Das, was die Stativ an Stativ aufgereihten Kameras einfangen, was die Journalisten im bis auf nicht mehr existente letzte Plätze gefüllten Mediencenter an der Säbener Straße 53 hören wollten, es kam. Direkt und schnell und ohne heißen Brei.
"Der Grund, dass ich meinen Vertrag nicht verlängere, ist sehr einfach: Ich will in England in der Premier League trainieren." Dann nochmal. "Ich will in England in der Premier League trainieren. Das ist der einzige Grund!" Guardiola nickte, grinste und blickte in die Runde.
Keine Spur mehr vom leicht nervbaren Coach, den Guardiola ob der unzähligen Nachfragen zu seiner Zukunft vor der Winterpause oft geben musste. Dafür ausführliche Antworten. Neue Restaurants, Städte und Leute wolle er kennenlernen, neue Situationen meistern, ja auch für seine Kinder sei es gut. "Ich brauche in diesem Moment meiner Karriere diese Herausforderung", sagt Pep. "Drei Jahre sind genug."
Jenseits der herkömmlichen Horizonte
Drei Jahre bei einem Klub, bei dem er alles hat, wie er sagt. Der ihm rote Teppiche ausgerollt und Blankoschecks vorgelegt hätte. Mit einem Kader zum Zungeschnalzen, wie er sagt. Und doch zieht Pep weiter. Eben weil es ihm nicht um Geld geht, oder Spieler.
Es ist hinlänglich bekannt, dass Guardiola in Zyklen denkt. Ebenso dürfte es sich herumgesprochen haben, dass der Katalane nicht so tickt wie viele, vielleicht alle seiner Trainerkollegen. Dass er ein Besessener ist, ein genialer Trainer, ein Ästhet, im Kosmos Fußball für manche ein Künstler. Und doch geht es über die Grenzen der Vorstellung, oder zumindest des Verständnisses, vieler hinaus, wirbelt es die Horizonte der nach Erfolg lechzenden Branche durcheinander, dass der größte Trainer der Welt sich nicht um die größtmögliche Trophäensammlung schert.
Das alles, für ein "Gefühl"? Den Wunsch, allem Errichteten den Rücken zu kehren, um wieder bei null zu starten?
Ja. Denn bei aller Lockerheit, die Guardiola nach seinem Urlaub in der Heimat versprühte, allen Scherzen zum Trotz - er hätte ja schon früher gesprochen, jeder habe schließlich gewusst, dass er nach Barcelona fliegt, am Flughafen habe er aber keinen Reporter gesehen -, erinnerte er an seinen Grundgedanken: Er ist hier, um die Spieler besser zu machen. Um ihnen sein Verständnis des "Wahnsinnssports" Fußball zu vermitteln. Um etwas aufzubauen.
Nicht, um Triple an Triple zu reihen. Nicht, um gegen das Erbe von Jupp Heynckes zu kämpfen. Oder gegen das der anderen, großen Trainer der Vergangenheit des Rekordmeisters. "Ich", sagt Guardiola, "werde nur ein kleiner Teil der Geschichte dieses Vereins sein."
"Das ist nun mal so, das akzeptiere ich"
Das weiterhin, gerade jetzt und gerade wegen des Abschieds, die Erwartungshaltung den Henkelpott einschließt, damit hat sich der Spanier längst abgefunden. "Für die Fans und die Medien ist es klar: Wenn wir nicht die Champions League gewinnen, dann wäre meine Zeit hier nicht komplett. Ich weiß das. Das ist nun mal so, das akzeptiere ich."
Deutlich wird Guardiola dann: "Die Champions League ist Momentum." Zwei Spiele, Tagesform. Drei Spielzeiten, 51 Hinrundenspiele mit einer einzigen Niederlage - das ist es, was Euphorie in Guardiolas Ausführungen mischt. Immer wieder sagt er es, 51 Spiele, ein Niederlage, und reckt jedes Mal einen einsamen Zeigefinger in die Luft. Wahnsinn sei das, nach der Triple-Saison. "Das ist mehr wert als die Champions League. Das werde ich nie wieder erreichen", verkündet er und lacht fast ungläubig.
Die Meisterschaft sei nach wie vor der wichtigste Titel. Auf die Nachfrage, ob ein Grund für seinen Abschied sei, dass die ihn die Bundesliga unterfordere, blitzt er kurz auf, der genervte Pep. "So schwer, so schwer", sei es, und als Guardiola das nicht genug ist, schiebt er ein "so difficult" dazwischen. So schwer sei es, die Bundesliga zu gewinnen. "Vielleicht denken die Medien und Fans, dass es langweilig ist."
Risiko statt gemachtes Nest
Fünf Monate hat Guardiola, um die so schwere Aufgabe zu meistern. Vielleicht sogar weniger. Dann wird er den Rekordmeister verlassen. "Ich hoffe sehr", sagt Guardiola und faltet die Hände wie zu einem Gebet, "Karl-Heinz Rummenigge ist nicht traurig und versteht mich." Wieder sagt er es: "Es geht nicht ums Geld oder bessere Spieler oder was auch immer: Ich brauche einfach eine neue Herausforderung. Es ist gut für alle."
In England, wo die Breaking-News-Banner auf den Webseiten schon Minuten nach der Äußerung seines Wunsches um die Wette blinkten, wird Guardiola also von vorne anfangen. In einer Mannschaft - und es ist egal, welchem Klub er sich anschließen wird -, deren Spielermaterial fußballerisch nicht an Bayern oder Barcelona heranreichen wird.
"Ich weiß, dass es ein Risiko für mich ist", sagt er, nickt und mustert wieder die Runde. Die Journalisten, die Stativ an Stativ stehenden Kameras. "Aber deshalb mag ich das. Es war auch ein Risiko, nach dem Triplegewinn zu Bayern zu gehen. Das war schwierig. Aber mich reizt das." Und dann kommt es wieder: "Ich brauche neue Herausforderungen."