Arminia Bielefeld, Werder Bremen, 1. FC Köln: Das Abstiegs-Finale in der Bundesliga aus drei Perspektiven

Oliver Maywurm
21. Mai 202111:53
Werder-Legende Thomas Schaaf soll den Klub vor dem Abstieg bewahren.getty
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Hertha BSC, Mainz 05 und der FC Augsburg haben sich am vergangenen Wochenende gerettet, der FC Schalke steht bereits seit längerem als erster Absteiger fest. Bleiben drei Teams, die am letzten Spieltag der Bundesliga das Finale im Abstiegskampf inszenieren werden: Arminia Bielefeld, Werder Bremen und der 1. FC Köln.

SPOX undGoalbeleuchten die Lage bei den drei Klubs, bevor am Samstag über Wohl und Wehe entschieden wird.

Bundesliga-Abstiegskampf: Die Perspektive von Arminia Bielefeld

  • Tabellenstand: 15.
  • Tore / Punkte: 24:52 / 32
  • Gegner am letzten Spieltag: VfB Stuttgart (auswärts)

Großes Ziel statt zwingend notwendige Pflicht: Unter diesem Motto lässt sich die Situation von Arminia Bielefeld vor dem letzten Spieltag zusammenfassen. "Die Mannschaft hat schon etwas gewonnen, weil sie da steht, wo sie steht", sagte Sportgeschäftsführer Samir Arabi bereits vor dem 1:1 gegen Hoffenheim am 33. Spieltag.

Durch den Punkt gegen die TSG verließ die Arminia dann sogar den Relegationsplatz und sprang auf Rang 15, hat den direkten Klassenerhalt nun also selbst in der Hand. Das ist einerseits natürlich Druck, für den Aufsteiger andererseits aber auch eine unverhoffte Chance - positiver Druck sozusagen.

Vor der Saison galt Bielefeld für die Allermeisten als Abstiegskandidat Nummer eins. Unter den drei noch im Abstiegskampf verbliebenen Teams haben die Ostwestfalen sicherlich mit Abstand am wenigsten die Pflicht, erstklassig zu bleiben. Dass mit einem erfolgreichen Verbleib in der Bundesliga sogar große Euphorie einherginge, bewies nicht zuletzt die Aktion der Fans am vergangenen Wochenende, die den Mannschaftsbus mit tosender Unterstützung zum Stadion begleiteten.

"Jeder von uns hatte da extreme Gänsehaut und sogar das eine oder andere Tränchen in den Augen", sagte Trainer Frank Kramer hinterher. "Wenn man sieht, wie die ganze Stadt dieses große Ziel lebt, wie die Fans uns Mut machen wollen - das ist einerseits natürlich eine große Verpflichtung, andererseits tut das aber extrem gut."

Bundesliga: Die Tabelle vor dem Saisonfinale

PlatzTeamSp.ToreDiffPkt.
1.Bayern München3394:425275
2.RB Leipzig3359:302965
3.Borussia Dortmund3372:452761
4.Wolfsburg3359:342561
5.Eintracht Frankfurt3366:521457
6.Bayer Leverkusen3352:361652
7.1. FC Union Berlin3348:42647
8.Borussia M'gladbach3360:54646
9.VfB Stuttgart3356:53345
10.SC Freiburg3351:49245
11.TSG Hoffenheim3350:53-340
12.FC Augsburg3334:49-1536
13.1. FSV Mainz 053336:54-1836
14.Hertha BSC3340:50-1035
15.Arminia Bielefeld3324:52-2832
16.Werder Bremen3334:53-1931
17.1. FC Köln3333:60-2730
18.Schalke 043325:85-6016

Arminia vor Abstiegs-Finale: "Nicht in die Hose machen"

Auch rein sportlich sprechen die jüngsten Eindrücke zumindest nicht gegen Bielefeld. Nur eines der letzten sieben Spiele ging verloren, das 0:5 in Gladbach geht durchaus als Ausrutscher durch. Und die Leistung in der jüngsten Partie gegen Hoffenheim war extrem ansprechend, sogar ein Sieg wäre drin gewesen.

Kapitän und Stürmer Fabian Klos lobte in einem Interview auf dem YouTube-Kanal des Klubs, es sei "außergewöhnlich, dass wir am letzten Spieltag den direkten Klassenerhalt aus eigener Kraft schaffen können." Dennoch mahnte er: "Wichtig ist: Wir dürfen uns nicht in die Hose machen. Das hat noch nie geholfen. Das wird auch diesmal nicht helfen."

Was die Arminia tunlichst vermeiden muss, ist die womöglich verlockende Vorstellung, dass schon ein Unentschieden oder sogar eine Niederlage reichen könnte, sollten Bremen und Köln nicht gewinnen. Einige Experten sehen darin eine Gefahr, zudem ist ein Auswärtsspiel in Stuttgart sicherlich keine einfache letzte Aufgabe. Zumal der VfB ja noch die Chance hat, auf Platz sieben zu springen und damit die Conference League zu erreichen.

Bielefeld hat also den Vorteil, die geringste Verpflichtung auf den Klassenerhalt zu verspüren und punktemäßig in der Pole Position zu sein. Doch in Letzterem liegt eben auch eine Gefahr - und in der schwierigen Aufgabe in Stuttgart.

Bundesliga-Abstiegskampf: Die Perspektive von Werder Bremen

  • Tabellenstand: 16.
  • Tore / Punkte: 34:53 / 31
  • Gegner am letzten Spieltag: Borussia Mönchengladbach (zuhause)

Seit fast zweieinhalb Monaten hat Werder kein Bundesliga-Spiel mehr gewonnen, aus den letzten neun Partien in der Liga holten die Norddeutschen nur einen Punkt. Was den Trend angeht, ist Bremen gegenüber Bielefeld und Köln eindeutig im Nachteil.

Hinzu kommt das unglückliche Handling der Personalie Florian Kohfeldt, der nach der Bewährungschance im Pokal-Halbfinale gegen Leipzig bleiben durfte, dem es dann aber nicht gelang, die positiven Ansätze auch in die Partien gegen Augsburg und Leverkusen hinüberzuretten. Die Entlassung Kohfeldts nach dem 0:2 beim FCA vergangenes Wochenende war dann mehr oder weniger eine Verzweiflungstat der Werder-Verantwortlichen.

Die einzige Hoffnung, die man in Bremen nun noch hat, ruht auf Thomas Schaaf. Kann der Meistertrainer von 2004 seine Aura nutzen, um das Ruder am letzten Spieltag und in der möglichen Relegation doch noch einmal herumzureißen? "Ich wollte mir selbst nicht vorwerfen müssen, dass ich nichts versucht habe", erklärte Schaaf seine Entscheidung, so kurzfristig noch zu helfen. "Ich bin mit dem Verein verbunden, und wir haben so eine große gemeinsame Geschichte, dass das eine Herzensangelegenheit ist."

Bundesliga: Der 34. Spieltag im Überblick

Datum, UhrzeitHeimAuswärts
22.05.
15:30
FC Bayern MünchenFC Augsburg
22.05.
15:30
Borussia DortmundBayer Leverkusen
22.05.
15:30
TSG HoffenheimHertha BSC
22.05.
15:30
VfL Wolfsburg1. FSV Mainz 05
22.05.
15:30
Eintracht FrankfurtSC Freiburg
22.05.
15:30
1. FC Union BerlinRB Leipzig
22.05.
15:30
1. FC KölnFC Schalke 04
22.05.
15:30
Werder BremenBor. Mönchengladbach
22.05.
15:30
VfB StuttgartArminia Bielefeld

Bremer Hoffnungsschimmer? "Schaaf hat einen klaren Plan"

Betrachtet man die spielerisch mehr als mauen Leistungen der letzten Wochen, kristallisierte sich die Karte Schaaf in den Tagen vor dem Saisonfinale tatsächlich als größter Hoffnungsschimmer für Werder heraus. "Herr Schaaf" statt "Flo" nennt Ömer Toprak jetzt seinen Trainer und zeigte sich beeindruckt von der Bremer Ikone: "Herr Schaaf hat einen klaren Plan, eine klare Idee. Die will er uns vermitteln - in Video-Sitzungen und auf dem Platz. Er ist dabei sehr klar in seinen Formulierungen."

Bremen benötigt mindestens einen Punkt, um sich noch direkt retten zu können. Natürlich strebt man gegen zuletzt in ihren Leistungen sehr stark schwankende Gladbacher aber einen Sieg an, um zumindest den direkten Abstieg sicher zu vermeiden - und bei Bielefelder Punktverlusten dann auch nicht wieder in die Relegation zu müssen.

Möglicherweise hat man in Bremen die Reißleine doch noch rechtzeitig gezogen. Denn vom Spielerpotenzial her gehört Werder sicherlich in die Bundesliga und ist auch in der Lage, Gladbach zu schlagen. Der Trainerwechsel von Kohfeldt zu Schaaf hat tendenziell zumindest noch einmal neue Kräfte geweckt.

Bundesliga-Abstiegskampf: Die Perspektive des 1. FC Köln

  • Tabellenstand: 17.
  • Tore / Punkte: 33:60 / 30
  • Gegner am letzten Spieltag: FC Schalke 04 (zuhause)

Der frühere Bayern-Star Stefan Effenberg brachte die Situation des 1. FC Köln in zwei Aspekten vergangenen Sonntag im Sport1-Doppelpass ganz gut auf den Punkt.

Einerseits sei es ein Vorteil für die Kölner, dass man mit einer klaren Marschroute in den letzten Spieltag geht: Der FC muss gewinnen, um noch eine Chance auf den Klassenverbleib zu haben. Denn ein Unentschieden reicht bei einer um acht Treffer schlechteren Tordifferenz als Bremen realistisch gesehen auch dann nicht für den Relegationsplatz, sollte Werder gegen Gladbach verlieren. Und Bielefeld kann man ohnehin nur dann noch überflügeln, wenn man selbst gewinnt und die Arminia eben nicht.

Dass es für Köln am letzten Spieltag gegen die abgeschlagenen Schalker geht, sehen viele derweil als großen Vorteil im Abstiegsfinale. Effenberg nicht: "Schalke ist ein sehr gefährlicher Gegner zum Abschluss. Die hatten nach dem Sieg über Frankfurt Tränen in den Augen, weil sie ein Spiel gewonnen haben. Schalke das einfachste Spiel? Ich sage, das ist das schwierigste."

Tatsächlich präsentierte sich S04 gegen Frankfurt befreit, siegte mit 4:3 und legte eine im Saisonvergleich geradezu euphorische Leistung aufs Parkett. Köln ist also gewarnt - und will auch deshalb von der ersten Sekunde an forsch auftreten, um erst gar keine Zweifel an einem Sieg aufkommen zu lassen: "Wir werden von Beginn an aggressiv nach vorne spielen. Wir gehen ins Risiko und werden keinen Ball verloren geben", sagte Trainer Friedhelm Funkel dem kicker.

1. FC Köln: Rechenspiele und Fakten

Unter Funkel stabilisierte sich Köln in den letzten Wochen, holte einen überraschenden Heimsieg gegen Leipzig und einen furiosen Dreier in Augsburg. Die erste Hälfte beim 1:4 zuhause gegen Freiburg hingegen war desolat, zudem erntete der Coach mancherorts Kritik dafür, beim 0:0 in Berlin am vergangenen Samstag nicht voll auf Sieg gesetzt zu haben.

"Wir wussten, wie es bei den anderen Spielen steht. Wer bedenkt, wie viele Punkte Köln in der Schlussphase hergeschenkt hat, weil die Mannschaft undiszipliniert war, sieht das noch deutlicher", verteidigte sich Funkel im Doppelpass. "Ich habe das richtig eingeschätzt und wusste, dass wir mit einem Punkt und einem Sieg dann gegen Schalke beide Konkurrenten überholen können."

Zudem sei der Druck auf Bielefeld mit dem Punktgewinn gegen die Hertha "wesentlich höher geworden", weil Bielefeld bei einem Kölner Sieg ob der Tordifferenz nun ebenfalls gewinnen müsse, um vor dem FC zu bleiben. Bei einer Niederlage in Berlin hätte es für den FC in dieser Hinsicht schlechter ausgesehen.

Fakt ist: Köln hat eine wohl nur auf dem Papier leichte Aufgabe am letzten Spieltag und ist in jedem Fall davon abhängig, dass Werder und die Arminia Federn lassen.