SPOX: Herr Gondorf, die Lilien kehrten im Sommer nach 33 Jahren in die Bundesliga zurück, galten aber als Abstiegskandidat Nummer 1. Nun hat man bereits am 33. Spieltag den Klassenerhalt perfekt gemacht. Wie ist das Ganze einzuordnen?
Jerome Gondorf: Das muss man noch höher bewerten, als unsere beiden Aufstiege in den vergangenen beiden Jahren. Wir haben mit Abstand den kleinsten Etat in der Liga, alle Experten haben uns die Bundesligatauglichkeit abgesprochen. Was wir nun in dieser Saison rausgeholt haben, auch unter Berücksichtigung der Möglichkeiten hier in Darmstadt, das ist einfach phänomenal. Man kann das Ganze ein wenig gleichsetzen mit dem Titelgewinn von Leicester City in England. Nicht umsonst heißt es, wir seien das Leicester aus Deutschland. Dieser Vergleich ist durchaus angebracht, wenn man den Klassenerhalt einordnen will. Es war in drei Jahren das dritte Wunder in Darmstadt.
SPOX: Gab es irgendein Schlüsselerlebnis, nachdem Sie erstmals das Gefühl hatten, dass der SVD tatsächlich die Klasse halten kann?
Gondorf: Bereits nach Hinrunde hatte ich ein sehr gutes Gefühl, weil wir gemerkt haben, dass wir absolut konkurrenzfähig sind und in dieser Liga durchaus bestehen können. Kein Gegner hatte uns bis dahin an die Wand gespielt, selbst der FC Bayern tat sich schwer bei uns am Böllenfalltor. Beim BVB haben wir sogar einen Punkt mitgenommen. Natürlich hatten wir in den ersten Partien ziemlichen Respekt, aber anschließend hatten wir immer mehr die Überzeugung, dass wir zurecht in der Bundesliga spielen. Nach einer ordentlichen Hinrunde hatten wir uns zum Ziel gesetzt, in der Rückrunde nicht einzuknicken. Wir haben zwar immer mal ein oder zwei Spiele verloren, aber eine Serie von drei, vier oder fünf Niederlagen am Stück hatten wir nicht. Das war mit auschlaggebend für den Klassenerhalt.
SPOX: 5000 Fans sind von Darmstadt mit nach Berlin gereist und feierten die Mannschaft bereits im Olympiastadion nach dem Schlusspfiff. Bei der Ankunft der Spieler am Samstagabend in Darmstadt warteten eine weitere Vielzahl von Anhängern. Was geht einem da durch den Kopf?
Gondorf: Das war gigantisch, auf unsere Fans ist einfach verlass. Was da los war - Wahnsinn. Wir hatten zuvor schon über die Social-Media-Kanäle mitbekommen, dass einige Fans in der Stadt auf uns warteten, aber dass es so überwältigend wird, hätten wir auch nicht gedacht. Es war eine super Stimmung und der Bus hat ordentlich gewackelt.
SPOX: Gefeiert wurde ja bereits im Flugzeug. Der Abflug aus Berlin hatte sich ein wenig verzögert. Was genau war da los?
Gondorf: In unserem Flieger waren neben der Mannschaft auch einige Darmstadt-Fans, daher war die Stimmung recht ausgelassen. Vor dem Start wurden die Damen, die die Sicherheitshinweise vortragen mussten, immer wieder durch Gesänge unterbrochen. Daher hat sich das Ganze ein wenig verzögert, aber es war alles halb so wild.
SPOX: Was ist denn nun am 34. Spieltag gegen Borussia Mönchengladbach in Darmstadt geplant?
Gondorf: Ich gehe davon aus, dass wir die nächste große Sause mit den Fans feiern. Natürlich erst nach den 90 Minuten. Wir können das Spiel zwar beruhigt angehen, wollen uns aber mit einem Sieg bei unseren Anhängern für die einzigartige Unterstützung in diesem Jahr nochmal bedanken. Im Anschluss geht's auf den Karolinenplatz und zum Ratskeller, in der Stadt wird also sicherlich nochmal einiges los sein.
SPOX: Und dann geht's wieder mit der gesamten Truppe nach Mallorca?
Gondorf: Es ist zumindest in die Richtung von einigen etwas geplant. Wobei viele auch froh sein dürften, nach dieser unglaublich intensiven und kräftezehrenden Spielzeit einfach mal abzuschalten. So eine Bundesligasaison geht schon arg an die Substanz, zumal wir auch nicht wirklich die Möglichkeiten besitzen, dem einen oder anderen Spieler mal eine Pause zu gönnen. Insofern ist es für meinen Körper besser, wenn ich nicht mit nach Mallorca fliege, sondern mit der Familie in Italien entspanne. (lacht)
SPOX: Mit drei Toren in den letzten fünf Spielen avancierten Sie zu einer entscheidenden Figur im Kampf um den Klassenerhalt. Woher kommt die neugewonnene Torjägerqualität?
Gondorf: Mein Spiel habe ich jedenfalls nicht großartig umgestellt. Aber ich habe ja schon immer gesagt: Ich schieße nicht viele Tore, aber ich treffe, wenn es wichtig wird. (lacht) Mein Treffer beim HSV hat uns letztlich einen überaus wichtigen Sieg gebracht und der Ausgleich am Samstag bei der Hertha war jetzt auch alles andere als unbedeutend. Insofern bin ich froh, dass ich in diesen Spielen getroffen habe und auch gar nicht böse darum, dass ich am Ende nur drei Saisontore erzielt habe. (lacht)