Am Tag nach dem skandalösen Spielabbruch von Burnley schien die Welt von Hannover 96 wieder in Ordnung. Die Fans strömten zum Kinder- und Familienfest unweit des Maschsees, zu Bier und Bratwurst lauschten die Gäste der Rockband von Stadionsänger Ozzy Pfeiffer. Der Name der sechsköpfigen Combo: Ignore the sign.
Ein Motto, das die Niedersachsen auf keinen Fall beherzigen sollten, denn spätestens nach den hässlichen Vorfällen beim Testspiel gegen den FC Burnley ist klar: Der Bundesliga-Aufsteiger hat ein massives Fanproblem.
Die Entscheidung, die Partie im Stadion Park Moor nach der Halbzeitpause nicht mehr anzupfeifen, war nur der traurige aktuelle Höhepunkt mehrerer Ausraster auf den Rängen in den vergangenen Wochen.
"Hannover 96 verurteilt die Vorfälle im Stadion und distanziert sich vehement von jeder Art von Gewalt", hieß es zwar deeskalierend auf der Homepage der Norddeutschen, doch schon Trainer Andre Breitenreiter unterschätzte offensichtlich die Brisanz der Lage. "Schade, dass vielen Spielern die Möglichkeit genommen wurde, sich zu zeigen", zitierte die Bild den Coach.
Kind vs. Fans: Klima vergiftet
Stattdessen zeigte sich beim Gastspiel in der englischen Grafschaft Lancashire, wie vergiftet das Klima zwischen der Fanschaft und der Klubführung mit Martin Kind an der Spitze ist. In Burnley blieb es schon nicht mehr bei Schmähgesängen, mitgereiste Anhänger attackierten mit Wurfgeschossen das Heimpublikum. Dabei wurde eine Ordnerin leicht verletzt, sicherheitshalber kreiste ein Polizeihubschrauber über der Arena.
Spätestens seit Kind vor einer Woche, vorbehaltlich der Zustimmung der Deutschen Fußball Liga, die 96-Mehrheitsanteile übernahm, ist das Verhältnis komplett zerrüttet. Die Interessensgemeinschaft Pro Verein 1896 beantragte gegen Kinds Vorstoß eine Einstweilige Verfügung, was ein langwieriges juristisches Tauziehen nach sich ziehen könnte.
Aber schon beim Zweitliga-Saisonfinale im Mai beim SV Sandhausen kam es zu schweren Sachbeschädigungen, in der Vorbereitungsphase auf die neue Spielzeit provozierte ein 96-Sympathisant mit dem Hitler-Gruß Hannovers türkischen Testspielgegner Kayserispor. Nun auch noch Burnley, den "Roten" droht seitens des DFB eine empfindliche Strafe.
Engländer nach Ausschreitungen entsetzt
Nicht nur bei den Engländern ließ der unentschuldbare Auftritt der gewalttätigen Gäste aus Deutschland Verständnislosigkeit zurück. Burnley-Teammanager Sean Dyche: "Es ist eine Schande." Polizei-Hauptkommissar Chris Bithell sagte: "Nach einer Unterredung in der Halbzeitpause mit allen Beteiligten mussten wir auf Abbruch des Spiels entscheiden."
Die weiteren Testbegegnungen der Bundesligisten konnten hingegen ohne Störungen beendet werden. Zu Siegen kamen Eintracht Frankfurt in Wiesbaden gegen Betis Sevilla (3:0), 1899 Hoffenheim gegen den FC Bologna (2:0) Mainz 05 gegen Twente Enschede (2:0) und Hertha BSC in Kapfenberg/Österreich gegen Galatasaray Istanbul (2:1).
Werder Bremen gegen den FC Valencia und Vize-Meister RB Leipzig gegen Stoke City kassierten jeweils 1:2-Niederlagen. Ein 3:3-Unentschieden erreichte Bayer Leverkusen gegen Celta de Vigo.