BVB - Reinier und seine Situation bei Borussia Dortmund: Moukoko macht's nicht leichter

Reinier wurde im August 2020 vom BVB ausgeliehen.
© imago images/Uwe Kraft

Über sechs Monate lang absolvierte Reinier kein Pflichtspiel mehr. Bei Borussia Dortmund hinkt der von Real Madrid ausgeliehene Brasilianer derzeit noch ziemlich hinterher. Wie kann die Perspektive des 18-Jährigen beim BVB aussehen?

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Die Hoffnung war berechtigt, denn die Rechnung ging auf: Reinier, im Sommer von Real Madrid für zwei Jahre zu Borussia Dortmund ausgeliehen, erhielt die von ihm und seinem Klub ersehnte Spielpraxis. 82 Minuten durfte der vielseitig einsetzbare Offensivspieler vor drei Tagen für die U23 der brasilianischen Nationalelf ran - das sind nur 23 Minuten weniger als das, was ihm beim BVB bislang vergönnt war. Reinier erzielte dabei einen Treffer und könnte am Dienstagabend gegen Ägypten auf weitere Minuten kommen.

Sieben Kurzeinsätze bekam Reinier unter Lucien Favre spendiert. In diesen insgesamt 105 Spielminuten wechselte ihn der Dortmunder Trainer vorrangig im offensiven Mittelfeld ein. Viel ist das angesichts des engen Spielkalenders und der von Favre großflächig praktizierten Rotation freilich nicht.

Eine riesige Überraschung jedoch auch nicht, wenn man sich Reiniers bisheriges Jahr 2020 vor Augen führt. 30 Millionen Euro hatte Real erst im Januar an Flamengo Rio de Janeiro überwiesen, um den einen Tag zuvor 18 Jahre alt gewordenen Spieler zu sich zu holen. Einen Spieler für die Zukunft, wie ihn Chefcoach Zinedine Zidane nannte.

Eingesetzt wurde Reinier in seiner kurzen Zeit bei den Königlichen aber vor allem in der zweiten Mannschaft. Nach drei Partien standen schon zwei Tore und eine Vorlage zu Buche, ehe die Saison in der Segunda Division B Corona-bedingt vorzeitig abgebrochen wurde. Für einen Jungspund, der sein bisheriges Leben auf einem anderen Kontinent verbrachte, gewiss keine leichte Zeit, um sich sportlich wie privat zu akklimatisieren.

Reinier hinkt beim BVB ziemlich hinterher

Erst Recht nicht, wenn nur ein paar Monate später der nächste Umzug ansteht. Mitte August unterschrieb der Brasilianer einen bis 2022 gültigen Leihvertrag bei der Borussia und ist seitdem dort dabei, sich an die neuen Begebenheiten zu gewöhnen.

Sein Problem: Bis er vier Wochen später beim 5:0-Sieg im DFB-Pokal in Duisburg erstmals für 21 Minuten eingewechselt wurde, bestritt er etwas mehr als sechs Monate kein Pflichtspiel mehr. Und wie lautet doch ein altes Fußballer-Motto: Kein Training kann den Wettkampf ersetzen.

Reinier hinkt also ziemlich hinterher. Das gilt auch jetzt noch, drei Monate nach seiner Ankunft beim BVB. "Man merkt ihm an, dass er in Spanien monatelang kaum trainieren und nicht spielen konnte. Das Thema Körperlichkeit ist bei ihm noch nicht da", sagte Sportdirektor Michael Zorc kürzlich zu den Ruhr Nachrichten.

Mangelnde Physis und fehlendes taktisches Verständnis

Auch das ist nicht wahnsinnig überraschend, jedoch lässt ein solches Zwischenfazit nach der bisherigen Zeit zumindest aufhorchen - vor allem, nachdem Reinier bei seinem Wechsel von Zorc selbst eine "gute körperliche Robustheit" attestiert wurde. Daher dürfte es die Dortmunder Verantwortlichen sicherlich erfreut haben, dass ihr Spieler bei der U23 Brasiliens die dringend benötigte Spielpraxis erhielt und weiter an seinen Defiziten arbeiten konnte.

Neben der mangelnden Physis liegen diese vor allem noch im taktischen Verständnis, wie in Reiniers bisherigen Auftritten für den BVB deutlich zu sehen war. Dort fehlte ihm meist die Bindung zum Spiel sowie das richtige Anlaufverhalten, so dass noch keine Aktionen heraussprangen, die in Erinnerung geblieben sind.

"Ich muss mich an das körperlichere Spiel anpassen, vor allem aber muss ich mich taktisch verbessern", sagte der 18-Jährige nach seiner Startphase in Deutschland. "Die Einheiten sind anstrengend, mit einer hohen Intensität. Das Tempo ist sehr hoch und du hast nur wenig Zeit zu reagieren, weil immer sofort ein Gegenspieler an dir dran ist."

Wie kann Reiniers Perspektive beim BVB aussehen?

Der springende Punkt wird sein: Wie kann Reiniers kurz- und vor allem mittelfristige Perspektive in Dortmund überhaupt aussehen? Im Offensivbereich haben die Schwarzgelben schließlich massig Personal zu bieten, das Reinier gleich mehrere Schritte voraus ist. Und die baldige Einsatzbereitschaft des dann 16-jährigen Youssoufa Moukoko macht es für Reinier nicht leichter, um im vorderen Bereich auf Einsatzzeiten zu kommen, die ihm in seiner Entwicklung auch entscheidend weiterhelfen können.

Rosige Aussichten auf Besserung seiner Situation sind das nicht. Die Dortmunder Verantwortlichen werden im Umgang mit ihm aber gewiss die nötige Geduld aufbringen. Ob die auf Gegenliebe stößt, könnte auf einem anderen Blatt stehen.

Jedenfalls berichtete kürzlich die bei Real-Themen meist gut informierte Sportzeitung AS, dass man bei den Königlichen unzufrieden sei mit Reiniers derzeitiger Situation und man gar über einen möglichen Abbruch der Leihe im Januar nachdenke. "Mittelfristig eine effektive Entwicklung" erwarte man bei Real von Reinier, wie es heißt. Auch der Spieler wolle "nach einer Lösung suchen", sollte sich die Lage bis zur Winterpause nicht deutlich verbessern.

Reinier beim BVB: Erste Saison als Lehrjahr

Es wäre nicht das erste Mal, dass Real ein Leihgeschäft vorzeitig beendet. Beispielsweise entpuppte sich noch in der Vorsaison die Leihe von Torwart-Talent Andrij Lunin nach Valladolid als wenig effektiv, so dass sich die Madrilenen entschlossen, ihn zu Oviedo weiter zu verleihen.

Viel Geld sollte man auf ein solches Szenario im Fall von Reinier allerdings nicht setzen. Schließlich hätte auch der BVB als Vertragspartner ein gewaltiges Wörtchen mitzureden - und nach Informationen von SPOX und Goal beinhaltet Reiniers Leihvertrag in Dortmund zumindest keine Klausel, wonach das Geschäft nun im Winter oder im kommenden Sommer beendet werden könnte. Reinier wurde zudem unter anderem auch deshalb verpflichtet, um angesichts der anstrengenden Spielzeit die nötige Breite im Kader zu garantieren.

Daher ist es im Moment wohl am sinnvollsten, wenn man Reiniers erste Saison in der Bundesliga schon jetzt als Lehrjahr überschreibt. Es liegt dabei an allen Beteiligten, inwiefern er sich in dieser Zeit so verbessern kann, dass das Leihgeschäft auch ein erfolgreiches wird.

Reinier bei seinem Champions-League-Debüt für den BVB gegen Lazio.
© imago images / Revierfoto
Reinier bei seinem Champions-League-Debüt für den BVB gegen Lazio.

Reinier: Seine Karriere im Überblick

ZeitraumVereinPflichtspieleToreVorlagen
2019Flamengo Rio de Janeiro1562
2020Real Madrid Castilla321
seit 2020Borussia Dortmund7--