SPOX: Vor dem Trainingslager in Lagos haben es einige Spieler dennoch versäumt, die individuellen Trainingspläne einzuhalten. Auch wenn es kein großes Problem darstellte: Ist das sinnbildlich für die zwei, drei Prozent, die im Vergleich zur letzten Saison aktuell vielleicht noch fehlen?
Caligiuri: Das kann man nicht auf das gesamte Team beziehen. Die Spieler, die diese Pläne nicht komplett erfüllt haben, wissen selbst Bescheid und haben im Trainingslager gezeigt, dass sie gewillt sind, die Arbeit nachzuholen. Ich hatte jedenfalls den Eindruck, dass alle Vollgas gegeben haben, um sich für die Rückrunde anzubieten.
SPOX: War der Aufbruch ins Trainingslager für viele aber auch noch einmal mit einer besonderen Erinnerung an Junior Malanda verbunden? Sie selbst haben am Jahrestag seines Todes auch ein Gedenkbild auf Facebook gepostet.
Caligiuri: Das war auf jeden Fall ein sehr emotionaler Tag. Junior ist und bleibt für immer in unseren Herzen und das haben wir auch noch einmal zum Ausdruck bringen wollen. Zu Ehren von Junior haben wir eine Gedenkminute abgehalten, in der jeder für einen Moment in sich gehen konnte. In dem Augenblick spielen alle Gefühle des letzten Jahres noch einmal mit. Das ist auch gut, um so einen tragischen Fall zu verarbeiten. Trotzdem geht es auch für uns immer weiter. Uns stehen noch viele Aufgaben bevor.
SPOX: Sie sind 28, es ist Ihre erste Champions-League-Saison. Sind diese Spiele vom Gefühl und der Aufregung her noch einmal ganz anders oder sind Sie mittlerweile aus dem Alter raus, in dem man wegen einem Fußballspiel noch nervös wird?
Caligiuri: Kann man jemals aus diesem Alter raus sein? (lacht) Die Champions League ist die größte Bühne in Europa. Jeder Spieler hat den Traum, einmal dort spielen zu dürfen. Ich hatte im ersten Spiel auch schon Gänsehaut.
SPOX: Wie war es dann erst, als Sie Ihr erstes Champions-League-Tor ausgerechnet im Old Trafford erzielten?
Caligiuri: Das war unbeschreiblich. Aber es bleibt nun immer Teil meiner Geschichte.
SPOX: Im Achtelfinale treffen Sie mit dem VfL auf Gent. Sie sind klarer Favorit, oder?
Caligiuri: Ich muss zugeben, dass ich Gent bisher noch nicht wirklich habe spielen sehen. Sie sind aber nicht ohne Grund in die K.o.-Phase eingezogen, sodass es sicher zwei spannende Spiele werden. Trotzdem haben wir gute Chancen, eine Runde weiterzukommen.
SPOX: Und dann?
Caligiuri: Sollte uns das gelingen, muss man schauen, wie weit die Reise geht. Leverkusen hat beispielsweise auch gezeigt, dass man selbst gegen Barcelona etwas holen kann. Es kommt immer auf die Tagesform an. Wir wollen auf alle Fälle solange wie möglich dabei bleiben - und auch in den nächsten Jahren weiterhin gegen diese Top-Teams antreten.
SPOX: Das klingt, als planen Sie bereits über Ihren Vertrag hinaus. Der läuft aktuell bis 2017. Gibt es denn schon Gespräche in diese Richtung?
Caligiuri: Nein, bis jetzt noch nicht. Darüber mache ich mir aber keine großen Gedanken. Wenn ich meine Leistung weiter bringe, wird man sicher auf mich zukommen.
SPOX: Ihre persönliche Tendenz ist also klar?
Caligiuri: Ich fühle mich zusammen mit meiner Freundin pudelwohl in Wolfsburg. Es ist ein super Verein mit tollen Fans und auch das Umfeld passt perfekt.
SPOX: Dann können Sie ja jetzt das Thema Nationalmannschaft in Angriff nehmen. Immerhin haben Sie eine doppelte Chance.
Caligiuri: Wenn ich für eine Nationalmannschaft auflaufen könnte, wäre ich glücklich - egal, welche das ist.
SPOX: Aber fühlen Sie sich eher deutsch oder italienisch?
Caligiuri: Beides gleichermaßen. Wenn es soweit ist, mache ich mir noch einmal Gedanken.
SPOX: Sie standen schon einmal kurz davor, für Italien aufzulaufen. Antonio Conte hat Sie im vergangenen Mai ins Trainingslager eingeladen. Wieso reichte es nicht für den endgültigen Kader?
Caligiuri: Das kann ich Ihnen leider auch nicht beantworten, weil ich nach meiner Abreise nichts mehr vom Trainer oder Verband gehört habe. Es wurden nur die Spieler angerufen, die später auch bei den Länderspielen dabei waren. Einen Grund habe ich nicht erfahren.
SPOX: Wie groß war die Enttäuschung darüber, dass Sie nicht wenigstens eine persönliche Absage erhielten?
Caligiuri: Gerade nach so einem Jahr mit dem Pokalsieg und der Vizemeisterschaft, zu dem ich auch einen kleinen Teil beigetragen habe, war ich natürlich auch enttäuscht. Der Reiz, noch einmal eingeladen zu werden, ist jetzt aber umso größer.
SPOX: Theoretisch dürften Sie ja auch noch für den DFB spielen.
Caligiuri: Das stimmt, aber ich möchte nicht anfangen, zu spekulieren. Damit darf man sich nicht verrückt machen. Ich werde einfach weiter alles geben - vielleicht komme ich meinem Traum dadurch doch noch einmal näher.
SPOX: Machen Sie sich manchmal Gedanken, warum andere Spieler, die im Verein vielleicht sogar auf deutlich weniger Spielzeit kommen als Sie, regelmäßig beim DFB dabei sind, Sie selbst aber noch nie eingeladen wurden?
Caligiuri: Natürlich bemerkt man das. Es bleibt mir aber nichts anderes übrig, als das zu akzeptieren. Das sind die Entscheidungen der Nationaltrainer. Ich gebe weiter alles, um vielleicht dann beim nächsten Mal dabei zu sein.
Daniel Caligiuri im Steckbrief