RB Leipzig hat sich nach einer guten, aber nicht sehr guten zweiten Bundesligasaison von Trainer Ralph Hasenhüttl getrennt. Der Vertrag wurde auf dessen Wunsch aufgelöst. Es ist die logische Konsequenz aus einem Misstrauensvotums des Klubs. Zwar gibt es Gründe, um dieses zu rechtfertigen. Allerdings deckt es auch schonungslos die Kehrseite des Leipziger Turbo-Erfolgsdenkens auf. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Jochen Rabe.
Seit Monaten hat es bei RB Leipzig gebrodelt. Dass Ralph Hasenhüttl als Trainer überhaupt zur Disposition stand, verstanden Außenstehende nicht wirklich.
Aber es war immer offensichtlicher, dass sich Gräben zwischen dem Erfolgstrainer der letzten beiden Jahre und dem Klub entwickelt hatten. Erst wollte der Verein verlängern und Hasenhüttl zögerte. Dann wollte Hasenhüttl verlängern und der Verein zögerte. Nach der Bilanzsitzung am Dienstag stand fest: Der Österreicher soll bleiben, aber ohne Verlängerung in sein letztes Vertragsjahr gehen.
RB Leipzig mit Misstrauensvotum gegen Ralph Hasenhüttl
Das war ein offensichtliches Misstrauensvotum gegen den Trainer. Allen Lippenbekenntnissen, dass der Verein Hasenhüttl unbedingt habe halten wollen, zum Trotz. Offenbar war sich Leipzig nicht mehr sicher, eine langfristige Zukunft mit Hasenhüttl aufbauen zu können. Der Klub kannte die Position des Trainers und beschwor die Forderung nach der Vertragsauflösung deshalb gewissermaßen herauf.
Dass dieser nicht ohne kompletten Rückhalt der Vereinsführung arbeiten möchte, ist verständlich. Die Trennung ist die logische Konsequenz. Sie deckt die Kehrseite des turbokapitalistischen Erfolgsdenkens der Leipziger auf. Erstmals seit der Trennung von Alexander Zorniger herrscht Ärger im Paradies.
RB Leipzigs bisherige Trainer
Zeitraum | Verein |
2009-2010 | Tino Vogel |
2010-2011 | Tomas Oral |
2011-2012 | Peter Pacult |
2012-2015 | Alexander Zorniger |
2015 | Achim Beierlozer |
2015-2016 | Ralf Rangnick |
2016-2018 | Ralph Hasenhüttl |
Gründe für die Trennung von RB Leipzig und Ralph Hasenhüttl
Natürlich sind das Misstrauen und die darauffolgende Trennung zu verargumentieren. Hasenhüttl hat es nicht geschafft, die Mannschaft weiterzuentwickeln. Vom Außenseiter, der die Gegner mit Hochgeschwindigkeitsfußball niederwalzt und so die Liga überrennt, hin zum Favoriten, der gegen massierte Verteidigungsreihen Lösungen finden muss. Die besten Saisonleistungen zeigte Leipzig aus der Underdog-Position heraus, etwa beim Sieg gegen die Bayern. Dagegen standen aber unter anderem Niederlagen gegen Freiburg, Köln und Mainz.
Darüber hinaus gelang es dem Trainer in der ersten Saison mit Dreifachbelastung nicht, die Kräfte der Mannschaft einzuteilen. Leipzig setzte die wenigsten Spieler aller Bundesligisten ein und ging personell zwischenzeitlich auf dem Zahnfleisch. Kein Wunder, schließlich war Leipzig auch lange in der Europa League dabei.
Zudem fiel Hasenhüttl die Integration der Neuzugänge schwer und Leistungsträger der letzten Saison stagnierten, allen voran Emil Forsberg.
Auch die Tatsache, dass Hasenhüttl bestätigte, zwischenzeitlich mit anderen Vereinen gesprochen zu haben, kann ihm negativ ausgelegt werden. Er beschäftigte sich offenbar ernsthaft mit anderen Optionen. Dennoch entschied er sich offenkundig für Leipzig und wollte eine Verlängerung. Nur der Klub wollte das nicht mehr.
Was hat die Vereinsführung von RB Leipzig erwartet?
Unter dem Strich stellt sich darauf bezogen die Frage: Was hat die Vereinsführung von RB Leipzig eigentlich erwartet? Dass nach der Vizemeisterschaft im ersten Bundesligajahr der Klubgeschichte eine weitere Steigerung ohne Rückschläge folgt? Dass der deutlich jüngste und unerfahrenste Bundesligakader die erste Spielzeit mit europäischer Belastung einfach so wegsteckt? Dass im zweiten Jahr sofort ein Titel ansteht?
Ja, Hasenhüttl hat in dieser Saison wie die Mannschaft Lehrgeld gezahlt. Aber er führte sie nach einer beachtlichen ersten Gruppenphase in der Champions League mit Platz drei später immerhin ins Viertelfinale der Europa League. Leipzig musste im DFB-Pokal bereits in der zweiten Runde gegen den FC Bayern ran - und da war nach einer bärenstarken Leistung erst im Elfmeterschießen Schluss.
Leipziger Saison war nicht sehr gut, aber gut
Und in der Bundesliga verpasste Leipzig zwar den zweiten Champions-League-Einzug im zweiten Bundesligajahr. Aber am Ende stand immerhin Platz sechs. Ein Team wie der BVB, der auf eine deutlich größere Erfahrung im Kampf um die Spitzenplätze zurückschauen kann, schnitt nur zwei Punkte besser ab.
Nein, die Leipziger Saison war nicht sehr gut, aber sie war für einen Klub in seinem zweiten Bundesligajahr gut. Angesichts der absoluten Übererfüllung der Ziele im Vorjahr war es in dieser Saison schlicht unrealistisch, direkt noch einen draufzusetzen.
Trennung von Hasenhüttl ein größerer Rückschlag als die Saisonbilanz
Bislang mischte RB im Stil des Turbokapitalismus alle Ligen auf, es ging beinahe ohne Rückschläge nach oben. Um aber ganz oben anzukommen, müssen Trainer, Mannschaft und Verein einen Lern- und Reifeprozess durchlaufen. Auf diesem Weg war die vergangene Saison ein Schritt.
Doch ein Schritt war der Vereinsführung offenbar zu wenig, weshalb sie Hasenhüttl nicht mehr uneingeschränkt vertraute. Zumindest nicht langfristig. Also blieb ein Kompromissvorschlag, den der Österreicher nicht mitgehen wollte.
Die Trennung von Hasenhüttl ist ein größerer Rückschlag als das Abschneiden in dieser Saison, denn sie deckt die große Ungeduld des Projekts auf. Und die üble Kehrseite des uneingeschränkten Erfolgswegs.
Ralph Hasenhüttls bisherige Trainerstationen
Zeitraum | Verein |
2007-2010 | SpVgg Unterhaching |
2011-2013 | VfR Aalen |
2013-2016 | FC Ingolstadt |
2016-2018 | RB Leipzig |