Julian Weigl ist seit zweieinhalb Monaten verletzt, dennoch aber mit ins BVB-Trainingslager nach Bad Ragaz gereist. In der Schweiz stieg der Nationalspieler am Freitag erstmals wieder ins Lauftraining ein. In einer Medienrunde sprach Weigl über die Zeit in der Reha, seine aktuellen Fortschritte und die Philosophie des neuen Trainers Peter Bosz.
Frage: Herr Weigl, Mitte Mai haben Sie sich beim Spiel in Augsburg das rechte Sprunggelenk gebrochen. Nun sind Sie mit im BVB-Trainingslager in Bad Ragaz. Wie verläuft der Heilungsprozess?
Julian Weigl: Heute geht es mir besonders gut, denn ich durfte zum ersten Mal laufen. Das ist ein Meilenstein für mich, wenn man nach so langer Verletzungszeit aus der Reha kommt. Darauf habe ich hingearbeitet, denn man macht die größten Fortschritte, wenn man wieder richtig laufen kann. Die Muskulatur baut sich so einfach am besten auf.
Frage: Wie verlief denn die Zeit in der Reha?
Weigl: Überwiegend positiv. Ich musste keine Rückschläge erleiden, das Bein ist nie dicker geworden oder warm gewesen. Von daher bin ich voll im Plan. Nach der Länderspielpause, die nach dem 2. Bundesliga-Spieltag folgt, sollte ich in etwa wieder ins Mannschaftstraining einsteigen können und voll belastbar sein. Einen genauen Zeitpunkt kann ich aber nicht nennen. Da müssen wir noch abwarten, wie der Fuß auf die unterschiedlichen Belastungen reagieren wird.
Frage: Es dürfte Sie schwer geärgert haben, nach einer langen und anstrengenden Saison keinen richtigen Urlaub genossen zu haben.
Weigl: Ich hatte mir schon gewünscht, einen ausgiebigen Urlaub zu haben. Jetzt sind es insgesamt drei Wochen gewesen - zwar nicht am Stück, aber ich konnte immer mal wieder ein paar Tage weg. Ich hatte leider noch meinen dicken Spezialschuh an, das war in den wärmeren Gefilden natürlich relativ unangenehm. Man muss eben das Beste daraus machen. Ich habe die Ruhe genossen, für den Kopf war das klasse.
Frage: Es war Ihre erste schwere Verletzung in Ihrer Karriere. Wie sind Sie mit dieser Tatsache umgegangen?
Weigl: Es war schon schwer, gerade weil das Pokalfinale und der Confed Cup vor der Tür standen. Da fiel mir erst einmal die Decke auf den Kopf. Ich habe in dem Moment in Augsburg sofort gemerkt, dass mehr kaputt gegangen ist. Ich konnte es allerdings nicht richtig einschätzen, da mir ja sozusagen die Vorerfahrung fehlte. Bevor wir zum Röntgen gefahren sind, habe ich gehofft, dass es nur ein Bänderriss ist. Die Ärzte haben dann aber schnell den Kopf geschüttelt. Da ist man erst einmal niedergeschlagen und es kommen einem negative Gedanken. Ich bin aber ein positiver Mensch und habe in dieser Zeit auch gemerkt, wie wichtig mein Umfeld für mich ist.
Frage: Wie hat sich das bemerkbar gemacht?
Weigl: Ich habe einen Teil der Reha in München absolviert, daher konnte ich viel Zeit mit meiner Familie verbringen. Mein Vater war auch ständig bei mir im Krankenhaus in den vier Tagen. Auch meine engsten Mannschaftskollegen haben mich besucht. Das gab mir viele positive Schübe, die zahlreichen Besuche haben mich schon überwältigt. Ich war nie todtraurig. Der Zeitpunkt der Verletzung hatte seine Vor- und Nachteile. Ich verpasse nicht besonders viele Spiele, andererseits konnte ich beim Endspiel und dem Turnier in Russland nicht dabei sein. Ich habe mich dann aber einfach mehr an den positiven Dingen erfreut, als den Kopf in den Sand zu stecken.
Frage: Haben Sie sich die Szene, als es passiert ist, noch einmal angeschaut?
Weigl: Ja, aber nicht oft. (lacht) Meine Freunde haben mir immer wieder gesagt, dass sie sich das nicht angucken können. Es war schon ziemlich schlimm. Wenn man das dann selbst noch einmal sieht, wird einem schon etwas schlecht.
Frage: Wie sehr schmerzt es aktuell, Ihren Teamkollegen dabei zusehen zu müssen, wie sie sich für den Pflichtspielstart vorbereiten?
Weigl: Ich bin auf jeden Fall sehr froh, hier im Trainingslager dabei zu sein. Da fühlt man sich gleich wieder als Teil der Mannschaft, wenn man gemeinsam isst oder auf dem Zimmer an der Playstation zockt. Zudem ist es wichtig, die Philosophie des Trainers zu verinnerlichen und in den Sitzungen mit dabei zu sein, um zu sehen, wie er spielen lassen möchte. Natürlich würde ich gerne mit den anderen trainieren, aber mein eigener Fortschritt zeigt mir, dass so langsam wieder ein Rädchen ins nächste greift.
Frage: Gab es schon ein Einzelgespräch mit dem neuen Trainer Peter Bosz?
Weigl: Wir haben miteinander gesprochen und er hat mir gesagt, dass es ihm sehr wichtig sei, mich bei den Sitzungen dabei zu haben. Wir quatschen immer mal wieder, das verlief bisher immer sehr positiv.
Frage: Wie wird sich das BVB-Spiel unter Bosz verändern?
Weigl: Seine Philosophie ist es, sehr hoch und offensiv zu pressen, dem Gegner keine Ruhe zu lassen und nach Ballverlust sofort mit allen Spielern aggressiv ins Gegenpressing gehen. Bisher sieht das alles ganz gut aus.
Frage: Was bedeutet das für Ihre Position?
Weigl: Ihm ist wichtig, den Ball zu haben. Das war in den letzten Jahren auch schon so bei uns. In den Sitzungen habe ich gesehen, dass der zentrale Mittelfeldspieler ein Stückchen weiter vorne positioniert ist, um das Gegenpressing tiefer auszuüben. Daher denke ich, dass ich vielleicht auch einmal die Möglichkeit haben werde, den entscheidenden Pass zu spielen oder sogar ein Tor zu erzielen. Ich gucke es mir an, welche Aufgabe der Sechser bei ihm hat, aber genauer werde ich das erst sehen, wenn ich wieder mit dabei bin.