Anders als gewohnt blickt man an der Weser derzeit voller Zuversicht in die neue Saison. Auch der Abgang von Serge Gnabry trübt die gute Stimmung bei Werder Bremen nicht. Dennoch steht die Frage im Raum, wie sich Werder in der kommenden Saison aufstellen will. Während einige Transfers bereits getätigt wurden, schwebt über vielen Personalien noch ein Fragezeichen.
Tor
Personal: Felix Wiedwald, Michael Zetterer, Jaroslav Drobny
Offene Positionen: keine
Kandidaten: Ron-Robert Zieler, Frederik Rönnow
Situation: Seit Tim Wieses Abgang zur Saison 2012/13 suchen die Werderaner nach einer klaren Nummer eins im Kasten. Die Fans im Weser-Stadion vermissten in den letzten Jahren neben einer sattelfesten Abwehr auch einen Torhüter, bei dem die Anhänger nicht bei jedem Distanzschuss zum Schweißtuch greifen müssen. Felix Wiedwald hat sich im Laufe der vergangenen Rückrunde als solch ein Rückhalt etabliert.
Zuvor wegen regelmäßiger Patzer noch stets gescholten, zeigte der 27-Jährige parallel zum Lauf seines Teams eine klasse Leistung nach der anderen. "Ich bin sehr stolz auf mich und auf das, was ich in der Rückrunde geleistet habe. Ich habe meinen Anteil an den Punkten, an der tollen Serie", konstatierte Wiedwald nicht zu Unrecht in der Bild. Dabei unterstrich er auch gleich seinen Anspruch auf einen Stammplatz in der kommenden Spielzeit.
Dank einer auf Mindesteinsätze bezogenen Klausel hat sich Wiedwalds Vertrag automatisch bis 2018 verlängert; unabhängig davon wollte Frank Baumann "zu gegebener Zeit Gespräche führen." Getan hat sich bislang jedoch noch nichts. In den Medien werden zwar einige Kandidaten wie Ron-Robert Zieler oder Frederik Rönnow von Bröndby IF gehandelt, konkrete Fortschritte sind aber nicht bekannt. Solange den Werderanern also nicht ein echtes Schnäppchen zufliegt (Stichwort: Rene Adler), werden sie aller Voraussicht nach an Wiedwald festhalten.
Dahinter befinden sich neben Oldie Drobny der junge Zetterer, der offenbar als Nummer zwei eingeplant ist. Trotzdem soll Baumann über eine Vertragsverlängerung mit Drobny nachdenken. Gegenüber dem kicker betonte der Sportdirektor, dass der Tscheche "auch als Persönlichkeit für uns ein ganz wichtiger Faktor im Team ist." Das Arbeitspapier des zuvor lange verletzten Raphael Wolf läuft dagegen aus, der Keeper wird wie angekündigt den Verein verlassen.
Abwehr
Personal: Lamine Sane, Luca Caldirola, Niklas Moisander, Milos Veljkovic, Theodor Gebre Selassie, Robert Bauer, Ludwig Augustinsson, Ulisses Garcia
Offene Positionen: Innenverteidigung
Kandidaten: Alexander Scholz, Marcel Tisserand, Marcel Franke, Matej Mitrovic
Situation: Alexander Nouri hat in der vergangenen Spielzeit eine Dreierkette an der Weser etabliert und wird an dieser auch festhalten. Nach der nicht unbedingt zu erwartenden Vertragsverlängerung von Caldirola stehen bei Werder vier Innenverteidiger unter Vertrag - einer zu wenig, möchte man etwaige Verletzungen und Formtiefs auffangen. Auch Baumann bestätigte, dass man noch einen Abwehrspieler für die Zentrale dazuholen möchte.
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Als heißer Kandidat wird derzeit Alexander Scholz gehandelt. Der Däne könnte der Dreierkette dringend benötigte Qualität in der Spieleröffnung verleihen. Laut 90min und dem belgischen Portal footnews.be haben die Bremer handfestes Interesse am 24-Jährigen. Allerdings sollen ihn auch der VfL Wolfsburg, der Hamburger SV und Borussia Mönchengladbach auf dem Zettel haben. Scholz hat bei Standard Lüttich noch einen Vertrag bis 2019.
Daneben sind in den Medien neben Marcel Tisserand auch Marcel Franke von Greuther Fürth oder Matej Mitrovic von Besiktas als Neuzugänge genannt worden. Ersterer wird den FC Ingolstadt nach dem Abstieg verlassen, ein neuer Verein ist noch nicht in Sicht. Nach Informationen der Bild kam es zwar bereits zu einem Treffen mit dem Berater des Kongolosen, ihn soll es jedoch eher nach England ziehen. Bezüglich Franke oder Mitrovic gibt es noch keine konkreten Informationen.
Auf der Position des Linksverteidigers wurde derweil rasch die Baustelle geschlossen. Baumann konnte sich mit Santiago Garcia nicht auf eine Vertragsverlängerung einigen, der Argentinier wird den Verein also verlassen. Mit Ludwig Augustinsson hatte der Sportchef den Nachfolger aber ohnehin schon im Januar verpflichtet. 4,5 Millionen Euro ließen sich die Bremer die Dienste des vielversprechenden Schweden kosten, der auch auf der linken Außenbahn eingesetzt werden kann. Dahinter steht Ulisses Garcia als Backup bereit. Eine Rückkehr von Leon Guwara ist nach seiner Leihe nach Darmstadt derweil "eher unwahrscheinlich", wie sein Berater fussballtransfers.com verriet.
Auch auf der anderen Seite ist keine Änderung mehr vonnöten. Mit Gebre Selassie und Bauer besitzt Werder bereits zwei grundsolide Rechtsverteidiger. Der an 1860 München verliehene Marnon Busch wird Bremen derweil Richtung Heidenheim verlassen.
Mittelfeld
Personal: Philipp Bargfrede, Maximilian Eggestein, Thomas Delaney, Sambou Yatabare, Izet Hajrovic, Florian Kainz, Fin Bartels, Zlatko Junuzovic, Jerome Gondorf
Offene Positionen: keine
Kandidaten: Lucas Castro
Situation: "Wir werden nur dann einen Spieler holen, wenn der die Mannschaft qualitativ verbessert. Denn der Kader ist in der Breite zu groß aufgestellt", verkündete Frank Baumann in der Sport Bild. Dies wird wohl nirgendwo eher ersichtlich als im Mittelfeld. In Nouris System ist für drei zentrale Mittelfeldspieler Platz. Werder hat sechs.
Der Abgang des eigentlich gesetzten Florian Grillitsch wurde mit dem Transfer von Jerome Gondorf bereits kompensiert. Er wird wohl mit dem aufstrebenden Maximilian Eggestein um einen Stammplatz kämpfen müssen. Junuzovic sowie Baumanns Volltreffer Delaney dürften derweil gesetzt sein. Dahinter stehen Bargfrede und Yatabare bereit. spox
Nichtsdestotrotz ist einem Bericht der Gazzetta dello Sport zufolge Lucas Castro von Chievo Verona ins Visier der Werderaner geraten. Der Argentinier wäre in der Tat eine qualitative Verbesserung für die Mannschaft - mit einem Preisschild von acht Millionen Euro allerdings auch zu teuer. Castro wird es also eher zu Lazio Rom ziehen.
Auch auf den Außenbahnen wird es eng, setzt Nouri im System mit Dreierkette doch logischerweise auf gelernte Außenverteidiger. Mit Bartels, Kainz sowie Hajrovic besitzt Bremen jedoch drei Flügelspieler im Kader - ein Problem? Nein, denn alle drei können und sollen auch in der Doppelspitze den hängenden Part einnehmen. Falls doch mal Bedarf bestehen sollte, können sie jedoch wieder eine Reihe nach hinten rücken.
Während die Verantwortlichen große Stücke auf Kainz halten, ist die Personalie Hajrovic noch nicht geklärt. Nach vielversprechendem Saisonbeginn riss sich der bosnische Nationalspieler das Kreuzband und stößt erst im Juli wieder zur Mannschaft. Er wird laut Baumann die Chance erhalten, sich in der Vorbereitung zu empfehlen.
Angriff
Das Personal: Max Kruse, Aron Johannsson, Claudio Pizarro, Justin Eilers, Ousman Manneh, Johannes Eggestein
Offene Positionen: Stoßstürmer
Kandidaten: Marcus Ingvartsen
Die Situation: Traditionell drückt bei Werder in der Offensive am wenigsten der Schuh. Der frühe Abgang von Serge Gnabry, immerhin ein Leistungsträger mit ungeheurem Potenzial, hätte bei den meisten anderen Klubs für Panik in der Geschäftsstelle gesorgt - in Bremen reichte sein Abschied jedoch gerade mal für ein Schulterzucken. "Wir werden auf seiner Position wohl nichts machen, ihn nicht eins zu eins ersetzen", so Baumann nach der Verkündung des Transfers. Dies zeugt vom Vertrauen, das die Verantwortlichen in die Offensivabteilung setzen.
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Der starke Lauf der Bremer zwischen Februar und April legitimiert Baumanns Entscheidung, verpasste Gnabry doch verletzungsbedingt den Großteil dieser Phase. Auch danach reichte es bis auf eine Ausnahme nur noch für Einwechslungen; an Kruse und Bartels war einfach kein Vorbeikommen. Sein Abgang soll also im Kollektiv kompensiert werden. Dabei können sich neben den bereits genannten Spielern auch die anderen Offensivakteure wie der jüngere Eggestein, Manneh oder Eilers aufdrängen.
Wie Baumann der Bild verriet, suchen die Bremer trotzdem nach einer Verstärkung im Angriff. Die Rede ist dabei von einem Stoßstürmer, der im Strafraum für Gefahr sorgt, als vorderste Anspielstation aber auch die Bälle festmachen kann. Mit Pizarro und Johannsson besitzt Werder zwar schon zwei klassische Mittelstürmer, über deren Personalien schweben jedoch zwei große Fragezeichen.
Johannssons Verpflichtung kann mittlerweile als Missverständnis abgestempelt werden. Der US-Amerikaner kam 2015 als Ersatz für Franco di Santo, verpasste aufgrund einer Hüftverletzung jedoch den Großteil der Saison. In der vergangenen Spielzeit spielte er so gut wie keine Rolle. Im Interview mit der Kreiszeitung Syke im Mai erklärte er, dass Nouri "eher an die anderen Stürmer" glaube und deutete bereits seinen Abschied an.
Pizarros Vertrag läuft derweil bald aus, eine Verlängerung ist noch nicht in Sicht. "Wir müssen erst klären, wie es bei uns aussieht. Alles andere ist der zweite Schritt", kommentierte Baumann das weitere Vorgehen mit dem Peruaner gegenüber der Bild. Pizarro jedenfalls kündigte bereits Anfang Mai an, dass er seine Karriere noch ein Jahr fortführen möchte. Ob dies bei Werder geschieht, erscheint jedoch unwahrscheinlich. Eine hohe Priorität hat Pizarro in der Geschäftsstelle jedenfalls nicht.
Auf der Suche nach ihrem Stoßstürmer scheiterten die Bremer bereits mit einer Rückholaktion von Davie Selke, der sich nun der Hertha anschließt. Als Alternative haben die Bremer angeblich Marcus Ingvartsen auf dem Zettel. Der 21-jährige Linksfuß des FC Nordsjaelland wurde mit 23 Treffern Torschützenkönig in der dänischen Liga und soll laut sport.de neben dem Interesse der Bremer auch das des PSV Eindhoven geweckt haben. Anscheinend bot Bremen 2,5 Millionen Euro, Ingvartsens Klub verlangt jedoch mindestens vier. Laut Bild ist an der Geschichte überhaupt nichts dran.
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