Jhon Cordoba kann es kaum erwarten, dass es wieder losgeht. Nach seiner Sperre am ersten Spieltag gegen den VfL Wolfsburg (1:2) kehrt der Torjäger des 1. FC Köln zum Heim-Auftakt gegen Meisterschaftsanwärter Borussia Dortmund (heute ab 20.15 Uhr LIVE auf DAZN und im LIVETICKER) zurück in den Kader des Aufsteigers. Für die Domstädter ist der 26 Jahre alte Kolumbianer mittlerweile unverzichtbar.
Mit 20 Treffern in der vergangenen Saison war Cordoba maßgeblich an der Bundesliga-Rückkehr der Geißböcke beteiligt. Zuvor war der im Sommer 2017 für 17 Millionen Euro vom 1. FSV Mainz 05 verpflichtete Profi wegen seiner mageren Torausbeute aber noch als Flop verschmäht worden.
Im Interview mit SPOX und Goal erklärt Cordoba, wie er seine Leidenszeit überwunden hat und warum er keine Genugtuung gegenüber seinen Kritikern verspürt. Außerdem spricht er über seine Liebe zu Gott, seine Anfänge auf den Straßen Kolumbiens und seine vertragliche Situation beim FC.
Herr Cordoba, am Freitag schnuppern Sie wieder Bundesliga-Luft. Was haben Sie sich für das Spiel gegen den BVB vorgenommen?
Jhon Cordoba: Drei Punkte. Ich bin topfit und bereit, mein Bestes zu geben. Dortmund ist stark, aber wir spielen in unserem Stadion mit unseren Fans im Rücken, die sich wie wir Spieler ein Jahr lang nach der Bundesliga gesehnt haben. Deshalb sind wir definitiv nicht chancenlos. Wir wollen ein positives Ergebnis erzielen.
Welchen Spieler finden Sie bei Dortmund am stärksten?
Cordoba: Eindeutig Mats Hummels. Er ist neben Sergio Ramos der beste Verteidiger, auf den ich in meiner bisherigen Karriere getroffen bin. Er ist so spiel- und zweikampfstark, so dominant. Wenn er am Ball ist, hast du als Offensivspieler kaum eine Chance, an den Ball zu kommen.
Im ersten Spiel, bei dem Sie aufgrund einer Rotsperre fehlten, kassierte der FC eine 1:2-Niederlage gegen den VfL Wolfsburg. Welche Ziele haben Sie sich als Mannschaft für die Saison gesetzt?
Cordoba: Das Ziel im ersten Jahr nach dem Wiederaufstieg muss natürlich sein, in der Liga zu bleiben. Wir wollen den FC langfristig in der Liga etablieren.
Jhon Cordoba: "Aufgeben war keine Option"
Vor einem Jahr wurden Sie nach dem Abstieg von den eigenen Fans ausgepfiffen und kritisiert, nachdem Sie für 17 Millionen Euro vom FSV Mainz 05 gekommen waren und kein Bundesliga-Tor erzielt hatten. Was waren die Gründe für dieses Formtief?
Cordoba: Es war eine sehr unglückliche Phase, in der viele verschiedene Dinge zusammen kamen. Mal war ich angeschlagen, mal hatte ich Pech im Abschluss. Das sollen aber keine Ausreden sein. Für mich war nach der Saison klar, dass ich in der Schuld stand. Bei den Fans, bei der Mannschaft, beim gesamten Verein. Außerdem war ich selbst nicht zufrieden mit mir, weil ich nicht das gezeigt habe, was ich kann.
In der vergangenen Saison haben Sie 20 Tore erzielt. Anschließend wurden Sie zum vereinsinternen "Spieler der Saison" gewählt. Eine Genugtuung?
Cordoba: Nein, Genugtuung habe ich nicht verspürt. Tore zu schießen ist mein Beruf und ich wollte mir in erster Linie selbst beweisen, dass ich noch weiß, wo das Tor steht. Es war keine einfache Situation, aber die Verantwortung dafür hatte ich allein. Also habe ich unermüdlich trainiert, ohne mich mit Worten gegen die Kritik zu wehren. Ich wollte lieber meine Leistung auf dem Platz sprechen lassen. Das hat funktioniert.
Gab es eine Phase, in der Sie sich am Rande der Verzweiflung befanden?
Cordoba: Wenn es schlecht läuft, fragen wir uns doch alle: "Was soll das jetzt? Was mache ich hier eigentlich?" Aufgeben war trotzdem keine Option. Die Unterstützung meiner Familie und die Schwangerschaft meiner Frau haben mich stärker gemacht, die Geburt unserer Tochter Isabella in diesem Sommer war für mich der schönste Augenblick meines Lebens. Was ich sagen will: Negative Situationen gibt es immer. Wenn man aber ein Umfeld hat, das einem Kraft spendet, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man sie überwindet. Ich denke, dass alles seinen Grund hat und Gott einen in die richtige Bahn lenkt.
Jhon Cordoba: "Der Glaube an Gott hilft mir"
Welche Rolle spielt Gott in Ihrem Leben?
Cordoba: Eine sehr wichtige. Ich bete täglich und fliege seit Jahren unmittelbar nach der Saison im Juni für zwei Tage nach Mexiko, um dort in einer für mich besonderen Kirche Gebete zu sprechen. Das ist ein schönes Ritual zum Start in den Urlaub. Der Glaube an Gott hilft mir, meine Träume zu verwirklichen.
Ist die kolumbianische Nationalmannschaft einer dieser Träume? Bisher warten Sie noch auf Ihr erstes A-Länderspiel.
Cordoba: Die Nationalmannschaft ist ein Traum, aber auch ein Ziel, das ich mir für die kommenden Jahre gesetzt habe. In erster Linie denke ich aber an meinen Verein. Ich warte nicht auf den Anruf des Nationaltrainers, sondern arbeite daran, mich so gut wie möglich beim FC zu präsentieren, bis für ihn irgendwann kein Weg mehr daran vorbeiführt, mich zu nominieren.
Weitere Tore würden Ihnen dabei sicher helfen. Wie viele haben Sie sich denn für diese Saison vorgenommen?
Cordoba: Ob es diese Saison wieder 20 Tore werden, kann ich nicht sagen. Ich will so viele Tore wie möglich erzielen. Ich setze mir da kein konkretes Ziel. Wenn ich Tore vorbereite, bin ich genauso glücklich.
Warum kommt Ihnen das 4-4-2-System von Trainer Achim Beierlorzer so sehr entgegen?
Cordoba: Ich bin ein mitspielender Stürmer, der sich den Ball auch gerne mal früher abholt und mit seinen Kollegen kombiniert. Als einzige Spitze müsste ich weiter vorne spielen, da könnte ich das nicht.
Sichere Dir jetzt deinen kostenlosen Probemonat und verfolge Köln gegen Dortmund gratis auf DAZN!
Sie leben seit vier Jahren in Deutschland. Wie steht es um Ihr Deutsch?
Cordoba: Der Schritt von Spanien nach Deutschland war riesig. Während ich in Spanien wegen der Sprache kaum Zeit gebraucht habe, um mich zu integrieren, habe ich mich in Deutschland im ersten Moment verloren gefühlt, weil alle nur Deutsch gesprochen haben. Das war wie eine andere Welt. Rückblickend weiß ich aber, dass mir diese Tatsache sehr geholfen hat. Ich musste mich der neuen Sprache und damit auch einem neuen Leben öffnen. Heute bin ich voll integriert und verstehe, was meine Mitspieler sagen. Nur mit dem Sprechen habe ich noch Schwierigkeiten. (lacht)
In Spanien spielten Sie für Espanyol Barcelona und den FC Granada, waren aber nicht wirklich erfolgreich. Warum?
Cordoba: Als ich als 20-Jähriger nach Spanien gekommen bin, war ich gefühlt noch ein Kind, hatte wenig Selbstvertrauen. Es gibt Spieler, die in dem Alter schon reif genug sind, um in einer europäischen Top-Liga zu bestehen. Bei mir war das damals noch nicht der Fall.
Jhon Cordoba: "Fußball war vom ersten Tag an alles für mich"
Sie kommen aus einer Fußballerfamilie. Ihr Vater Manuel Acisclo Cordoba war selbst Profi - und damit gleichzeitig Ihr großes Vorbild?
Cordoba: Ich habe meinen Vater nie im Stadion spielen sehen, aber ich habe natürlich erzählt bekommen, dass er ein sehr guter Spieler war. Mein großes Vorbild war und ist trotzdem Didier Drogba. Kein Stürmer hat mich bis heute so sehr fasziniert wie er. Seine Ausstrahlung auf dem Platz war unglaublich, er wollte immer treffen und gewinnen.
Sie wuchsen in bescheidenen Verhältnissen in der kolumbianischen Kleinstadt Istmina auf. Wo wären Sie heute, wenn Sie kein Profi wären?
Cordoba: Um ehrlich zu sein hatte ich keinen Plan B. Der Fußball war damals die einzige Möglichkeit, aus meinem Viertel herauszukommen, er war vom ersten Tag an alles für mich. Als kleiner Junge habe ich von morgens bis abends mit ein paar Freunden auf der Straße gekickt und meiner Mutter immer wieder gesagt, dass ich unbedingt Profi werden möchte.
Sie spielten bis zu Ihrem 15. Lebensjahr in einer Schulmannschaft, dann wechselten Sie über Empfehlungen zum FC Envigado, einem über 300 Kilometer von Ihrer Heimat entfernten Verein. War dieser Schritt für Ihre Entwicklung entscheidend?
Cordoba: Ohne jeden Zweifel. Ich kann von Glück reden, meine Ausbildung bei Envigado durchlaufen zu haben. Der Verein hat eine für südamerikanische Verhältnisse ausgezeichnete Infrastruktur und bereitet Talente auf den Sprung nach Europa vor. Entscheidend war aber, dass ich mich immer auf den Fußball konzentriert habe. Ich hatte den unbedingten Willen, meinen Traum zu verwirklichen. Hätte ich mich ablenken lassen, wäre ich heute nicht hier.
SPOXJhon Cordoba: "Ich habe ja noch zwei Jahre Vertrag"
Bei Envigado wurde auch James Rodriguez ausgebildet. Hatten Sie Kontakt zu ihm, als er noch beim FC Bayern spielte?
Cordoba: Ja, als er mit dem FC Bayern gegen uns gespielt hat, haben wir uns ein bisschen unterhalten. Er ist ein netter Kerl, dem ich nur das Beste wünsche. Es ist schade, dass er der Bundesliga nicht erhalten geblieben ist.
Wie sieht es mit Ihrer Zukunft aus?Viele FC-Fans hoffen nach Ihrer starken Saison 2018/19, dass Sie ihren Vertrag verlängern.
Cordoba: Darüber sollte man zu gegebener Zeit sprechen. Aktuell ist alles entspannt, der Fokus liegt auf der neuen Saison. Ich mache mich da auch nicht verrückt, weil mein Vertrag ja noch zwei Jahre läuft. Wird werden sehen, was passiert.
Jhon Cordoba: Die Leistungsdaten 2018/19
Minuten | Tore | Vergebene Großchancen | Vorlagen | Passquote | Zweikampfquote |
1915 | 20 | 10 | 1 | 76,3 % | 46,9 % |