Vor knapp acht Monaten trainierte er noch die U19 in Hoffenheim, vor vier Jahren hätte er seine Trainerkarriere fast beendet, jetzt ist Domenico Tedesco Trainer bei Schalke 04 und der große Hoffnungsträger. Im Interview spricht der 32-Jährige über glückliche Zufälle in seiner bisherigen Laufbahn, seine Idee für Schalke und die Gefahr, sich als Bundesligatrainer zu wenig mit Fußball zu beschäftigen.
SPOX: Herr Tedesco, vor etwas mehr als sieben Monaten waren Sie noch Trainer der U19 bei 1899 Hoffenheim. Jetzt sind Sie Bundesligacoach auf Schalke. Hatten Sie schon mal Zeit über Ihren rasanten Aufstieg nachzudenken?
Domenico Tedesco: Zur Reflexion bin ich noch nicht gekommen, dafür ging alles zu schnell. Vielleicht ist es auch besser so.
SPOX: Zumal es ja fast nicht so weit gekommen wäre. Beim VfB Stuttgart standen Sie 2013 vor der Entscheidung: Weitermachen als Trainer oder als Ingenieur zurück in die Wirtschaft. Sie haben ein abgeschlossenes Studium als Wirtschaftsingenieur und in Innovationsmanagement.
Tedesco: Das Nachdenken hat nur ein, zwei Tage gedauert. Ich muss aber fairerweise auch sagen, dass der Zufall und das Glück eine große Rolle gespielt haben.
SPOX: Inwiefern?
Tedesco: Die Profis beim VfB steckten damals im Abstiegskampf und Thomas Schneider wurde als Trainer von der U17 hochgezogen. Wir haben dann beide Spiele mit mir als Interimstrainer gewonnen: 4:1 gegen Ingolstadt und 12:0 gegen Nürnberg. Da konnte der Verein gar nicht mehr anders, die Spieler hatten Bock auf mich. (lacht) Normalerweise hätte der Verein einen anderen Trainer geholt und mich weiter als Co-Trainer beschäftigt. Aber so stand ich vor der Wahl: Entweder unterschreibe ich beim VfB einen Zwei-Jahresvertrag als U17-Trainer oder ich schließe mich fix dem Ingenieursdienstleister an, für den ich damals Projekte bei Daimler betreut habe.
spoxSPOX: Sie haben sich für den Fußball entscheiden.
Tedesco: Ja, die Arbeit mit den Jungs hat mir sehr viel Spaß gemacht. Aber es ist gut zu wissen, jederzeit zurück in die Industrie zu können, auch wenn ich daran aktuell überhaupt keinen Gedanken verschwende. Das Feuer für den Job als Bundesligatrainer brennt in mir. Und so lange das so ist, bin ich selbst auch Feuer und Flamme.
SPOX: Bei Ihrem Einstieg auf Schalke kam es zu den fast schon reflexartigen kritischen Kommentaren bezüglich Ihres Alters. Jetzt ist mit Jupp Heynckes ein 72-Jähriger beim FC Bayern auf die Trainerbank zurückgekehrt, was sehr positiv bewertet wurde. Sollte diese Auflösung der Altersgrenze nach oben auch nach unten gelten?
Tedesco: Ich denke schon, ja. Es geht bei Trainern wie bei Spielern nicht um jung oder alt, sondern um die Qualität und darum, ob der Trainer zum Verein und zur Philosophie passt. Außerdem habe ich ein Trainerteam um mich, das zwar auch noch jung, aber erfahren ist. Torwarttrainer Simon Henzler war auf Schalke schon im Team von Andre Breitenreiter und Markus Weinzierl, mein Co-Trainer Peter Perchtold hat in Mainz mit Martin Schmidt zusammengearbeitet. Beide waren selbst lange Zeit Profis.
SPOX: Fehlt in Deutschland noch das Verständnis für junge Führungskräfte?
Tedesco: Ich halte den Mut in Deutschland für eher ausgeprägt. Während meiner Zeit bei Daimler hatte ich einen Teamleiter, der 33 war. In der Industrie ist das Alter nicht entscheidend, da geht es um Führungsqualität, Persönlichkeit und Knowhow. In Italien wäre ein 30-jähriger Trainer aktuell eher noch schwer vorstellbar.
SPOX: Formulieren wir um: Muss in der deutschen Fußballlandschaft noch ein Umdenken einsetzen?
Tedesco: Auch hier sind die Verantwortlichen mutig. Es gibt Spieler, die mit 18, 19 Jahren debütieren. Auch das ist in Italien anders. Und selbst wenn: Die Denke Jung und Alt darf es nicht geben. Ich nenne Ihnen ein Beispiel aus meiner Zeit als Trainer bei Erzgebirge Aue: In der Spielvorbereitung auf St. Pauli habe ich mir viele Spiele angesehen. Ewald Lienen hat dort als Trainer sehr innovativ gearbeitet. Oder schauen Sie nach Düsseldorf, wo Friedhelm Funkel mit seinem Team Zweitliga-Spitzenreiter ist. Von Jupp Heynckes ganz zu schweigen, seine Erfolge sprechen für sich. Innovationsfähigkeit hat nichts mit dem Alter zu tun.
SPOX: Sportvorstand Christian Heidel hat Sie vor der Saison im SPOX-Interview auch gegen den Vorwurf mangelnder Erfahrung verteidigt. Wie ist Ihr Austausch mit ihm?
Tedesco: Sehr gut, sehr offen. Es ist nicht so, dass er jede Trainingsform genau erklärt haben will, aber er hat ein gesundes Interesse an unserer Arbeit. Wir fühlen uns im Trainerteam pudelwohl, weil wir Christians Vertrauen und die Rückendeckung spüren.
SPOX: Nach etwa zehn Jahren in der Jugendarbeit: Gab es irgendetwas, das Sie im Profifußball total überrascht hat?
Tedesco: Eigentlich nicht. Inhaltlich ist vieles sehr ähnlich. Natürlich ist das Niveau höher, die Gesprächsführung mit einem Erwachsenen eine andere, aber sportlich geht es um die gleichen Themen wie Spielaufbau, Pressing et cetera. Der größte Unterschied ist die Arbeit mit den Medien, die nimmt sehr viel Zeit in Anspruch, im Jugendfußball geht es mehr um die Sache.
SPOX: Es gibt wenige Trainer, die in der freien Wirtschaft gearbeitet haben und dann Bundesligatrainer wurden. Welche Parallelen sehen Sie zwischen den unterschiedlichen Branchen?
Tedesco: Das A und O ist Zeitmanagement. Ich darf weder als Ingenieur noch als Trainer zu viel Zeit für unnötige Sachen verbrauchen, ich muss Prioritäten setzen. In der Bundesliga besteht die Gefahr, sich zu wenig mit Fußball zu beschäftigen.
SPOX: Dabei arbeiten Sie laut Aussage von Heidel fast täglich von 8 bis 23 Uhr. Reichen 15 Stunden nicht?
Tedesco: Auch bei mir hat nicht jeder Arbeitstag 15 Stunden. Aber die Gefahr ist schlichtweg da und deshalb setze ich mir bewusst Grenzen, denn es geht um Fußball.
SPOX: Wie viel Zeit wollen Sie allein für den Fußball haben?
Tedesco: Wenn ich von den 15 Stunden ausgehe, sollten es schon elf bis zwölf sein. Dazu zähle ich das Training, die Vorbereitung und Nachbereitung der Einheiten, Gespräche mit den Spielern sowie Video- und Datenanalyse.
SPOX: In der Wirtschaft ist die Work-Life-Balance ein großes Thema. Sie sind ein junger Familienvater, wie viel Zeit bleibt bei einem 15-Stunden-Tag noch für Ihre Frau und Ihre Tochter?
Tedesco: Work-Life-Balance klingt schön und ist auch wichtig, aber um ehrlich zu sein mache ich mir aktuell darüber keine Gedanken. Während eines Arbeitstags reicht es vielleicht mal für ein Telefonat oder Face-Time. Meine Frau unterstützt mich da auch fantastisch. Sonst wäre das in dieser Form gar nicht möglich. Klar ist aber auch: Wenn ich einen freien Tag habe, ist der nur für die Familie da.
SPOX: Familiär ging es bei Ihrem Start in die Trainerkarriere auch noch zu. Sie trainierten bei Ihrem Heimatverein ASV Aichwald die F-Jugend. Wie kam es dazu?
Tedesco: Das war sogar noch eine Stufe unter der F-Jugend, bei den Bambini. Ich war 18, 19 Jahre alt, habe in Aichwald in der ersten Mannschaft gespielt und nebenbei studiert. Irgendwann kam mal einer in die Kabine und hat gefragt, ob einer von uns Spielern eine Mannschaft trainieren würde.
SPOX: Also half auch hier der Zufall wieder etwas mit?
Tedesco: Ja. Ich wusste nicht so recht, worauf ich mich einlasse. Wir haben auch nur einmal die Woche trainiert und die Truppe hatte bis dahin auch noch nicht allzu oft gewonnen. Aber wir hatten einen schnellen Spieler und auf den haben wir uns dann eingestellt, ihm den Ball nach vorne gebolzt und der hat geknipst, geknipst, geknipst. Mit den Erfolgserlebnissen wuchs auch der Spaß bei den Jungs, ich habe mich auch total wohlgefühlt und gemerkt, dass ich sie motivieren kann. Auf einmal sind wir Meister geworden, das war Wahnsinn!
SPOX: Wie muss man sich Ihr Training damals vorstellen?
Tedesco: Den Cooper-Test habe ich mit den Jungs nicht gemacht. (lacht) Ich habe mir ein paar Hefte besorgt, alle Übungen mit Ball trainieren lassen und 2006 habe ich die C-Lizenz Breitenfußball Kinderprofil gemacht. Ich habe das Trainerhandwerk also wirklich von der Pike auf erlernt.
SPOX: Ein Meistertitel mit den Bambini in Aichwald reicht aber vermutlich nicht für einen Job beim VfB. Wie sind Sie nach Stuttgart gekommen?
Tedesco: Ich habe mich ganz klassisch beworben. Der damalige Jugendkoordinator Thomas Albeck hat mich zum Vorstellungsgespräch eingeladen, ich musste ein Probetraining mit den Neunjährigen machen und da offensichtlich alles gepasst hat, hat mich der VfB genommen. Ich war ja auch - in Anführungszeichen - nur Co-Trainer der U9.
SPOX: Wann ist der Entschluss gereift, alle weiteren Scheine der Trainerausbildung zu machen?
Tedesco: Die Scheine waren die Grundvoraussetzung, dass ich beim VfB bleiben konnte. Es ist nicht üblich, mit der C-Lizenz Breitenfußball bei einem Profiklub anzufangen. Also bin ich drangeblieben und innerhalb von drei, vier Jahren die C-Lizenz Leistungsfußball, die B-Lizenz und die A-Lizenz gemacht.
SPOX: Den Fußballlehrer haben Sie dann aber nach Ihrem Wechsel 2015 zu Hoffenheim gemacht, weil der VfB Sie hier nicht genügend unterstützte. Sie waren damals Trainer der U17 und hätten mit Ihrem damaligen Assistenten Andreas Hinkel sogar die Rollen getauscht. Was lief da falsch?
Tedesco: Darüber will ich gar nicht mehr so viel reden. Es war einfach eine Phase, in der es bei den VfB-Profis um den Klassenerhalt ging und mit den Trainern im Nachwuchsbereich sehr spät gesprochen wurde. Ich hatte meinen Job als Ingenieur aufgegeben, war beim VfB angestellt und mein Vertrag wäre Ende Juni ausgelaufen. Ich musste schauen, wie es mit mir weitergeht. Ich bin keiner, der wieder und wieder nachhakt, also habe ich mich für etwas anderes entschieden.
SPOX: War es im Nachhinein sogar gut für Ihre Laufbahn, neben Stuttgart noch etwas anderes kennengelernt zu haben?
Tedesco: Definitiv. Es ist immer gut, über den Tellerrand hinauszublicken. Die Zeit in Stuttgart war schön und hat mich geprägt, die VfB-Philosophie habe ich absolut verinnerlicht .
SPOX: In Hoffenheim haben Sie zunächst die U17 betreut, im Jahr drauf sind Sie zur U19 aufgestiegen, konnten die Saison aber gar nicht zu Ende führen, weil das Angebot von Erzgebirge Aue kam. Wie haben die Leonhardt-Brüder Sie von einem Wechsel zum fast sicheren Zweitligaabsteiger überzeugt?
Tedesco: Die Leonhardts fragten mich frei heraus: 'Du bist so jung, schaffst Du das überhaupt? In der Mannschaft ist ein Christian Tiffert, wie willst Du dem erklären, dass er jetzt den Ball besser spielen soll?' Ich konnte Sie dann mit meinen Argumenten überzeugen. Wir waren von Beginn an auf einer Wellenlänge, vor allem mit Präsident Helge Leonhardt hat es sehr gut gepasst. Wir haben an dem Tag viel gelacht, das Menschliche hat mir ein gutes Gefühl und am Ende auch den Ausschlag gegeben.
SPOX: Und dann haben Sie Aue mit einem starken Schlussspurt in der Liga gehalten.
Tedesco: Wir waren Tabellenletzter und hatten noch elf Spiele, darunter schwierige Aufgaben in Stuttgart, in Bochum und in Berlin. Ich denke, viele haben nicht mehr an den Klassenerhalt geglaubt. Mit mir war das wohl zum Teil auch ein Versuch nach dem Motto: Wir haben nichts zu verlieren. Und dann haben wir angefangen zu gewinnen und das Selbstvertrauen ist gewachsen. Dieser Zusammenhalt hat den Ausschlag gegeben. Eine Mannschaft spürt, wenn Trainer, Manager und Präsident gut miteinander können und eine Gemeinschaft bilden. Das überträgt sich dann auch auf die Spieler.
SPOX: Also geht es im ersten Schritt als neuer Trainer immer darum, eine gute Atmosphäre zu schaffen?
Tedesco: Für mich ist das Bauchgefühl enorm wichtig. Wenn ich morgens zur Arbeit gehe, muss ich mit Elan und Freude an die Sache rangehen, ich muss mich auf meine Kollegen freuen - und dazu zählen alle Mitarbeiter im Club. Wenn dieses Gefühl nicht da ist, spürt das dein ganzes Umfeld, die Mannschaft, das Trainerteam, die Betreuer, alle. Dann ist alles andere unwichtig.
SPOX: Sagen Sie auch deshalb, dass soziale Kompetenz eine der zentralen Eigenschaften eines Trainers ist?
Tedesco: Was für mich wichtig ist, muss auch für die Spieler wichtig sein. Die Spieler müssen Bock auf Tedesco haben. Wenn ich ihnen morgens in die Augen schaue, muss der Funke überspringen, sie müssen spüren: Der Trainer ist motiviert, der ist für mich da, der mag mich. Wenn er etwas nicht so gut findet, dann sagt er mir das auch ehrlich. Ein Spieler sollte immer wissen, woran er ist. Wenn einem Trainer das gelingt, kommen die Spieler motiviert zur Arbeit.
SPOX: Ottmar Hitzfeld haben Sie hier schon häufiger als Beispiel angeführt.
Tedesco: Alle Spieler, die mit ihm zusammengearbeitet haben, sagen, Hitzfeld war der beste Trainer, weil er sozial top war. Er konnte uns führen, er hat uns motiviert und wenn wir mal zu spät waren, hat er auch mal die schützende Hand über uns gehalten, aber im richtigen Moment hat er dann wieder Gas gegeben. Diese Mischung ist ganz wichtig.
SPOX: Wie sehr helfen Ihnen in dieser Hinsicht Ihre Sprachkenntnisse? Sie sprechen Deutsch, Italienisch, Englisch, Spanisch und Französisch.
Tedesco: Auf Schalke haben mir die Sprachen zu Beginn sehr geholfen, weil wir einige Spieler hatten, die weder Deutsch noch Englisch verstanden haben. Das ist mittlerweile besser, die Jungs nehmen Deutschunterricht. Deutsch ist unsere Kernsprache, die Mannschaft muss sich anpassen. Die Videoanalysen dauern auch keine halbe Stunde mehr, weil wir alles in drei, vier Sprachen übersetzen müssen. Wir kommunizieren nur noch im Extremfall für den einen oder anderen individuell in einer anderen Sprache. Die Sitzungen dauern jetzt nur noch 20 Minuten. Das hilft. Da sind wir wieder beim Thema Zeitmanagement. Außerdem bin ich auf Deutsch immer noch am authentischsten. Da habe ich die Fachbegriffe parat und eher die Fähigkeit, eine Mannschaft zu motivieren.
SPOX: Wie schwer ist Ihnen der Abschied aus Aue gefallen?
Tedesco: Sehr schwer. Deutlich weniger Zeit zu haben für die eine oder andere Freundschaft, die in diesen Monaten entstanden ist, tut weh. Wir sind nach wie vor in Kontakt, ich habe eine enge Verbindung zu vielen Leuten und der Stadt. Ich freue mich, wenn Aue gewinnt. Aber ich habe das ja nicht für irgendeinen Klub aufgegeben, Schalke ist nicht irgendein Verein. Für mich ist Schalke eine brutale Chance, ein Mega-Verein, der für ganz viele Menschen eine große Bedeutung hat. Es macht enorm Spaß, in so einem Umfeld arbeiten zu dürfen.
SPOX: Ihre Idee für Schalke sieht eine hohe Flexibilität vor und Sie wollen, dass eine klare Handschrift erkennbar ist, trotzdem wollen Sie nicht auf einen Spielstil festgelegt sein. Wie sieht Ihre langfristige Handschrift für Schalke aus?
Tedesco: Gute Frage. Wir haben gewisse Spielprinzipien, die wir unabhängig vom Gegner immer sehen wollen. Die will ich jetzt natürlich nicht verraten, aber ich kann ihnen mal ein allgemeines Beispiel nennen.
SPOX: Bitte.
Tedesco: Ein fixes Prinzip könnte beispielsweise eine Abschlusssituation sein: Wenn ein Stürmer im Strafraum ist, soll er immer ins lange Eck schießen. Egal, ob wir Angriffspressing spielen und den Ball im Strafraum gewinnen oder ob wir aus der Spieleröffnung zum Abschluss kommen. Die Prinzipien müssen unabhängig vom Spielstil immer gelten, um den Spielern eine gewisse Verlässlichkeit mit auf dem Weg zu geben. Sie sollen vorher wissen, was passiert und wie sie darauf reagieren könnten. Das liefert schon einen kleinen Teil einer Handschrift, eine Kontur.
SPOX: Das klingt sehr auf eine spezielle Situation zugeschnitten. Wie soll der Schalke-Fußball allgemein aussehen?
Tedesco: Unser Wiedererkennungswert ist, dass wir hohe Ballgewinne erzielen wollen, das Spiel über Pressing oder eine gewisse Ballzirkulation dominant gestalten wollen. Um es auf einen Satz zu bringen: Wir möchten den Gegner permanent stressen, egal ob daheim oder auswärts, egal ob Bayern oder Unterhaching, und den Gegner auf dem falschen Fuß erwischen. Die Feinheiten sind dann gegnerspezifisch und hängen auch von den Stärken der eigenen Spieler ab.
SPOX: Damit Ihnen das gelingt, müssen Sie Ihrer Mannschaft noch die 20 bis 25 Minuten Passivität austreiben, die Sie zuletzt bemängelt haben?
Tedesco: Das ist ein Wunschgedanke. In der Bundesliga spielen auch andere Mannschaften mit, die die gleiche Idee haben. Die Passivität hatten wir vor allem in Spielen, in denen wir viel Kraftaufwand betreiben mussten. 90 Minuten hinterherrennen und brutale Aggressivität ausstrahlen geht nicht.
SPOX: Also wünschen Sie sich auch mehr Aktivität mit dem Ball?
Tedesco: Genau. Bevor wir 30 Minuten hinterherlaufen, wollen wir den Ball eher 30 Minuten zirkulieren lassen - von mir aus im schlimmsten Fall auch nicht mit der obersten Priorität, zum Abschluss zu kommen. Aber der Gegner soll hinterherlaufen. Diese Phasen können wir durch Aktivität überbrücken. Aber jede Mannschaft der Welt hat mal Phasen, in denen sie hinterher läuft, nur dürfen die Zeithorizonte nicht zu lange werden.