Alternative Liste: 578 Minuten. Das sind gut neuneinhalb Stunden. Was man in neuneinhalb Stunden machen kann: Von Berlin nach Miami fliegen, beispielsweise. Oder von der SPOX-Redaktion aus nach Paris aufbrechen, in Augsburg merken, dass man den Geldbeutel vergessen hat, umkehren, den Geldbeutel holen und trotzdem noch rechtzeitig ankommen. Oder sich die komplette zweite Staffel Game of Thrones am Stück geben. Extensiver Klogang inklusive. Wenn man Fan von Hannover 96 ist, konnte man sich alternativ auch anschauen, wie die eigene Mannschaft im eigenen Stadion 578 Minuten kein Tor schießt. Fünfhundertachtundsiebzig Minuten! Neuneinhalb Stunden! Der niedersächsische Erlöser an jenem denkwürdigen Apriltag beim 2:0-Sieg gegen Gladbach: Waldemar Anton.
WOHIN MIT DEN EMOTIONEN?!: Mit den ganzen Guten wär's ein bisschen zu unfair, hatte sich Thomas Tuchel vor dem Spiel gegen den HSV wohl gedacht - und schickte zum ersten Mal die beiden 17-Jährigen Felix Passlack und Christian Pulisic von Beginn an aufs Grün. Ein bisschen Demütigung muss dann aber doch sein, dachte sich daraufhin wohl eben erwähnter Pulisic - und traf zur Führung. Mit 17 Jahren und 212 Tagen ist er der viertjüngste Torschütze der Bundesliga-Geschichte. Nur Nuri Sahin, Timo Werner und Julian Draxler waren jünger. Logisch, dass der Torschütze ob seines Treffers nach Abpfiff komplett durchdrehte: "Ich freue mich sehr über mein erstes Tor, das ist ein tolles Gefühl." Glauben wir.
Koan Rekord: Auch ganz erfolgreich: David Alaba. Der machte beim 3:0 gegen Schalke die 100 Ligasiege voll - mit 23,8 Jahren! Genauer gesagt mit 8.697 Tagen. Und ist damit der jüngste Münchner, dem dieses Kunststück gelang. Manuel Neuer durfte sich gegen seinen Ex-Klub im 313. Bundesligaspiel schon über den 200. Sieg freuen. Rekord? Nö. Ein gewisser Bastian Schweinsteiger schaffte das in 311 Partien.
Legenden unter sich: Über manche Leute macht man keine Witze. Über lebende Legenden wie Claudio Pizarro zum Beispiel, der mit 102 Treffern jetzt alleiniger Rekordtorschütze für Werder Bremen ist. Oder über Sandro Wagner. Weil erstens langsam alle Witze aufgebraucht sind - und zweitens 14 Torbeteiligungen in den letzten 14 Ligaspielen (zehn Treffer und vier Assists) mehr gut als albern sind. Schade eigentlich.
27 zu 35.464: Einer, der von Sandro Wagner noch was lernen kann, ist Robert Lewandowski (Tjaha, da lag doch noch einer rum...). Gegen Schalke traf der Knipser von Warschau zum siebten Mal in einer Bundesligapartie zum 1:0 - Höchstwert! Außerdem: Nur zwölf Spieler in der Geschichte der Bundesliga trafen öfter mehrfach in einem Spiel, Lewy gelang das jetzt 29 Mal. Insgesamt steht die Münchner Tormaschine jetzt bei 27 Treffern nach 30 Spieltagen, das schaffte zuletzt Dieter Müller für Köln. 1977. Vor 39 Jahren! Oder 35.464 Heimtoren von Hannover. Ganz schön lang.
Fugg you, Stuttgart: Es ist dem VfB durchaus hoch anzurechnen, zur zweiten Halbzeit gegen den FCA überhaupt wieder aus der Kabine gekommen zu sein. Warum? Weil's da warm ist und es Bananen gibt? Auch. Aber hauptsächlich: Spätestens als Augsburgs Alfred Finnbogason die Pille mit all der ihm gegebenen Geschmeidigkeit zum 1:0 Halbzeitstand über die Linie murmelte, hätten sich die Gäste das restliche Elend auch sparen können. Schließlich lautet die Augsburger Heimspielbilanz nach Halbzeitführung in der Liga: 20 Siege, drei Remis, null Niederlagen. Hinzukommt, dass die Stuttgarter jetzt sieben Spiele am Stück gegen die Fuggerstädter verloren haben. Den letzten Satz nochmal lesen und wirken lassen.
Hast du Scheiße am Fuß...: Mit 0:3 gegen Partykanone Pulisic & Co. unterzugehen war definitiv noch das Geilste, was dem HSV am Sonntag passiert ist. Wir erinnern uns: Am Wochenende steht das relativ prestigeträchtige sowie überlebenswichtige Nordderby in Bremen auf dem Plan - und die sind nur noch drei Punkte weg. Keeper Rene Adler wird nach seiner ersten Roten Karte im 236. Bundesligaspiel jedoch fehlen. Auch fraglich, weil frisch verletzt, sind Albin Ekdal, Pierre-Michel Lasogga und Nicolai Müller. Wer jetzt tapfer Optimismus in der Form Hanseaten sucht, dem sei gesagt: Meh. Vier der letzten fünf Ligapartien gingen in die Hose.
Resterampe:
- Köln schießt nach 429 torlosen Minuten wieder ein Tor gegen Mainz - und dann sogar drei. Wie wir das finden? Hannoveresque!
- Thomas Tuchel darf sich in seinem 200. Bundesligaspiel über das 300. Tor freuen. Wie wir das finden? Wir freuen uns einen Pulisic.
- Kevin Kampl erzielt beim 3:0 gegen Frankfurt das 2100. Tor in Leverkusens Bundesliga-Geschichte. Wie wir das finden? Ja.
- Giulio Donato macht gegen die Kölner sein 50. Bundesligaspiel. Wie wir das finden? Wir sind uns nicht sicher...
- Der BVB bleibt als einziges Bundesligateam zuhause ungeschlagen und stellt 41 Punkten aus 15 Heimspielen einen neuen Rekord auf. Wie wir das finden? Das. Ist. Schön. Das ist wunderschön.
- Der FC Bayern gewinnt auch das 10. Bundesligaspiel nach einem Einsatz in der Champions League - bei einem Torverhältnis von 29:2. Wie wir das finden? Endgeil.
Der 30. Spieltag im Überblick