SPOX: Ihr Berater war immer Ihr Vater. Vor den Verhandlungen im vergangenen Sommer begaben Sie sich aber zusätzlich in die Hände von Volker Struth beziehungsweise der Spielerberatung Sportstotal. Wie kam es zu diesem Wechsel?
Hahn: Es ist kein Wechsel, mein Vater ist und bleibt mein Berater. Wir haben uns nur jemanden dazu geholt, der mehr vom Geschäft versteht und uns besser reinführen kann. Erster Ansprechpartner vor allen wichtigen Entscheidungen ist weiterhin mein Vater. Wir sprechen immer über alles, egal ob es um mich geht, andere Spieler oder neue Optionen. Seine Meinung ist mir sehr wichtig, auch wenn er mir nie in irgendetwas reinreden würde. Er sagt immer: 'Überleg es dir, schlaf zwei Nächte drüber und sag mir dann deine Entscheidung. Erst dann sage ich, wie ich entschieden hätte.' Danach setzen wir uns hin, schreiben beide auf einen Zettel, für welche Variante wir uns entschieden haben und drehen gleichzeitig um. Witziger Weise stand bisher immer das Gleiche auf unseren Zetteln.
SPOX: Hatten Sie die Befürchtung, ohne Erfahrung in diesem Geschäft "über den Tisch gezogen" zu werden?
Hahn: Wir hatten keine Angst davor, über den Tisch gezogen zu werden, allerdings hat man ohne Vergleichswerte auch überhaupt keine Idee, was möglich ist und was nicht. Die Mitarbeiter von Sportstotal können perfekt abschätzen, wie es bei welchem Verein aussieht, welche Spieler kommen und welche gehen. Selbstverständlich hätte ich den Wechsel auch nur mit meinem Vater als Berater angehen können. Dazu muss man aber sagen, dass man als Spieler ohne festen Berater in einem riesigen Haifischbecken schwimmt. Jeden Tag bekommt man mehrere Anrufe von Beratern, die einem helfen und alles Mögliche für einen unternehmen wollen. Ein weiterer Faktor ist die Zeit. Mein Vater hat neben seiner Versicherungsagentur einen alten Hof, den er in Schuss hält. Da bedeuten die dauernden Reisen und Gespräche schon einen Stress, den ich ihm dauerhaft nicht antun wollte.
SPOX: Ein Grund, weshalb Gladbach Sie unbedingt wollte, ist Ihre Polyvalenz. Inzwischen liegt Ihre primäre Position allerdings nicht mehr auf den Außen, sondern im Sturm. Können Sie Ihre Stärken dort besser zur Geltung bringen?
Hahn: Mein größter Vorteil ist, dass ich da vorne überall stehen kann. Ich kann auf beiden Flügeln spielen, im Sturmzentrum oder als hängende Spitze. Wo ich meine Fähigkeiten besser entfalten kann, ist schwer zu sagen. Ich bin ein robuster Spieler, bin kopfballstark und kann mit meiner Schnelligkeit in die Tiefe gehen. Ich spiele dort, wo der Trainer mir das Vertrauen schenkt.
SPOX: Sie sind sogar einer der schnellsten Spieler der Liga. Verlieren Sie im Training auch schon mal ein Laufduell?
Hahn: Natürlich. Oft reicht es, wenn man einen Tick später reagiert als sein Gegenspieler. Dann kommt man nicht mehr vorbei, egal wie schnell man tatsächlich ist.
SPOX: Einer meiner Kollegen hat einmal gesagt: Der Hahn ist wie eine Dampfwalze - egal, ob der die Linie entlang sprintet, ins Kopfballduell geht oder abzieht - bei dem gibt es nur ganz oder gar nicht. Was halten Sie von dem Vergleich?
Hahn: Das ist gar nicht schlecht ausgedrückt. Mein Spiel besteht aus viel Herz, viel Leidenschaft. Ich komme über Kraft, Kampf, Physis, versuche immer voll reinzugehen und durchzuziehen. Wer zurückzieht, verliert, habe ich im Laufe meiner Karriere gelernt. Insofern kann man tatsächlich sagen, dass ich ein bisschen wie eine Dampfwalze bin.
SPOX: Kommen wir zur aktuellen Saison. Der Start ist mit drei Niederlagen denkbar schlecht verlaufen. Wie ist die Stimmung in der Mannschaft?
Hahn: Man darf das alles nicht überbewerten. Wir haben drei Spiele verloren. Darunter waren zwei Auswärtsspiele gegen gute Mannschaften und eine sehr unglückliche Niederlage gegen Mainz. Wir wissen um die Qualität in unserem Team und machen uns jetzt nicht verrückt. Wenn wir endlich das erste Erfolgserlebnis haben, geht es auch wieder bergauf.
SPOX: Welche Spieler gehen in der aktuellen Situation voran?
Hahn: Das kann man gar nicht so festmachen, viele Spieler zeigen sich und wenden sich an die Mannschaft. Martin Stranzl ist zum Beispiel trotz seiner Verletzung immer dabei und versucht, die jungen Spieler, denen eine solche Situation noch sehr nahe geht, aufzurichten.
SPOX: Dazu gehören auch Marvin Schulz und Andreas Christensen, die nach dem 0:4 in Dortmund im Fokus standen. Wie schwer war es, die beiden nach dem Spiel wieder aufzubauen?
Hahn: Wir haben da vor mehr als 80.000 Fans gegen eine der besten Mannschaften Deutschlands gespielt - das darf man nicht vergessen. In Dortmund zu verlieren, ist keine Schande. Deshalb hat niemand den Jungs einen Vorwurf gemacht. Ich freue mich sogar, dass sie sich mit ihren tollen Leistungen in der Vorbereitung für solche Einsätze empfohlen haben. Wir waren alle mal jung und wissen, wie wichtig Unterstützung in solchen Situationen ist.
SPOX: In Nico Schulz ist seit wenigen Wochen ein weiterer junger Spieler im Verein. Wie hat er sich in Gladbach eingefügt?
Hahn: Es ist nie einfach, so spät zu einer Mannschaft zu stoßen. Die Vorbereitung und das Trainingslager sind bereits vorbei, die Mannschaft hat sich gefunden. Nico hat sich aber wirklich gut eingefügt und trainiert unheimlich fleißig. Er wird sicher noch ein, zwei Wochen brauchen, bis er endgültig angekommen ist, aber er verfügt über Qualitäten, die uns in dieser langen Saison noch enorm weiterhelfen werden.
SPOX: Dazu gehört auch die Champions League, dort wartet eine Hammergruppe. Haben Sie die Auslosung mit Ihren Mannschaftskammeraden zusammen geguckt?
Hahn: Einige von den Jungs haben zusammen geschaut, ich war aus persönlichen Gründen bei der Familie meiner Freundin und habe dort die Auslosung verfolgt. Als die Gruppe feststand, musste ich schon etwas grinsen, genau so etwas wünscht man sich doch: sich mit den Großen zu messen.
SPOX: Sehen wir Gladbach auch im Achtelfinale?
Hahn: Es ist noch viel zu früh, um irgendwelche Prognosen abzugeben. Jetzt freuen wir uns erstmal wahnsinnig auf die Spiele. Vor allem die Partien im Borussia-Park werden Feiertage, denen die ganze Stadt entgegenfiebert. Aber eins ist auch sicher: Wir wollen die Großen ärgern und können versprechen, dass wir keine Punktelieferanten sind.
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