Die mit Abstand längste Zeit arbeiteten Sie unter Jürgen Klopp und Thomas Tuchel.
Kuhnert: Ich bin mit Thomas gut zurechtgekommen, er ist eigentlich ein angenehmer Typ. Er wirkt nach außen anders, aber er kann ein total alberner und lustiger Mensch sein. Der Schein trügt bei ihm. Natürlich war er auch mal hart im Umgang und mit Sicherheit niemand, der sich auf der Nase herumtanzen lässt. Er konnte die Spieler aber richtig begeistern, weil er nicht nur fachlich ein herausragender Trainer ist.
Und Klopp?
Kuhnert: Zu Kloppo hatte ich eine andere Verbindung, weil ich ja noch mit ihm zusammengespielt habe. An seiner Emotionalität kommt keiner vorbei. Mit ihm war ich auch immer auf Augenhöhe. Thomas dagegen war jemand, den ich vorher nicht kannte.
Hätten Sie gedacht, dass Klopp einmal diese Entwicklung als Trainer nehmen würde?
Kuhnert: Ihm traue ich grundsätzlich vieles zu. Der könnte aus der kalten Hose "Wetten, dass..?" moderieren und muss sich nicht lange auf irgendetwas vorbereiten. Es kommt einfach aus ihm heraus. Man sieht es ja auch an seinen Spielern und deren positiven Umgang miteinander. Bei ihm ist selbst der 20. Mann im Kader immer bereit, man hört nie etwas Schlechtes. Kloppo ist ein Menschenfänger, der Umgang mit den Leuten ist seine ganz große Stärke.
Welche Anekdote fällt Ihnen als erstes ein, wenn Sie an Klopp denken?
Kuhnert: Wir beide wollten mal an einem freien Tag im Trainingslager in Herzlake auf ein Schützenfest in der Umgebung fahren. Also sind wir auf die Fahrräder gestiegen und ewig durch die Pampa gefahren. Es war schon fast richtig dunkel bis wir endlich an dem Ort angekommen sind. Direkt am Ortseingang sahen wir dann ein riesiges Schild. Dort stand, dass das Schützenfest erst eine Woche später stattfindet. Keine Ahnung, irgendwie hatte ich mich vertan. Jedenfalls mussten wir den ganzen Weg wieder zurückradeln und ich wurde dabei von ihm schwer beschimpft. Da musste ich einiges einstecken, aber auch zu Recht. (lacht)
Sie haben im Fußball so viele Leute kommen und gehen sehen, dazu mit Mainz den Weg mitgemacht von weit unten bis in die Bundesliga. Welche Veränderung im Laufe der Jahre prangern Sie am meisten an?
Kuhnert: Mir fehlt es heute vor allem, dass die Spieler nicht mehr eine so große Eigenverantwortung haben. Die kriegen von vorne bis hinten alles hinterhergetragen, es wird alles für sie gemacht. Arsene Wenger hat einmal gesagt: Der Unterschied ist, wenn heute ein Spieler nicht gut gespielt hat, rätseln Trainer, Ärzte und Physios und machen sich Gedanken über die Gründe. Wenn man früher schlecht gespielt hat, fing man erst einmal bei sich selbst an.
Apropos früher: Was fällt Ihnen beim Namen Thomas Ziemer ein?
Kuhnert: Er war ein ehemaliger Mitspieler. Ein begnadetes Talent und herausragender Techniker, der auch das Leben neben dem Fußball genossen hat.
Und Ziemer war es, der am 5. August 1995 im Zweitligaspiel gegen Hannover 96 nicht nur das 1:0 für die 05er erzielte, sondern auch nicht spielberechtigt war. Sie köpften damals in der letzten Minute den 2:2-Ausgleich, die Partie wurde wegen Ziemers Einsatz im Nachhinein aber mit 0:2 gewertet - und Ihr Tor annulliert. Wie groß war Ihr Hals?
Kuhnert: Ich habe mich eine Woche später, als das herauskam, schon geärgert. Wir hatten uns nach dem Tor alle gefreut wie blöd. Torsten Lieberknecht hat per Ecke serviert. Es war auch ein schönes Tor, ein Kopfball wie aus dem Lehrbuch. (lacht) Thomas konnte aber nichts dafür. Das lag damals an unserem Betreuer, der einfach vergessen hat, ihn auf die Spielerliste für den DFB zu setzen. Das hat auch nur dieses eine Spiel betroffen. Wir waren ein Amateurverein, dem schlicht ein Fehler unterlaufen ist. Am Ende haben wir die Klasse gehalten und es war alles gut.
Wann wird es denn bei Ihnen gut sein, wie lange wollen Sie noch in Mainz machen?
Kuhnert: Ich habe keinen Plan. Solange die Knochen funktionieren, ich den Ball von A nach B kriege und nicht nur aufs Werfen angewiesen bin, kann es noch weitergehen. Ich bin körperlich ganz gut drauf. Sobald ich mich auf dem Platz quäle, ergibt es aber keinen Sinn mehr.