Herr Brandt: Warum nicht immer so?
Julian Brandt: Wir sind keine Roboter. Wir alle machen Fehler und es gibt manchmal Phasen, da läuft es überhaupt nicht so, wie man es sich vorstellt. Das Wichtige ist, dass wir es meiner Meinung nach zum richtigen Zeitpunkt noch geschafft haben, so ein bisschen aus dieser Situation, in der viel Negatives um uns herum passiert ist, herauszukommen. Mit dem Sieg bei Hertha und dem gegen Düsseldorf haben wir eine Atmosphäre geschaffen, die gerade in Hinblick auf das Spiel am Dienstag gegen Slavia Prag wichtig ist.
Man hatte das Gefühl, dass Sie auf der Achter-Position richtig aufgeblüht sind. Täuscht der Eindruck?
Brandt: Es macht mir auf jeden Fall sehr viel Spaß, da zu spielen. Das hat man nicht nur an mir gesehen, sondern an der ganzen Mannschaft. Wenn man aus dem Zentrum aktiv ist, kann das ein Spiel beleben. Ich finde auch, dass Axel Witsel das gut gemacht hat. Man ist in dieser Position an alle Spieler angeknüpft und sozusagen die Verbindung zwischen der Defensive und Offensive.
Brandt spricht über das Zusammenspiel mit Reus
Es hieß oft, dass Sie und Marco Reus nicht zusammenspielen können. Haben Sie das widerlegt?
Brandt: Ich bin generell kein Freund davon, nach Ausreden zu suchen. In den letzten Wochen war es allerdings teilweise sehr schwierig. Manchmal braucht man Zeit, um sich aneinander zu gewöhnen. Die Abläufe kommen immer mehr zustande. Man weiß, wo der Spieler steht, auch wenn man ihn nicht sieht.
Woran liegt sowas?
Brandt: Ich selbst habe eine Zeit lang auf der Außenbahn gespielt, dann als Stürmer, jetzt spiele ich zentral. Marco war gefühlt auf dem Platz immer woanders. Wenn sich sowas nach einer gewissen Zeit verselbstständigt, dann merkt man auch, dass es so werden kann, wie es in der letzten Saison in Leverkusen gewesen ist. Vor allem, weil man oft den Vergleich zu Kai Havertz und mir in der letzten Saison zieht. Das sind Prozesse, die nicht immer von heute auf morgen funktionieren. Die Geduld hatten wir beide sowieso. Wir glauben daran, dass das definitiv funktioniert. Heute hat man gute Ansätze gesehen.
Sind Sie jetzt so richtig in Dortmund angekommen?
Brandt: Ich weiß natürlich auch, dass gerade in den letzten Wochen und Monaten nicht immer alles perfekt geklappt hat. Man wird an Toren und Vorlagen gemessen. Das ist für Offensivspieler so und das hat man zu akzeptieren. Wenn aber die Eingewöhnungsphase vorbei ist und man sich etwas mehr auf einer Position festspielt, wird man über die Spiele gesehen viel konstanter. Für mich war es wichtig, dass es gegen Hertha und nun gut geklappt hat.
Brandt: "Ich habe ein sehr gesundes Selbstbewusstsein"
Haben Sie in den letzten Wochen an sich gezweifelt?
Brandt: Ich zweifle nie an mir. Das ist wirklich so. Ich habe ein sehr gesundes Selbstbewusstsein. Natürlich hinterfrage ich manche Sachen, das sollte man schon machen. Ich zweifle aber nicht daran, dass ich es kann. Ich glaube, dass viele gute Dinge auch in mir stecken. Ich bin auf dem Weg dahin, dass es bei Borussia Dortmund so ist, wie viele es von mir schon kennen.
Es gab zwei Momente in dieser Saison, in denen man hätte glauben können, dass der Trend richtig positiv ist. Was macht Sie optimistisch, dass es dieses Mal auch konstant klappen kann?
Brandt: Siege bringen immer Selbstbewusstsein, das ist klar. Entscheidend ist aber auch die Art und Weise. Ich finde, dass wir in der ersten Halbzeit in Berlin ein gutes Spiel gemacht haben. Es war nach dem Platzverweis schwer, aber auch dort konnte man positive Aspekte erkennen und sehen, dass viel Leidenschaft mit dabei war und wir gut verteidigt haben. Heute hat man gesehen, dass viel Spielwitz, Spielfreude und Selbstvertrauen dabei waren. Jadon Sancho hat zwei Mal getroffen, Marco Reus auch. Zwei Spieler also, von denen in der Vergangenheit einige gedacht haben, was mit denen los ist. Man muss sich in einen Flow arbeiten, dann wird es in Dortmund wie in der letzten Saison. Dann passieren viele, viele gute Dinge.
Defensiv war gegen Düsseldorf und in Berlin eine deutlich höhere Stabilität zu erkennen. Sehen Sie einen Zusammenhang zum neuen taktischen System?
Brandt: Offensiv haben wir eine sehr gute Raumaufteilung. Wir können immer untereinander spielen, wir können den Ball halten. Das macht den Gegner müde. Es ist für uns wichtig, dass wir nicht nur kontern, sondern den Ball mal halten können. Defensiv ist es so, dass wir durch die Hereinnahme von Zagadou eine körperliche Maschine auf dem Platz haben. Der räumt alles weg, auch zusammen mit Manuel Akanji. Wir Sechser versuchen zu pressen, auch mit den Halbpositionen, also Hakimi und Guerreiro. Das passt momentan sehr gut. Gefühlt haben wir heute sehr viele zweite Bälle gewonnen.