Felix Kroos im Interview über Tonis Kinofilm: "Der Aufstieg ist mein persönlicher WM-Titel"

Toni oder Felix Kroos? Wer hat mehr Ahnung von der NBA?
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Toni sagt im Film, dass er überhaupt kein Problem damit hätte, die Rollen zu tauschen. Und Sie natürlich auch nicht, wenn Sie dann Weltmeister wären und bei Real spielen würden. Wie schwer war es für Sie, sich nicht mit Toni zu vergleichen und einer ähnlichen Karriere hinterherzuhecheln?

Kroos: Natürlich war es schwer. Es war ein Entwicklungsprozess, den ich durchmachen musste. Ich darf mich nicht mit Toni vergleichen. Wenn wir uns anschauen, was Toni alles erreicht hat in seiner Karriere: Wer kann das schon von sich behaupten? Diesem Vergleich kann so gut wie niemand standhalten. Ich habe den Vergleich mit Toni immer als unfair empfunden, ich verstehe aber auch, dass dieser Vergleich ganz automatisch kommt. Wichtig ist, dass ich derjenige bin, der sich wirklich über jeden Erfolg von Toni am meisten gefreut hat. Ich bin auf meine Karriere genauso stolz. Der Aufstieg mit Union ist mein persönlicher WM-Titel. Er hat für mich die gleiche Wertigkeit. Rein sportlich betrachtet träumst du natürlich davon, bei Real zu spielen, aber wenn ich sehe, welchen Preis Toni dafür bezahlen muss, dass er sich in der Öffentlichkeit kaum frei bewegen kann, dann bin ich froh, dass ich das nicht habe. Mir würde da ein Stück Freiheit fehlen. Ich bin sehr glücklich mit meiner Karriere und meinem Leben.

Toni hat in seinem Interview-Marathon zur Film-Promo behauptet, dass Sie nichts besser können als er.

Kroos: So eine Aussage ist natürlich in keiner Weise ernstzunehmen. Ich mag es wie gesagt nicht so sehr, Vergleiche zu ziehen, weil wir beide unsere Talente und Schwächen haben, aber es gibt selbstverständlich Sachen, die ich besser kann. Ich habe zum Beispiel mehr Ahnung von der NBA. Wenn ich mir anschaue, wie unsere NBA-Tippspiele ausgegangen sind, kann ich das schon mal mit Fug und Recht behaupten. Und der Punkt beim Hochzeitstanz geht auch an mich, bei Toni ist der nämlich damals ausgefallen, ich habe ihn gemacht, da muss meiner ja wohl besser gewesen sein.

Felix Kroos: "Toni kann auch sehr lustig sein..."

Ihre Bruder-Beziehung ist sehr von Humor geprägt, das sieht man auch immer wieder in den sozialen Netzwerken, wenn Sie zum Beispiel mit Dollarzeichen auf Tonis Vertragsverlängerung reagieren.

Kroos: Generell kann man ja alles, was auf Social Media passiert, nicht so richtig ernstnehmen. Für mich ist das eine witzige Spielerei. Aber es stimmt, in unserer Familie ist ein gewisser Humor vorhanden. Ich glaube, dass die Art Humor von unserem Opa kommt, er hat uns das in die Wiege gelegt. Toni muss sich wohlfühlen, damit er seine witzige Seite auch zeigen kann, aber er kann auch sehr lustig sein, auch wenn er an mich nicht ganz heran kommt. (lacht)

Sie sagen im Film, dass Toni gerne ein paar Mal mehr Gefühle zeigen darf. Es gibt sehr emotionale Bilder von Ihnen auf seiner Hochzeit, wie war es jetzt andersherum?

Kroos: Da ging es ähnlich emotional zu. Toni kann Gefühle zeigen, bei ihm sind es aber ausgewählte Momente. Da bin ich ein bisschen offener, ich musste das aber auch erst lernen. Ich bin jetzt acht Jahre mit meiner Frau zusammen, sie hat mir extrem geholfen, dass ich gelernt habe, mehr Gefühle zu zeigen. Ich habe gemerkt, dass es eine Stärke ist, auch mal Schwächen zuzulassen und zu zeigen. Aber da ist jeder anders.

Toni hat den Tick, dass seine Fußballschuhe immer schön geputzt und weiß sein müssen, wenn er nach unten schaut. Was ist Ihr Tick?

Kroos: Da kann ich nicht mithalten. Meine Fußballschuhe müssen aus Leder sein, aber das ist kein Tick.

Felix Kroos: "Toni hat bei Bayern nicht anders gespielt als bei Real"

Viele Menschen versuchen in der Doku, das Phänomen Toni Kroos zu greifen und ihn zu beschreiben. Was macht ihn aus Ihrer Sicht aus?

Kroos: Seine Ruhe, sein Selbstbewusstsein und sein Wissen, für jegliche Situationen immer eine Lösung parat zu haben. Wenn du im Kopf schneller bist als der Gegner und weißt, was in der übernächsten Situation passieren wird, ist das ein großer Vorteil. Toni ist sich seiner Stärke sehr bewusst, dieses Vertrauen in sich selbst gibt ihm sehr viel Sicherheit. Das Freistoß-Tor bei der WM gegen Schweden ist das perfekte Beispiel. 90 Prozent der Fußballer können den Freistoß so schießen, aber du musst ihn in dieser Situation unter dem brutalsten Druck so schießen. Das macht Weltklasse aus, das hebt dich ab.

Würden Sie sagen, dass Toni in seiner Karriere phasenweise verkannt wurde?

Kroos: Auf jeden Fall wurde er verkannt. Der Punkt ist, dass sich mit dem Erfolg die Wahrnehmung komplett verändert. Wenn du in München Meister und Pokalsieger wirst, okay, aber wenn du dann mit Real dreimal in Folge die Champions League gewinnst, ist das eine ganz andere Ebene. Toni hat bei Bayern nicht anders gespielt als bei Real, ich sehe da keinen großen Unterschied, aber die Wahrnehmung ist eine ganz andere geworden.

Toni verrät im Film, dass er die Vertragsverlängerung bei den Bayern zehn Minuten nach der Unterschrift schon wieder bereut hat.

Kroos: Die Verlängerung bei den Bayern war damals der nächste logische Karriereschritt, aber gegen die Logik stand das Gefühl, bei Bayern nicht richtig aufgehoben zu sein. Trotzdem sage ich, dass die Bayern-Zeit für Toni extrem wichtig und prägend war. Bis zur Bayern-Zeit ging es für Toni immer nur bergauf, er war in der Jugend immer der Beste, Rückschläge oder Widerstände kannte er gar nicht. Deshalb war es entscheidend, dass er auch diese Phasen erlebt hat, dass er nach Leverkusen ausgeliehen wurde und reifen konnte. Ich würde die Bayern-Zeit absolut positiv bewerten und ich weiß, dass Toni das auch so sieht.

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