle Klubs auf ihn stehen - vor allem durch seine gute letzte Saison. Wir Mitspieler würden ihm aber nie sagen, wohin er wechseln soll oder nicht.
SPOX: Er wirkt nicht so, als habe er sich schon final entschieden.
Rodriguez: Ich weiß nicht, was er denkt, aber er vermittelt den Eindruck, als sei das Thema noch nicht vom Tisch. Kevin denkt sicher noch nach. Alles Weitere werden wir sehen, ich werde mich nicht einmischen.
SPOX: Ungeachtet dieser Personalie: Hat der VfL in dieser Saison den Anspruch, in der Liga am Ende ganz oben zu stehen?
Rodriguez: Natürlich muss das unser Ziel sein. Wir müssen jedes Spiel wie ein Finale sehen und wollen alles geben, um am Saisonende oben zu stehen. Die Bayern sind stark und haben überragende Einzelspieler. Im Fußball ist aber alles möglich - zum Beispiel, dass wir mit großem Willen und Zusammenhalt Meister werden. Ich denke, wir haben eine gute Chance.
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