Im "perfekten Sturm" steht Hans-Joachim Watzke eisern auf der Kommandobrücke. Der Geschäftsführer bleibt bei Borussia Dortmund der Kapitän, der das ächzende Dickschiff durch die größte Krise seit dem Beinahe-Konkurs 2005 steuert. Der 61-Jährige verschiebt den Ruhestand und verlängerte seinen 2022 auslaufenden Vertrag vorzeitig um drei Jahre bis zum 31. Dezember 2025.
"In dieser außergewöhnlichen Situation war es ein Gebot der Stunde, da war ich mir mit Reinhard Rauball und dem Präsidialausschuss einig", sagte Watzke dem SID. Er habe aber dabei "die Bitte geäußert, dass die Herren, insbesondere Reinhard Rauball, auch die Bereitschaft zeigen, an Bord zu bleiben." Präsident Rauball ist bis 2022 gewählt.
"Es ist uns nach intensiven Gesprächen gelungen, Hans-Joachim Watzke für weitere drei Jahre als Vorsitzenden der Geschäftsführung zu gewinnen", sagte Rauball in einer Mitteilung des deutschen Vize-Meisters vom Montag.
Trotz coronabedingt "dramatisch veränderter Parameter" und großer Einnahmeverluste sei es Watzke und dessen Mitstreitern gelungen, den BVB "in stürmischer See stabil auf Kurs zu halten".
Rauballs Wortwahl verrät: Watzkes Verbleib ist eminent wichtig. Der gebürtige Sauerländer war 2001 als Schatzmeister zum hochverschuldeten BVB gekommen, er hat den Verein in dramatischen Wochen vor dem Konkurs gerettet und ihn seit 2005 als Geschäftsführer sukzessive zur zweiten Macht im deutschen Fußball geformt. Vor der Corona-Pandemie spielte Watzke immer wieder mit dem Gedanken, seine Ära in Dortmund nach seinem geplanten Vertragsende im Jahr 2022 zu beenden.
Watzke: "Dann wäre ich zurückgetreten"
Nach der turbulenten Saison 2016/17 hatte Watzke sogar mehrfach öffentlich über Rücktrittsgedanken gesprochen. "Nach der letzten Saison war mein Akku erstmals in meinem Leben komplett leer", sagte Watzke Ende 2017 der Bild-Zeitung: "Hätten wir das Pokalfinale verloren, wäre ich definitiv zurückgetreten." Derlei Gedanken sind längst vom Tisch.
Im Frühjahr betonte Watzke im Interview mit dem Handelsblatt: "Ich kenne meine Verantwortung gegenüber diesem Verein sehr genau. Es ist völlig ausgeschlossen, dass ich in der größten Krise von Bord gehe."
Die Westfalen befürchten weitere gewaltige Einbußen - trotz hoher Erträge durch die Champions League. Mindestens 90 Millionen Euro Mindereinnahmen werden es sein.
BVB: Auch Treß und Cramer verlängern
Finanzgeschäftsführer Thomas Treß, der gemeinsam mit Watzke und Marketing-Chef Carsten Cramer einen neuen Vertrag bis 2025 unterschrieb, bestätigte den Ruhr Nachrichten für das Jahr 2020 einen Verlust in Höhe von 43,5 Millionen Euro. Aufgrund der anhaltenden Coronakrise werde das Ergebnis in diesem Jahr sogar "noch einmal deutlich schlechter ausfallen".
Auch die sonst sicher gepachtete Königsklasse droht der BVB in dieser Saison zu verpassen - damit würden weitere 30 Millionen Euro fehlen, die aufaddiert werden müssten. Laut Treß habe der Klub "für zwei Jahre Kreditlinien bis zu 120 Millionen Euro besorgt", davon habe der BVB bis zum Jahreswechsel 28 Millionen Euro in Anspruch genommen.
Die wirtschaftliche Stabilität von Borussia Dortmund sei jedoch weiterhin gegeben. Hans-Joachim Watzke will sie erhalten: auch im "perfekten Sturm".