Unter erschwerten Bedingungen

Von SPOX
Maik Walpurgis ist der neue Trainer des FC Ingolstadt
© getty

Der FC Ingolstadt überrascht bei der Vorstellung des neuen Trainers ganz Fußball-Deutschland. Mit Maik Walpurgis soll ein No-Name-Trainer die Schanzer vor dem Abstieg retten. Die Vita des 43-Jährigen ist überschaubar. Auch die Suche hätte reibungsloser ablaufen können.

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Thomas Linke hat eine beschissene Woche hinter sich. Sowohl beruflich als auch privat lief nahezu alles gegen den Sportdirektor des FC Ingolstadt. Da war zum einen der Auftritt seiner Mannschaft gegen den FC Augsburg. Vor heimischer Kulisse kassierten die Schanzer die neunte Ligapleite der jungen Saison und stehen somit nach elf Spieltagen immer noch mit zwei Pünktchen da. Zu wenig für den Bundesligisten.

Linke zog die Handbremse und setzte den mit großen Ambitionen in die Saison gestartete Markus Kauczinski vor die Türe. Ein klärendes, persönliches Vier-Augen-Gespräch gab es nicht. Nicht weil Linke sich drücken wollte, die Gesundheit machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Eine fette Grippe inklusive Fieber, Schüttelfrost, Glieder- und Halsschmerzen fesselte Linke mehrere Tage ans Bett und behinderte auch die Suche nach einem Nachfolger.

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In der Geschäftsstelle wollte er aufgrund der Ansteckungsgefahr nicht erscheinen. Deshalb blieb Linke auf der Couch. "So wirklich hundertprozentig bin ich noch nicht wiederhergestellt", sagte der 46-Jährige am Freitag, "aber seit dem Wochenbeginn kann ich zumindest wieder telefonisch eingreifen."

Suche unter erschwerten Bedingungen

Dennoch müsse er die Anzahl und die Dauer der Telefonate "wegen der Halsschmerzen" dosieren, erklärte er dem Donaukurier. Wirklich ergiebig sollen diese Telefonate nicht gewesen sein. Von unzähligen Absagen war in den Medien die Rede. Michael Frontzeck. Mike Büskens. Franco Foda. Mirko Slomka. Jos Luhukay.

Am Samstag tauchte Linke erstmals wieder in der breiten Öffentlichkeit auf. Im Schlepptau hatte er schon einen neuen Trainer. Es war allerdings keiner der Arrivierten, über deren Namen im Vorfeld spekuliert worden waren. Er präsentierte bei der Pressekonferenz Maik Walpurgis als neuen Chefcoach der Schanzer. "Es war eine Suche unter erschwerten Bedingungen, doch der gesamte Verein blieb ruhig und besonnen", begann der Sportdirektor seine Rede: "Wir sind glücklich, heute mit Maik Walpurgis einen neuen Trainer präsentierten zu können. Wir sind felsenfest von ihm überzeugt."

Linke zauberte somit einen No-Name-Trainer aus dem Hut, den kein Experte auch nur annähernd auf dem Zettel gehabt hatte. Denn eine wirklich pompöse Vita hat der 43-Jährige auf den ersten Blick nicht. Bereits mit 18 Jahren musste Walpurgis seine aktive Karriere aufgrund zahlreicher Verletzungen beenden. Er schlug schnell den Weg des Trainers ein und übernahm bereits mit 26 Jahren die erste Mannschaft im Seniorenbereich.

Nachfolger einer Legende

Seine erste Station war der SC Herford. Von dort aus führte sein Weg über Gütersloh und Bielefeld nach Lotte, wo er von 2008 bis 2013 arbeitete. Dort übernahm er das Team in der Regionalliga West und formte aus ihm innerhalb von wenigen Monaten eine Spitzenmannschaft, die vier Jahre in Folge unter den Top drei landete. 2013 folgten Highlight und Tiefpunkt zugleich. Nach einer starken Saison landeten die Sportfreunde auf Rang eins, scheiterten in der Relegation jedoch an RB Leipzig.

Ein schmutziger Abschied folgte. Walpurgis wollte nach dem verpassten Aufstieg den Verein verlassen und berief sich auf eine mündliche Abmachung mit dem Verein. Von dieser wollte der Klub jedoch nichts wissen. Erst nach zähen Verhandlungen ließen die Sportfreunde den Trainer in Richtung des VfL Osnabrück ziehen. Dort trat Walpurgis 2013 die Nachfolge von Klublegende Pele Wollitz an.

Beim Drittligisten blieb Walpurgis zwei komplette Spielzeiten. Während er im ersten Jahr jedoch noch auf Rang fünf landete, rutschte er 2014/2015 auf den zehnten Platz ab. Nach einem schwächeren Saisonstart im folgenden Jahr setzte ihn der Klub vor die Türe. Seitdem war der 43-Jährige ohne Job. Erfahrungen in der 1. oder 2. Liga konnte er bislang weder in Deutschland noch im Ausland sammeln. Die Verantwortlichen des FCI sahen darin kein Problem. Sie unterstrichen bei der Vorstellung vielmehr, dass sie von der Spielidee des Trainers überzeugt sind.

"Wollen Geschichte schreiben"

"Unser Weg, den wir nun schon einige Jahre beschreiten, war manchmal steinig, aber wir wurden in der Vergangenheit dafür belohnt. Wir spielen unser zweites Jahr in der Bundesliga, auch dank vieler junger und hungriger Trainer und Spieler mit Potenzial und dem Willen, dorthin zu kommen", erklärte Harald Gärtner, Geschäftsführer Sport: "Wir haben uns nun auch auf der Trainerposition für einen Mann mit viel Ehrgeiz und Vision entschieden, der alle Gremien in den Gesprächen auf ganzer Linie überzeugt hat."

Die fehlende Routine soll Michael Henke ausgleichen. Dieser übernahm das Team zuletzt übergangsweise und rückt nun zurück ins zweite Glied. Sein reicher Erfahrungsschatz soll Walpurgis, der seinen langjährigen Co-Trainer Ovid Hajou mit in die Donaustadt bringt, helfen. "Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit dem gesamten Team. Michael Henke wird ein wichtiger Ansprechpartner sein", so Walpurgis.

Er wolle nun zunächst eine Ist-Analyse durchführen und sich mit dem Umfeld vertraut machen. Am Montag um 16 Uhr folge das erste Training unter seiner Leitung. "Wir wollen aktiven Fußball spielen und die Mannschaft dahin führen, dass sie Ausstrahlung auf dem Platz hat und wieder erfolgreich ist", erklärte Walpurgis seinen Spielstil.

Genug Zeit, um diesen zu implementieren hat der Trainer in der aktuellen Saison noch. Doch die Statistik spricht gegen Ingolstadt. Noch nie gelang einem Bundesligisten mit zwei Punkten nach elf Spieltagen noch der Klassenerhalt. Das bescheidene Ziel sei laut Walpurgis deshalb klar: "Wir wollen wieder Geschichte neu schreiben."

Maik Walpurgis im Steckbrief

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