Altbekannt und doch irgendwie anders

Ole Frerks
08. September 201513:07
Claudio Pizarro ist nach drei Jahren Unterbrechung wieder zurück in Bremengetty
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Der beste ausländische Torschütze der Bundesliga-Geschichte ist zum dritten Mal bei Werder Bremen. Warum hat sich Claudio Pizarro erneut für Werder entschieden, welche Rolle ist vorgesehen? Und kann er der Mannschaft überhaupt noch helfen? SPOX beantwortet fünf Fragen zur Pizarro-Verpflichtung.

Warum hat sich Pizarro für Bremen entschieden?

Es ist bloß einige Wochen her, da galt ein Transfer noch als unmöglich. Pizarro wolle unbedingt im Süden bleiben, hieß es. Daher schienen die vermeintlich einzigen Optionen Augsburg, Ingolstadt und (eigentlich unvorstellbar) 1860 München zu sein. In Augsburg wurde er sogar am Trainingsgelände gesichtet, eine Einigung kam jedoch nicht zustande.

In Bremen hielt man sich dementsprechend bedeckt und äußerte zu der Personalie lapidar: "kein Thema". Mit der Verpflichtung von Aron Johannsson war ein weiterer Transfer im Sturm ohnehin scheinbar vom Tisch. Thomas Eichin verriet am Montag auf der Pressekonferenz allerdings, dass Pizarro aufgrund seiner speziellen Verbindung zu Bremen in der Tat "immer ein Thema" gewesen sei.

Diese Verbindung hat letztendlich auch den Ausschlag gegeben, warum Pizarro andere Angebote ausgeschlagen hat. Er kennt die Stadt und den Verein bestens, war in Bremen bereits zweimal erfolgreich und hat die Identifikation mit dem Verein nie abgelegt. Auch als Bayern-Spieler jubelte er, wenn Werder im Nordderby gegen den HSV gewann - für die Fans ist er auch deshalb nach zwei Abgängen immer noch ein riesengroßer Sympathieträger.

Pizarro hat mitbekommen, was für ein Wirbel in der letzten Woche in Bremen entstand, als die Verpflichtung auf einmal doch wieder zum Thema wurde. Was für eine Euphorie seine Ankunft auslöste, als am späten Sonntagabend hunderte von Fans zum Bremer Flughafen pilgerten. Dieser Empfang wäre ihm allerhöchstens noch in seiner Heimat Peru bereitet worden.

Pizarro weiß das alles und entschied sich daher erneut für seine "zweite Heimat" Bremen, obwohl es national wie international lukrativere Optionen gab. Ihm geht es nicht mehr ums große Geld, wenngleich er bei Werder sicherlich umgehend zu einem der Topverdiener avanciert. Er will auch seine Familie nicht entwurzeln und bevorzugte daher ein Umfeld, das seine Kinder bereits kennen.

Zu guter Letzt will er einfach noch eine Weile kicken und sich nicht viele Gedanken darüber machen müssen, in was für eine Situation er nun geraten ist. Bei Werder weiß er von Anfang an, woran er ist. Mit Viktor Skripnik hat er schließlich sogar noch selbst zusammen gespielt. Damals, vor 15 Jahren...

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Welche Rolle/Position wird Pizarro in Bremen einnehmen?

Eichin machte auf der Vorstellungs-PK ziemlich deutlich, dass mit Pizarro als drittem Stürmer geplant wird. Fakt ist, dass er in seiner letzten Bayern-Saison wettbewerbsübergreifend nur noch 373 Minuten gespielt hat - das ist etwas mehr als vier Spiele von Beginn an.

Er selbst ist sich nicht ganz sicher, wie fit er ist: "Ich werde in den nächsten Tagen auf dem Platz sehen, wie mein Körper reagiert." Er habe in den letzten Wochen nur individuell trainiert. Es wäre daher vermessen zu denken, er würde von nun an jedes Spiel über 90 Minuten bestreiten können beziehungsweise müssen.

Auch als dritter Stürmer dürfte er aber relativ viel Spielzeit sehen, wenn der Körper standhält. Skripnik will immer mit zwei Stürmern spielen, mit Anthony Ujah und Johannsson standen ihm bisher allerdings nur zwei "Echte" zur Verfügung. Den Beiden hat Pizarro jede Menge Erfahrung voraus - und die wird er als Mentor auch versuchen weiterzugeben.

Denkbar ist zudem auch eine andere Rolle, die Pep Guardiola bei Bayern gelegentlich mit Pizza ausprobierte. Dabei agierte der Peruaner eher hängend, de facto sogar als Zehner. Da Werder im Mittelfeld nicht unbedingt mit einem Übermaß an Kreativität gesegnet ist, könnte Skripnik auch diese Variante ausprobieren.

Obwohl die die Bremer natürlich vor allem Tore sehen wollen, ist Pizarro abseits des Rasens nicht minder wichtig. Sein Trikot mit der Nummer 14 ist schon jetzt der Werder-Topseller. In den ersten drei Stunden nach seiner Verpflichtung wurden mehr Pizarro-Trikots verkauft als von jedem anderen Profi seit dem 1. Juli - für die klammen Bremer sicher nicht uninteressant. Für die Fans ist er zudem die personifizierte, wenn auch 36 Jahre alte, Hoffnung auf bessere Zeiten.

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Kann Pizarro den Bremern sportlich überhaupt weiterhelfen?

Mit seiner positiven Art ist Pizarro für die Mannschaft in jedem Fall ein Gewinn - es gibt kaum Spieler wie ihn, die jeden Anstoß mit einem breiten Grinsen angehen. Inwieweit er aber noch die Fitness mitbringt, um in der Bundesliga Woche für Woche einsatzbereit zu sein, steht auf einem anderen Blatt.

Die Bremer haben ihn natürlich getestet und Pizarros Körper war offensichtlich deutlich besser beisammen als der mancher Kollegen. Pizarro selbst sagt, dass er sich "sehr gut" fühlt und dass sein Körper es "braucht", wieder auf dem Platz zu stehen. Dennoch ist hier Geduld gefragt.

Was seine spielerische Qualität angeht, gibt es indes wenig Anlass zum Zweifel. Er hat in der letzten Saison kaum gespielt, was vielen Bayern-Fans eher sauer aufstieß - schließlich war er auch in München absoluter Publikumsliebling. Er ist nunmehr 36 Jahre alt und vermutlich ein wenig rostig nach einem Sommer ohne Team.

Er war gleichzeitig aber auch nie ein Stürmer, der von Schnelligkeit oder Athletik gelebt hat, vielmehr waren und sind Spielwitz, Kreativität und das Näschen seine wichtigsten Qualitäten. Diese dürften auch in seinem jetzigen Alter noch vorhanden sein.

Unterm Strich verhält es sich so: Werder bekommt nicht den Spieler zurück, der 2011/12 in seiner letzten Bremer Saison noch 18 Tore und 10 Vorlagen in 29 Spielen lieferte. Wer das erwartet, ist schief gewickelt - Eichin warnte dementsprechend auch, dass jetzt "nicht alle durchdrehen" sollen.

Werder bekommt vielmehr einen Spieler, der gelegentlich mal angeschlagen sein wird, der sein Alter spürt und nicht mehr Woche für Woche die Kohlen aus dem Feuer holen kann wie bei seinem letzten Aufenthalt in Bremen. In geringeren Dosen dürfte er aber auch jetzt noch effektiv sein und der jungen Mannschaft in schwierigen Situationen weiterhelfen. Daher ist die Verpflichtung auch aus rein sportlicher Sicht absolut sinnvoll.

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Was bedeutet die Verpflichtung für Johansson und Ujah?

Auf der Oberfläche nicht viel - die beiden sind weiter fest als Sturmduo eingeplant, das hat Eichin klar gemacht und auch Pizarro bereits akzeptiert. Allerdings entsteht durch Pizza zumindest im Ansatz ein Konkurrenzkampf. Vor seiner Ankunft hatte es den nicht wirklich gegeben, da außer den beiden nicht ein einziger echter Stürmer im Kader der Bremer zu finden war.

Das kann im Prinzip nur helfen, zumal Pizarro keiner ist, der über mangelnde Einsatzzeiten oder ähnliches mosern würde. Natürlich will er so viel spielen wie möglich, er wird es aber akzeptieren, wenn Skripnik ihn nicht von Anfang an aufstellt.

Zumal er den beiden auch auf eine andere Art helfen kann. Ujah ist schon länger in Deutschland und hat sich auch in Bremen sehr gut akklimatisiert, einige Tipps wird der beste ausländische Torschütze der Bundesliga-Geschichte aber auch ihm noch geben können. Für Johansson, der erst seit ein paar Wochen in Bremen beheimatet ist, gilt das umso mehr.

Pizza geht auf Leute zu, sucht das Gespräch und sieht sich mittlerweile selbst mehr als Elder Statesman, der sein Wissen bereitwillig teilt. "Wenn du viel erlebt hast, viel gewonnen hast, dann musst du das an die Jungs weitergeben", sagte Pizarro. "Das gehört dazu."

Von Pizarro als Mentor können die beiden Stürmer nur profitieren. Was den Konkurrenzkampf angeht... "Es würde nicht helfen, wenn sofort Pizarro-Rufe ertönen, wenn andere spielen", stellte Eichin klar, fügte aber auch hinzu, dass die Fans ihr "gutes Gespür" für die Situation beweisen würden.

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Hat Pizarro eine Zukunft in Bremen über dieses Jahr hinaus?

Das hängt natürlich vom Verlauf dieser Saison ab, aber vor die Tür setzen würden die Bremer einen der beliebtesten Spieler der Vereinsgeschichte nie im Leben. Wenn er eine starke Saison spielt und danach noch Lust hat, würde man ihn zweifellos auch ein weiteres Jahr im Sturm beschäftigen. Es sei denn, die Bayern melden sich ein drittes Mal...

Auch abseits des Feldes gäbe es für Pizza aber immer Möglichkeiten in Bremen. Er ist seit Jahren Anteilseigner der peruanischen Agentur Image und hat daher bereits Einblicke in den Beruf von Spielerberatern, wenngleich er als Profi natürlich nicht selbst in dieser Rolle auftreten durfte. Ein gewisses Interesse scheint aber da zu sein.

Ein Posten im Management - Werder bietet zusammen mit dem DFB eine Ausbildung zum Fußball-Manager an - oder internationalen Scouting etwa wären für Pizarro zweifellos denkbar, sollte er denn Interesse daran haben und nicht nach der Karriere doch wieder weiter in den Süden ziehen wollen. Dass er in Bremen ein Haus sucht und mit der ganzen Familie ("und den Hunden!") gekommen ist, spricht zumindest nicht für einen überstürzten Abschied.

Letzten Endes ist das aber alles Zukunftsmusik. Stand jetzt ist Pizarro Werders neuer alter Stürmer und will zumindest öffentlich noch nicht über die Zeit danach sprechen. "Ich schließe nie etwas aus, aber momentan bin ich Spieler und das zählt", sagte der Peruaner auf die Frage nach seiner Zukunft.

Er fiebert seinem ersten Einsatz in seiner zweiten Heimat entgegen, im Weserstadion vor einer altbekannten Kulisse. Vermutlich ist es schon am Sonntag gegen 1899 Hoffenheim so weit. Pizarro wird bereit sein.

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