Genau 282 Tage ist es her, da stand Carlos Mane zuletzt für den VfB Stuttgart in einem Pflichtspiel auf dem Platz - damals noch in der 2. Bundesliga. Beim spektakulären 3:3 der Schwaben gegen Dynamo Dresden verdrehte sich der 23 Jahre alte Portugiese das rechte Knie, spielte dennoch weiter und holte in der Schlussminute humpelnd sogar noch den Elfmeter vor dem Ausgleich raus.
Es war Manes letzte von insgesamt 13 Torbeteiligungen (Sechs Tore, sieben Vorlagen) in der Aufstiegssaison der Schwaben. Von Sporting für zwei Jahre und 1,7 Millionen Euro ausgeliehen, mauserte sich der 23 Jahre alte Rechtsaußen schnell zu einer festen Stütze in der Offensive des VfB. "Das große Versprechen auf eine bessere Zukunft", titelten die Stuttgarter Nachrichten nach Manes Doppelpack in seinem ersten Spiel für den VfB gegen Greuther Fürth .
Bangen nach der Mane-Verletzung: "Es geht um die Karriere des Jungen!"
Das Versprechen hielt über weite Strecken der Saison und Mane lieferte ab, doch dann kam der 2. April und das Spiel gegen Dynamo. Erst hieß es, dass nur die Endphase der Saison für Mane gelaufen sei, nach der Diagnose sprach man von sechs Monaten Pause. Doch plötzlich ging es für Mane nicht mehr nur um eine bessere Zukunft, den Aufstieg oder die nächste Saison, sondern überhaupt um eine Zukunft als Profifußballer. "Es geht um die Karriere des Jungen", gab VfB-Sportvorstand Jan Schindelmeiser der Bild-Zeitung in einem Interview zu verstehen.
Und tatsächlich: Mane erlitt gegen Dresden einen sogenannten traumatischen Knorpelschaden, einen Riss des Knorpels, der nicht etwa durch Verschleiß infolge der Belastung verursacht wird, sondern durch abrupte Gewalteinwirkung. Im Klartext: Eine Knieverletzung, die als noch gravierender eingestuft wird, als ein Kreuzbandriss.
Eine OP und neun Monate später machte sich das tägliche Schuften in der Reha-Welt des VfB mit Muskelaufbau und Therapie für Mane endlich bezahlt: Nachdem er bereits Ende November wieder individuell trainieren konnte, folgte im neuen Jahr das Comeback im Mannschaftstraining. "Ich werde stärker zurückkommen. Der schwere Weg, der hinter mir liegt, wird mich motivieren, noch mehr auf dem Platz zu geben", sagte Mane über seine Fortschritte gegenüber der Bild.
Wolf über Mane-Comeback: "Werden Vernunft walten lassen"
Wann Mane aber tatsächlich wieder zurückkommen wird, ist nach wie vor ungewiss. Der VfB will beim mehrfachen portugiesischen U-Nationalspieler kein Risiko eingehen. Das Geduldsspiel ärgert den Spieler, der sich nach verfrühten Laufeinheiten im Anschluss an die Reha bereits einen Rüffel von den Mannschaftsärzten abholte, wohl selbst am meisten.
"Ich vermisse den Fußball. Fußball ist mein Leben", sagte Mane damals. Aber auch die Schwaben sehnen das Comeback des 23-Jährigen natürlich herbei, die Gesundheit des Spielers bleibt aber das Maß aller Dinge.
"Auch wenn wir ihn alle gerne wieder auf dem Platz hätten, werden wir Vernunft walten lassen. Es ist sehr wichtig, dass da nicht nochmal etwas passiert. Da geht es nach der langen Zeit um sehr, sehr viel - auch für ihn persönlich", sagte VfB-Trainer Hannes Wolf, angesprochen auf ein mögliches Comeback Manes zum Rückrundenstart.
Was Mane der VfB-Offensive geben kann: Tempo, Tore, Torvorlagen
Dass die Sehnsucht nach einem Spieler wie Mane beim VfB Stuttgart so groß ist, hängt hauptsächlich mit der Offensivschwäche des VfB zusammen. Nur der 1. FC Köln schoss in der Hinrunde weniger Tore (10) als die Cannstatter (13.). Auch in Sachen Chancenverwertung sind nur die Domstädter (6,3 Prozent) und Werder Bremen (8,1 Prozent) schlechter als die Schwaben (8,5 Prozent).
Dass die VfB-Offensive dringend einer Neujustierung bedarf, ist sich Wolf bewusst. "Wir brauchen insgesamt mehr offensive Durchschlagskraft, mehr Torchancen und eine bessere Trefferquote", gestand er im Interview mit dem kicker ein. All das kann Mane dem VfB geben, vorausgesetzt er kann im Laufe dieser Saison wieder an seine alten Leistungen anknüpfen.
Dort hat er mit seiner technischen Finesse und seinem Tempo bereits gezeigt, dass er sowohl als Vorlagengeber als auch als Vollstrecker den Schwaben gut tut. In beiden Rollen legte Mane darüber hinaus eine bemerkenswerte Effizienz an den Tag: Jeder vierte Abschluss des Portugiesen zappelte im Netz und auch jede dritte Flanke fand ihren Abnehmer.
Mane, Gomez und Donis: Ein "Rückkehrer"-Trio für den VfB Stuttgart
Auf eben solche Hereingaben wird in der Rückrunde besonders Mario Gomez angewiesen sein. Der Königstransfer des VfB soll die Torgefahr zurück ins Stuttgarter Spiel bringen. Für Gomez könnte ein baldiges Mane-Comeback Gold wert sein, doch auch die Tatsache, dass der im Sommer neu verpflichtete Anastasios Donis endlich verletzungsfrei ist, bietet Anlass zum Optimismus.
Der flexibel einsetzbare Donis, der aufgrund einer Schultereckgelenkssprengung und eines Muskelfaserrisses lediglich drei Spiele über 90 Minuten absolvierte, könnte in einem offensiveren 4-1-4-1-System das Pendant von Mane auf der linken Seite geben. Dadurch würde Chadrac Akolo als hängende Spitze in die Mitte rücken.
Zwar zeigte Akolo in der Hinrunde durchaus gute Ansätze, jedoch nicht als Torvorbereiter, sondern vielmehr als Vollstrecker. Lediglich sieben Flanken schlug Akolo in 14 Spielen, bereitete keinen einzigen Stuttgarter Treffer vor, traf dafür aber selbst vier Mal. Nicht unbedingt der von Schindelmeiser im Sommer präsentierte "gute Vorbereiter", der sich auf den Außen am wohlsten fühle, dafür aber abschlussstark im Sechzehner.
Neben diesem Quartett bieten auch der wiedergenesene Daniel Ginczek oder Takuma Asano Wolf taktische und spielerische Optionen. Optionen, die es in der Hinrunde schlichtweg nur selten gab. So wäre beispielsweise auch ein System mit Ginczek und Gomez als Doppelspitze für Wolf zumindest denkbar.
Mane und seine Zukunft beim VfB Stuttgart: Alles kann, nichts muss
Unabhängig davon, wie Wolf spielen lässt, die sich anbahnende Rückkehr von Mane, auch wenn sie nur langsam und vorsichtig voranschreitet, kommt für den VfB zum richtigen Zeitpunkt. Wie lange der Portugiese seine Qualitäten allerdings noch beim VfB Stuttgart einbringen kann, ist mindestens so ungewiss wie der genaue Zeitpunkt seines Comebacks.
Eigentlich sollte Mane im Sommer 2018 nach Ablauf der Leihe entweder nach Lissabon zurückkehren, oder der VfB zieht die vorhandene Kaufoption in Höhe von 15 Millionen Euro. Beide Szenarien erscheinen nach der schweren Verletzung und der neunmonatigen Zwangspause als unwahrscheinlich.
Angesichts der Tatsache, dass Mane seine Fähigkeiten bislang lediglich in der 2. Bundesliga unter Beweis stellen konnte, wird der VfB kaum eine Rekordsumme für den Rechtsaußen am Ende dieser Saison auf den Tisch legen. Vieles deutet daher auf eine Verlängerung des Leihgeschäfts um ein weiteres Jahr hin. So kann sich Mane die von Sporting gewünschte Spielpraxis auf hohem Niveau holen und der VfB hat Zeit, um zu eruieren, ob er die Kaufoption ziehen will.
Mane selbst sagte jüngst nicht zum ersten Mal, dass er gerne in Stuttgart bleiben wolle. Das Wichtigste wird jedoch erst einmal sein, dass er in dieser Saison noch so viele Spiele wie möglich macht. Ein baldiges Comeback von Mane wäre für die bis dato harmlose Offensive des VfB ein Glücksfall - und für den Spieler sowieso.