Klarer kann man eine Absage eigentlich nicht formulieren. "Falls ein Wechsel irgendwann einmal ein Thema werden sollte, würde mich eher der Schritt ins Ausland reizen als ein Wechsel zu Bayern", sagte Timo Werner vor zwei Tagen der Bild.
Nur beim FC Bayern selbst sieht man das offenbar anders, denn laut kicker bewerten die Bosse Werners Aussagen lediglich als "taktisches Manöver".
Doch Werner will offenbar nicht länger als Spielmasse und Ersatzlösung im Poker um Leroy Sane dienen, der für die Münchner weiterhin Priorität hat. Werner sucht offenbar nach einer Alternative - und die liegt in der Premier League.
Timo Werner: Interesse von Barca, Real, Juve und Inter
Zwar haben nach Informationen von SPOX und Goal auch der FC Barcelona und Real Madrid Interesse bekundet, ebenso sollen Juventus Turin und Inter Mailand den Torjäger von RB Leipzig auf dem Zettel haben. Doch einerseits ist Werner eher als Plan B gehandelt, wenn bei Inter und Juve durch einen Abschied von Lautaro Martinez bzw. Gonzalo Higuain Bedarf besteht oder wenn Barca und Real ihre Favoriten, Martinez und Erling Haaland, nicht bekommen sollten.
Zum anderen stellt sich die Frage, welche Klubs sich aufgrund der Corona-Pandemie überhaupt noch hohe Transferausgaben leisten können. Schließlich wäre Werner nur dann vorzeitig aus seinem noch bis 2023 laufenden Vertrag in Leipzig herauszubekommen, wenn die Ausstiegsklausel mit der festgeschriebenen Ablöse in Höhe von bei 60 Millionen Euro bedient wird.
Daher scheint sowohl wirtschaftlich als auch sportlich ein Wechsel in die Premier League wahrscheinlicher, als Kandidaten werden der FC Chelsea und Manchester United gehandelt. Am konkretesten ist aber der Kontakt zum FC Liverpool. Mit Jürgen Klopp gab es laut Bild bereits Gespräche, auch wenn Meldungen über eine weitgehende Einigung über einen mit rund zehn Millionen Euro pro Saison dotierten Fünfjahresvertrag dementiert werden.
Gegenseitiges Interesse von Liverpool und Timo Werner
Die Reds würden den Nationalstürmer gerne verpflichten, sind aber aktuell noch unsicher, ob sie die hohe Ablöse investieren wollen und können. Laut Guardian hat der Traditionsklub die Werner-Seite daher informiert, dass man noch Zeit für die Entscheidung brauche, ob man ein formales Angebot abgibt.
Das grundsätzliche Interesse ist aber beidseitig. "Sie haben mit Jürgen Klopp einen der besten Trainer der Welt, der auch noch Deutscher ist. Es sprechen viele Sachen dafür, dass ich auch mit meiner Spielweise vielleicht dahin passen würde", hatte Werner schon im Februar erklärt.
Die Torgefahr, der schnelle Antritt und die Konterstärke sprechen für den 24-Jährigen. Andererseits stellt sich die Frage, wo für ihn bei Liverpool Platz sein soll angesichts des Weltklasse-Sturmtrios mit Mo Salah, Roberto Firmino und Sadio Mane.
"Timo Werner ist nicht diese Art von Spieler. Seine größte Stärke ist bei Weitem seine Schnelligkeit. Und wenn ich mir die Matches von Liverpool ansehe, ist Liverpool den meisten Teams so überlegen, dass die Gegner sich hinten reinstellen. Wenn man Werner keinen Platz lässt, ist er viel weniger effektiv", meinte daher der Ex-Liverpooler Didi Hamann bei Sky Sports. "Ich denke nicht, dass er ein Spieler für die Außenbahnen ist. Für mich ist er durch die Mitte am besten, und ich würde einfach nicht wissen, wo er spielen könnte oder sollte."
Timo Werners Statistiken bei RB Leipzig
Saison | Spiele | Tore | Assists |
2016/17 | 32 | 21 | 7 |
2017/18 | 45 | 21 | 10 |
2018/19 | 37 | 16 | 9 |
2019/20 | 36 | 27 | 12 |
Gesamt | 150 | 88 | 39 |
Liverpool-Legende Thompson: "Werner will kommen und wird kommen"
Ganz anders sieht das Reds-Legende Phil Thompson. Der 66-Jährige, der mit Liverpool in den 70er und 80er Jahren fünfmal den Europacup und siebenmal die Meisterschaft gewann, würde einen Wechsel Werners begrüßen.
"Er wäre ein echter Herausforderer für die drei da vorne", sagte Thompson demselben Sender. "Wir haben Divock Origi als Ersatz, aber wir brauchen jemand besseren. Ich bin mir sicher, Werner will kommen und wird kommen." Liverpool benötige so wie andere Rivalen wie Manchester City zwei Topspieler für jede Position: "Er wäre eine fantastische Verpflichtung und jemand, den wir aktuell brauchen."
Neben Thompson zweifeln auch andere Experten und Fans die Qualitäten des Belgiers Origi an, mehr als ein Joker für die Schlussphase zu sein. Und aufgrund der Verlegung des Afrika-Cups werden Mane und Salah im nächsten Januar und Februar im schlimmsten Fall zwei Monate fehlen. Der vielseitig einsetzbare Werner könnte ein perfekter Ersatz sein, denn im Gegensatz zu Hamanns Expertise hat er nicht nur zentral seine Stärken. Vielmehr ist er schon immer nach außen ausgewichen oder dort als hängende Spitze aufgestellt worden, womit er gut in Klopps bevorzugtes 4-3-3-System und dessen Gegenpressing-Konzept passen würde.
Der Erfolgscoach kennt Werners Qualitäten (21 Bundesligatore in dieser Saison) und traut ihm offenbar eine ähnliche Entwicklung zu wie seinen etablierten Angreifern, die alle in einem ähnlichen Alter wie Werner nach Liverpool kamen und dort einen Leistungssprung in die Weltspitze machten.
Spätestens Mitte Juni muss sich der Champions-League-Sieger entschieden haben, ob er Werners Ausstiegsklausel bedienen will. Sollte er sich dagegen entscheiden, wäre das laut des Nationalstürmers auch kein Problem: "Ich weiß extrem zu schätzen, was ich an RB Leipzig habe und würde deswegen niemals sagen: Ich muss hier unbedingt weg!"
Rangnick rät Werner zum Verbleib bei RB Leipzig
Förderer Ralf Rangnick, der seinen schwäbischen Landsmann 2016 für eine Ablöse von 14 Millionen Euro vom Absteiger VfB Stuttgart verpflichtete, rät Werner zum Verbleib. "Timo wird sich gut überlegen, ob er bei einem anderen Verein die Möglichkeit hat, so regelmäßig zu spielen, wie das hier der Fall ist", sagte der Ex-Trainer und jetzige Head of Global Soccer von RB-Besitzer Red Bull der Mitteldeutschen Zeitung: "Er hat sich nochmal weiterentwickelt, gerade was seine Trefferquote anbetrifft und könnte unter Julian Nagelsmann und mit seinen Kollegen nochmal einen Sprung machen. Ich würde mich freuen, wenn er bliebe."
Das ist nach allem, was man hört, zwar unwahrscheinlich, aber in Corona-Zeiten dennoch nicht ausgeschlossen.