Die zurückliegende Horror-Woche hatte für Achim Beierlorzer schon einige Tiefschläge parat, der satte K.o. folgte aber erst am Montagmittag: Der 52-Jährige muss seinen Posten als Trainer beim FSV Mainz 05 räumen, nach dem Chaos der vergangenen Tage kam die Entlassung für niemanden mehr überraschend - auch wenn Beierlorzer freilich nicht der Alleinschuldige an der Krise ist.
Schließlich sehen sich die punktlosen Rheinhessen nach der desaströsen Klatsche gegen Aufsteiger VfB Stuttgart (1:4) nicht nur mit einem sportlichen Fehlstart konfrontiert - der aufsehenerregende Trainingsstreik am vergangenen Mittwoch hatte verdeutlicht, dass bei den 05ern weit mehr im Argen liegt. Der mittlerweile selbst in der Kritik stehende Sportvorstand Rouven Schröder betonte, dass der Klub mit der Trennung "der aktuellen Entwicklung Rechnung tragen und der Mannschaft kurzfristig und perspektivisch neue Impulse geben" wolle.
Beierlorzer selbst zeigte sich "enttäuscht über die Entscheidung des Vereins", wie er in einer Klubmitteilung zitiert wurde. Nach der Entlassung von David Wagner bei Schalke 04 hat die Bundesliga bereits nach dem zweiten Spieltag den zweiten Trainer-Rauswurf.
Noch am Sonntagmorgen hatte Beierlorzer, der erst im vergangenen November wenige Tage nach seiner Entlassung beim 1. FC Köln in Mainz angeheuert hatte, das Auslaufen am Bruchweg geleitet. Mit einem Lachen im Gesicht verließ er die Anlage, während wenige Meter weiter die Vereinsverantwortlichen um Schröder und Klubboss Stefan Hofmann das Chaos der vergangenen Tage analysierten.
Mainz 05: "Analyse der aktuellen Situation noch nicht abgeschlossen"
Dabei kamen sie auch zum Schluss, dem bisherigen Co-Trainer Jan-Moritz Lichte (40) "bis auf Weiteres" und damit schon im Punktspiel am Freitag (20.30 Uhr live auf DAZN) bei Union Berlin als Interimslösung die Verantwortung für das Team zu übertragen. "Wir werden seine Entwicklung in unsere Entscheidung über die künftige Besetzung der Trainerposition einbeziehen", sagte Schröder, der zu Lichtes Unterstützung näher an die Mannschaft rücken will.
Die Welt beim selbsternannten Karnevalsverein ist damit aber alles andere als heil, die Nachwehen der zurückliegenden Turbulenzen sind noch immer spürbar. "Mit dem Wechsel auf der Position des Trainers ist unsere Analyse der aktuellen Situation nicht abgeschlossen", versicherte Schröder. Es gehe nun darum, "die Vorkommnisse der vergangenen Woche selbstkritisch aufzuarbeiten und Lösungen zu finden", dabei spüre der Sportchef "in allen Bereichen des Vereins das große Verlangen nach Geschlossenheit".
Genau die hatten die Mainzer zuletzt vermissen lassen, die Gräben im Klub waren zahlreich und tief. Zwischen Mannschaft und Trainer kriselte es dem Vernehmen nach schon länger, der Trainingsboykott der Spieler als Solidaritätsbekundung gegenüber dem degradierten Stürmer Adam Szalai legte schwerwiegende Fehler in der Kommunikation zwischen sportlicher Führung und Mannschaft offen. Auch Schröder, der Beierlorzer schon direkt nach der besorgniserregenden Heim-Pleite gegen Stuttgart am Samstagabend die Rückendeckung entzogen hatte, gab dabei kein gutes Bild ab.
Der Scherbenhaufen ist jedenfalls gewaltig, die Krise in Mainz tiefgreifend. Auch die Diskussion um eine Rückzahlung des verzichteten Gehalts während der Coronakrise erhitzte zuletzt die Gemüter, dazu gilt es, die vielen Gräben im Verein zuzuschütten. Und da kommt ja auch noch der Bundesliga-Fehlstart mit null Punkten aus zwei Spielen hinzu. Es dürfte unruhig bleiben am Rhein.