"Ihre sportliche Vita interessiert mich nicht"

Rouven Schröder ist seit Sommer offiziell Sportdirektor beim 1. FSV Mainz 05
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SPOX: Wie schon in Fürth leben Sie auch in Mainz im Hotel, Frau und Kinder sind weiterhin im Norden. Wird das so bleiben?

Schröder: Es gibt keinen Zeitplan, wann oder ob meine Familie zu mir nach Mainz kommt. Wir haben gemeinsam entschieden, dass ich diesen Schritt in die erste Reihe bei einem Bundesligisten gehen werde. Das war logischerweise kein Alleingang von mir. In meiner Funktion beim FSV bin ich ohnehin viel unterwegs und meine Familie hat ihre gesamten sozialen Kontakte im Norden. Ich denke in dieser Hinsicht weder kurz-, mittel- noch langfristig.

SPOX: Wie war es, als Sie nach eineinhalb Jahren in Bremen hörten, Nachfolger von Christian Heidel in Mainz werden zu können?

Schröder: Es war eine riesengroße Überraschung und Ehre, im direkten Anschluss an eine solch große Persönlichkeit überhaupt in Frage zu kommen. Trotz der zahlreichen Spuren, die Christian in Mainz hinterlassen hat, war ich schnell davon überzeugt, diese Gelegenheit nicht verstreichen lassen zu wollen. Mainz hat auf mich von außen schon immer sehr positiv gewirkt, egal ob es um das Profil des Klubs, die Marke oder das Transfergebaren ging. Ich konnte mich schnell mit diesem Klub identifizieren.

SPOX: Sie waren in Ihrer Karriere als Funktionär schon bei vielen Vereinen im Gespräch und haben immer mal wieder Angebote ausgeschlagen. Wieso nicht das des FSV?

Schröder: Ich war immer froh, dass es Vereine gab, die meine Arbeit geschätzt haben. Ich war mir einfach zu 100 Prozent sicher bei Mainz. Dieses Gefühl brauche ich, um eine klare Entscheidung zu treffen. Die Erfahrung hat gezeigt: Ein schnelleres Ja bringt letztlich keinen weiter, wenn man wenig später schon wieder aus vielleicht nur 95 Prozent Überzeugung wieder Nein sagen muss.

SPOX: Wie oft wurde Ihnen davon abgeraten, in Heidels Fußstapfen zu treten?

Schröder: Die Mehrzahl der Leute hat gesagt: Nach Christian Heidel kannst du doch nur verlieren. Nicht unbedingt, weil sie an mir gezweifelt haben, sondern weil die Herausforderung an sich einfach sportlich ist. Ich mag Herausforderungen jedoch. Ich nehme sie lieber an und kann dann hinterher darüber sprechen, ob sie gut oder schlecht waren. Lieber machen statt später bedauern.

SPOX: Wie viel Bedenkzeit haben Sie am Ende benötigt?

Schröder: Wir haben Gespräche geführt und man hat mich gefragt, ob das für mich grundsätzlich vorstellbar sei. Es war schon nach der ersten Kontaktaufnahme klar, dass da tatsächlich etwas entstehen könnte. Ich habe mich dann zügig festgelegt.

SPOX: Inwiefern haben Sie den Karriereschritt, eines Tages hauptverantwortlich zu arbeiten, schon immer irgendwie verfolgt?

Schröder: Es war schon ein Ziel. Dieses Gefühl trug ich schon länger in mir. Das lässt sich ein wenig mit der Trainerausbildung vergleichen. Im Anschluss daran sollte man sich auch entscheiden: Chef- oder Co-Trainer? Ich habe mich schon als Spieler in verantwortlichen Rollen innerhalb einer Gruppe wohlgefühlt und mich nicht vor Entscheidungen gedrückt. Das Team als Spieler oder der Klub als sportlich Verantwortlicher stehen über allem. Ich spreche sehr gerne für den FSV und möchte ihn bestmöglich repräsentieren. Eine One-Man-Show kriegen Sie von mir dennoch nicht.

SPOX: Sie stiegen dann bereits im Februar 2016 ein und hatten an der Seite von Heidel eine zweimonatige Einarbeitungsphase. Hätten Sie theoretisch auch "ganz normal" am 1. Juli einsteigen können?

Schröder: Dieser Einstieg war für mich der perfekte Weg. Aber Einarbeitung hört sich so oberlehrerhaft an. Es war eher ein sehr wichtiges, detailliertes Kennenlernen des Vereins. Ich saß mit Christian in einem Büro und wir sind viele Themen wie zum Beispiel Vertragsmanagement, Organisation oder die Abläufe der Lizenzmannschaft zusammen durchgegangen. Da ging es darum, wie der Gesamtverein strukturiert ist oder welche Entscheidungswege es bislang gab. Es war Hintergrundarbeit. Dazu hatten alle Angestellten sowie auch ich die Möglichkeit, uns gegenseitig kennen zu lernen. Wir alle wollten einen fließenden und keinen abrupten Übergang.

SPOX: Wie sind Sie vorgegangen, als Heidel dann weg war?

Schröder: Ich habe weiterhin viel zugehört und versuche, alles aufzusaugen. Daraus ziehe ich die Dinge, die für mich am besten passen, damit man den eigenen Weg auch auf Anhieb finden kann. Ich möchte ja keine Kopie von irgendetwas sein, sondern authentisch bleiben. Dieser gesamte Prozess dauert natürlich noch an.

SPOX: Kam es schon vor, dass jemand zu Ihnen sagte: Unter Heidel haben wir das aber ganz anders gemacht.

Schröder: Klar, das soll auch so sein. Daraus würde ich niemals ein persönliches Problem machen. Christian Heidel wird niemals wirklich weg sein. Es ist sein Verein, er ist Mainzer und er hat ihn groß gemacht. All diese Menschen, die für den FSV viel geleistet und seine Geschichte mitgeschrieben haben, sollen allgegenwärtig bleiben. Alles andere wäre wahnsinnig und unpassend.

SPOX: Was hat sich bislang in der Praxis als deutlich schwieriger erwiesen als noch in den Theoriestunden mit Heidel?

Schröder: Das lässt sich noch schwer beurteilen. Wiederum haben sich viele Dinge bestätigt. Nicht nur die, die mir Christian, der Vorstand sowie die Geschäftsführer mitgegeben haben, sondern auch wie Themen funktionieren, die ich in meiner bisherigen Funktionärslaufbahn kennengelernt habe. Ob das nun das Scouting, die Kaderplanung oder Gespräche mit Beratern, Spielern und Vereinen betrifft. Vieles davon ähnelt sich einfach im Profibetrieb, so dass letztlich jeder selbst mit sich ausmachen muss, welchen Weg er bestreitet und wie er mit all diesen Belangen umgeht.

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