SPOX: Dort sind Sie inzwischen fester Bestandteil. Nach der Hinrunde steht Ihr Team auf Rang sieben, ist aus dem DFB-Pokal und der Champions League ausgeschieden. Ist das zu wenig für die Ansprüche des Vereins?
Nordtveit: Ich habe solche Situationen schon häufiger erlebt. Auch zu meiner Zeit in Gladbach haben wir uns für die Champions League oder die Europa League qualifiziert und hatten anschließend mit hohen Erwartungen zu kämpfen. Doch es ist unglaublich schwer, solche Erfolge zu bestätigen und zweimal in Serie den Sprung in die Champions League zu schaffen. In der Bundesliga ist jedes Spiel ein Kampf und es gibt keine Gegner, gegen die man im Vorbeigehen gewinnt. Es ist wie in der Premier League, es wird 90 Minuten lang gekämpft. Wir haben es aber selbst in der Hand, eine gute Rückrunde zu spielen und uns so erneut einen Platz im Europapokal zu sichern.
SPOX: Gerade in der Champions League haben Sie spielerisch bewiesen, dass Sie auch mit großen Teams wie Manchester City oder Olympique Lyon mithalten können. Was hat der Mannschaft noch gefehlt, um in diesen Spielen zu punkten?
Nordtveit: Gerade auf diesem Niveau merkt man, dass häufig nur Details die Spiele entscheiden, da spielt sicher auch Erfahrung eine Rolle. Macht man als Verteidiger einen Fehler, wird er häufig direkt mit einem Gegentor oder einem Elfmeter bestraft. Das ist sehr ärgerlich, denn in unseren Analysen haben wir gesehen, dass wir in jedem der Spiele viele Dinge hätten besser lösen können. Wir sind kein Verein, der sich bisher über Jahre hinweg für den Europapokal qualifizieren konnte, doch wir arbeiten daran. Für die Region und unsere Fans wäre es großartig, wenn wir uns in den kommenden Jahren in Europa etablieren könnten.
"Nagelsmann denkt Tag und Nacht an Fußball"
SPOX: Was macht Hoffnung, dass es in der Rückrunde wieder nach oben geht?
Nordtveit: Wir müssen weniger Tore kassieren und mehr Tore schießen. (lacht) Es klingt so einfach, aber wir haben in der Hinrunde zu viele einfache Fehler gemacht, die uns Punkte gekostet haben. Unsere Mannschaft ist offensiv ausgerichtet und riskiert viel, diese Spielweise fordert der Coach von uns und wir arbeiten jeden Tag daran. Wir haben viele Chancen nicht genutzt - und es kam mir auch so vor, als hätten wir ständig den Pfosten oder die Latte getroffen. Und tatsächlich haben wir auch die meisten Alu-Treffer der Liga. Nun habe ich ein gutes Gefühl, dass der Ball in solchen Situationen wieder häufiger reingeht.
SPOX: Nach Wenger oder Lucien Favre haben Sie mit Julian Nagelsmann nun einen ganz anderen Trainertypen. Was unterscheidet ihn von den alten Hasen?
Nordtveit: Ich sehe sehr viel von Arsene Wenger und Lucien Favre in Julian. Er denkt Tag und Nacht an Fußball - genau wie die beiden. Im Vergleich mit Arsene Wenger verfolgt Julian sicherlich eine modernere Idee von Fußball. Unter ihm spielen wir kein klassisches 4-4-2-System, sondern sind in der Lage, jede Woche die Formation zu wechseln und uns so perfekt auf den kommenden Gegner einzustellen. Es kommt immer wieder vor, dass wir mitten im Spiel das System wechseln. Er kann den Gegner lesen und erkennt, was deren Plan ist. Das macht unseren Trainer sehr besonders. Schon vor meinem Wechsel nach Hoffenheim habe ich viel Gutes über Julian gehört, als Spieler unter ihm kann ich nun zweifellos sagen, dass er zu den Leuten mit dem größten Fußballsachverstand gehört, die ich kenne.
SPOX: Trauen Sie Nagelsmann eine ähnliche Karriere zu wie Wenger und Favre?
Nordtveit: Julian ist so alt wie mein Bruder und ich kann nicht beurteilen, wie Wenger oder Favre in diesem Alter gearbeitet haben. Er steht noch am Anfang seiner Trainerkarriere, aber hat schon jetzt relativ viel Erfahrung. Ich glaube, er bringt alle Voraussetzungen mit, um eine ähnlich große Karriere hinzulegen. Wenger ist eine absolute Legende, an die kaum ein Trainer herankommen kann, doch warum sollte Julian nicht ähnliches schaffen, wenn er seinen Weg weitergeht? In jedem Fall hat er eine große Zukunft vor sich.
Nordtveit schwärmt von Reus und ter Stegen
SPOX: Mit Blick auf Ihre Karriere fällt auf, dass Sie in der Nationalmannschaft, der Bundesliga und der Premier League mit einigen großen Spielern zusammengespielt haben. Wer hat Sie am meisten beeindruckt?
Nordtveit: Puh, das waren wirklich einige - fußballerisch, aber auch menschlich. Zu meiner Zeit bei West Ham konnte ich über Mark Noble, Andy Carroll oder Dimitri Payet staunen. In Deutschland haben mich Marco Reus und Marc-Andre ter Stegen am meisten beeindruckt. Wenn Marco fit ist, gehört er zu den absoluten Top-Spielern in Europa, was er aktuell unter Beweis stellt. Das Gleiche gilt für ter Stegen. Er ist die Nummer 1 beim FC Barcelona und zählt ohne Zweifel zu den besten Torhütern auf dem Kontinent.
SPOX: Wer war Ihr härtester Gegenspieler?
Nordtveit: Wer mir hier sofort einfällt, ist Eden Hazard. Er kann sich auf einer 1-Euro-Münze drehen und sofort wieder Höchstgeschwindigkeit aufnehmen - das ist schon Wahnsinn. Als ich mit West Ham gegen Everton gespielt habe, musste ich auch feststellen, dass Romelu Lukaku ein absolutes Monster ist. Doch auch Spiele gegen Zlatan Ibrahimovic oder Robert Lewandowski bleiben besonders in Erinnerung.
SPOX: Zum Schluss noch ein Blick in die Zukunft. Sie sind jetzt 28 Jahre alt und haben bereits Erfahrungen in Deutschland und England gemacht. Wo sehen Sie sich in drei Jahren?
Nordtveit: Ich habe bei der TSG einen Vertrag bis 2022 und Deutschland ist inzwischen mein zweites Zuhause. Ich fühle mich absolut wohl und habe die Absicht, bis dahin dem Verein mit meiner Erfahrung zu helfen. Danach plane ich, zurück nach Norwegen zu gehen, um wieder bei meiner Familie sein zu können.