Der 2. Spieltag der noch frischen Bundesligasaison ist vorbei - und liefert einige Geschichten. Auf Schalke ist doch nicht alles so gut, wie man noch vor einer Woche dachte und die HSV-"Luschen" sorgen weiter für Furore. Außerdem hat RB Leipzig bewiesen, dass es doch noch Leipzig-Fußball zelebrieren kann.
Doch nicht alles gut auf Schalke
Schalke ist ein heißes Pflaster. Auch wenn diese Feststellung zwar keineswegs die Neuerfindung des Rades darstellt, hat sie Königsblau schon früh in der Saison wieder eindrucksvoll demonstriert.
Denn nach dem überraschend starken Auftritt gegen die Bullen wurde der Schalker Höhenflug nach nur einem Spiel von einem Aufsteiger jäh beendet. Ausgerechnet Ex-Coach Andre Breitenreiter entschlüsselte Tedescos Offensivspiel. "Wir wissen, warum wir verloren haben. Das ist auch wichtig", analysierte Tedesco nach dem Match.
Schalke fand gegen die gut gestaffelten Hannoveraner keine spielerischen Mittel, verfiel in alte Muster und wusste sich oft nur mit weiten Schlägen zu helfen. Wenn Hannover die Schalker Aufbauspieler attackierte, konnten diese sich nur selten gepflegt befreien.
Statt überfallartigem Konterfußball wie gegen Leipzig sahen die zahlreich mitgereisten Schalker Anhänger Ballverluste und stotternde Offensivbemühungen. Fast schon folgerichtig brachte S04 in den gesamten 90 Minuten lediglich einen mickrigen Schuss aufs Tor zustande. Attraktiv ist anders.
Das Drehbuch Jonathas Cristian de Jesus Mauricio
In Hannover hingegen scheint die Sonne. Und das dank einer Geschichte, die aus jedem Drehbuch stammen könnte. Name der Geschichte: Jonathas Cristian de Jesus Mauricio.
Erst am Dienstag für satte neun Millionen Euro von Kazan verpflichtet, übersprang der Brasilianer die Eingewöhnungszeit gänzlich. Keine sechs Minuten nach seiner Einwechslung stach der Joker und auch sonst beeindruckte Jonathas mit einer unglaublichen Physis.
"Egal wo er unter Vertrag stand, er hat immer seine Tore gemacht", hatte Heldt die Verpflichtung begründet. Und auf die Tore und kantige Spielweise des Wandervogels, der bereits in Italien (u.a. Brescia, FC Turin), Spanien (FC Elche, Real Sociedad), den Niederlanden (AZ Alkmaar) und Russland (Rubin Kazan) unter Vertrag stand, sind die 96er angewiesen.
Denn auch wenn der Saisonstart absolut nach Maß verlief, war die Vorstellung spielerisch noch ausbaufähig. Dafür überzeugt der Aufsteiger mit Kampf und Leidenschaft. Gegen Schalke verdiente sich das Team den Sieg mit starker Zweikampfführung und taktischer Disziplin. Am Ende feuerte Hannover sogar mehr Torschüsse ab.
Trotz des überraschenden Auftakts muss sich Breitenreiter keine Sorgen um einen Realitätsverlust bei Hannover 96 machen, wie er nach dem Match passend formulierte: "Wir sind ja hier nicht auf Schalke, sondern in Hannover. Hier gehen wir mit solchen Siegen realistisch um."
HSV-"Luschen" waren Tabellenführer
Was war das für ein kurioser Kick im Rheinenergiestadion! 14 Minuten Nachspielzeit, Schiri-Wechsel und direkt die Blitz-Gelb-Rote-Karte des neuen Referees. Aber damit noch nicht genug: Der HSV grüßte von der Tabellenspitze. Zumindest eine Nacht lange, am Samstag zogen die Leuchttürme aus Dortmund und München wieder am Dino vorbei.
"Es ist richtig schön, dass wir mit sechs Punkten in die Länderspielpause gehen können, das hätten wir vorher so nicht gedacht", sagte Gisdol nach der Partie. Der sportliche Höhenflug (ja, beim HSV reichen zwei Siege für einen Höhenflug) lässt nicht nur das Pokal-Debakel in Osnabrück vergessen, sondern sorgt auch dafür, dass die Kühne-Schelte nur noch eine Randnotiz darstellt.
Stattdessen sorgen die Spieler für die Schlagzeilen. Bobby Wood beendete seine seit März andauernde Durstrecke und auch die Neuzugänge Andre Hahn und Rick van Drongelen zeigten starke erste Wochen im Rauten-Trikot. Gisdol selbst zeigte sich nach dem perfekten Saisonstart besonders von der Einstellung seiner Spieler angetan: " "Viele Spieler sind über ihren inneren Schweinehund hinaus gegangen. Das war herausragend."
Aus Sicht der Hamburger bleibt zu hoffen, dass sich diese Form über die Länderspielpause hinaus konservieren lässt, immerhin warten mit Leipzig, dem starken Aufsteiger aus Hannover und dem BVB direkt drei Mammutaufgaben.
Leipzig kann doch noch Leipzig-Fußball
Drei Halbzeiten mussten sich die Bullen-Anhänger gedulden, drei Halbzeiten lang biss sich die hochgelobte RBL-Offensive an den gegnerischen Abwehrreihen die Zähne aus. Der Kaltstart mit null Punkten aus den ersten beiden Partien drohte.
Doch nach drei Halbzeiten war der Spuk vorbei. Angeführt von den bärenstarken Jean-Kevin Augustin und Timo Werner ballerten sich die Leipziger in einem beeindruckenden Sturmlauf nicht nur den Frust der vergebenen Torchancen von der Seele, sondern die Freiburger auch noch gleich mit aus dem Stadion.
Aus 0:1 mach 4:1 binnen 45 Minuten - dank des attraktiven Vollgasfußballs der vergangenen Saison. "Es war heute eine mentale Glanzleistung von uns allen. 29 Torschüsse in 90 Minuten sagen viel über das Spiel aus!", resümierte Hasenhüttl.
Die stattliche Anzahl der Torschüsse sagt nicht nur viel über das Spiel aus, sondern bedeutet gleichzeitig einen neuen Rekord: So viele Torschüsse gab RBL in einem Ligaspiel noch nie ab. Dementsprechend zufrieden gab sich Hasenhüttl nach der Partie. "Wir haben den Sieg heute gegen Freiburg erzwungen!"
Lewandowski ist der Knaller
Über 70 Minuten lief Robert Lewandowski komplett unter dem Radar. Keine einzige Torschussbeteiligung und nur gefühlt eine Hand voll Ballkontakte - der Pole wurde von der Werder-Defensive total abgemeldet und war im Spiel der Münchner überhaupt kein Faktor. Überhaupt mühten sich die Bayern gegen tapfer kämpfende Bremer sichtlich und fanden im grün-weißen Abwehrgeflecht keine Lücken.
Doch Lewandowski gehört zu den besten seiner Zunft und das stellte er abermals unter Beweis. Gerade einmal drei Minuten benötigte er, um seine Statistik wesentlich aufzupolieren. Erst bugsierte er eine scharfe Hereingabe von Kingsley Coman mit der Hacke sehenswert über die Linie, ehe er gleich zwei Bremern den Ball durch die Hosenträger zum 2:0 jagte.
Vom Nicht-Faktor zum Doppeltorschützen und Matchwinner. Da geriet auch der neue Sportdirektor Hasan Salihamidzic ins Schwärmen: "Sicher ist er der beste Stürmer der Bundesliga und einer der besten der Welt. Für uns ist Lewa einfach der Knaller."
Wer Brazzo trotz drei minütigen Lewandowski-Show noch nicht beipflichten will, der darf sich von einer anderen Statistik überzeugen lassen: Lewy traf in seinen 27 Pflichtspielen im Jahr 2017 satte 29 Mal! Kein anderer Bundesliga-Spieler netzte öfter als 25 Mal (Aubameyang) ein.