Einen Spieltag vor Saisonende hat Werder Bremen nun doch Trainer Florian Kohfeldt entlassen. Es ist ein Akt purer Verzweiflung. Die Nibelungentreue, die Kohfeldt von Werder-Sportchef Frank Baumann zuteil wurde, hielt viel zu lange. Und es ist wahrscheinlich, dass sie "tödlich" enden wird. Auch deshalb muss Baumann eigentlich mit Kohfeldt gehen. Ein Kommentar.
Es ist noch gar nicht so lange her, da hat Florian Kohfeldt Frank Baumann selbst die Tür zu seiner Entlassung geöffnet. Nach der 1:3-Niederlage gegen Union Berlin Ende April hatte er ihn sogar quasi dazu aufgefordert, zumindest eine klare Entscheidung zu treffen (die Highlights des Spiels im Video). Schließlich werde Kohfeldt selbst im Angesicht des drohenden Total-Kollaps nicht von selbst weglaufen.
"Wenn jemand das Gefühl hat, dass es mit einer anderen Person besser geht und es einen neuen Impuls braucht, muss man mir das sagen und mit mir besprechen", forderte Kohfeldt. Was er bekam, war aber weder das eine noch das andere - nämlich Bewährung statt volle Überzeugung.
Die Werder-Führung um Baumann gab ihm ein sogenanntes "Endspiel", das Pokal-Halbfinale gegen Leipzig - und das, obwohl es dafür keinerlei Argumente mehr gegeben hatte. Die gab es auch nicht nach der kämpferisch guten Leistung gegen die Leipziger in Kohfeldts Bewährungsspiel, so sehr Baumann nun auf die positive Stimmung verweist, die anschließend in Bremen trotz des Halbfinal-Aus und des drohenden Abstiegs geherrscht habe.
Das Einzige, was Kohfeldt vor und nach dem Leipzig-Spiel noch auf dem Trainerstuhl hielt, war die zwar generell im schnelllebigen Business Profifußball erfrischende, aber in Kohfeldts Fall völlig unangebrachte Nibelungentreue.
Werder Bremen: Baumann muss auch beim Klassenerhalt gehen
Jene Treue hatte Werder dem Trainer zwar bereits vergangene Saison in noch aussichtsloserer Lage entgegengebracht und am Ende über die Relegation die Klasse doch noch gehalten. Aber was folgte dann? Werder verschloss die Augen vor dem Unübersehbaren und ließ sich auch zwischenzeitlich blenden vom knappen Aus im Pokal. Es war ein gefährliches Spiel, das Baumann nun zum wiederholten Male spielen wollte - ohne auch nur die geringsten Anzeichen dafür, dass das Risiko abermals belohnt werden könnte.
Hätte Baumann an jenem Sonntag vor drei Wochen die Reißleine gezogen, hätte der neue Trainer immerhin zwölf Tage Vorbereitung bis zum nächsten Bundesligaspiel gegen Bayer Leverkusen gehabt - und danach noch weitere Möglichkeiten, um letzte Impulse für die letzten beiden Spiele zu setzen.
Welch positive Tragweite so etwas haben kann, zeigt sich am Beispiel Augsburg: Dort hatte Stefan Reuter kurz vor Saisonende Heiko Herrlich entlassen, in Markus Weinzierl einen alten Bekannten zurückgeholt und durfte als Lohn dafür ausgerechnet gegen Werder am Samstag den Klassenerhalt feiern.
Anders als Reuter scheute Baumann eine solche Entscheidung aber - und das könnte für Werder nun tatsächlich "tödlich" enden. Es lässt tief blicken, wenn Baumann zur Installierung von Thomas Schaaf als Retter sagt, dieser müsse nun den Spielern "die unbedingte Überzeugung und den absoluten Willen" mit auf den Weg geben. Dass Kohfeldt das nicht geschafft hat, zu dieser Erkenntnis kam Baumann reichlich spät - möglicherweise zu spät.
Ob Klassenerhalt oder nicht: Spätestens nach der Saison muss auch Frank Baumann gehen. Eigentlich hätte er das gleich am Sonntag machen müssen.
Werder Bremen: Die letzten Trainer
Name | Dauer | Punkteschnitt |
Florian Kohfeldt | 30.10.2017 - 16.05.2020 | 1,34 |
Alexander Nouri | 19.09.2016 - 30.10.2017 | 1,30 |
Viktor Skripnik | 25.10.2014 - 18.09.2016 | 1,31 |
Robin Dutt | 01.06.2013 - 25.10.2014 | 1,02 |
Thomas Schaaf | 10.05.1999 - 15.05.2013 | 1,65 |