Eigentlich war Antonios Papadopoulos für die zweite Mannschaft von Borussia Dortmund vorgesehen. Aufgrund der angespannten Personalsituation in der Innenverteidigung des BVB könnte der 21-Jährige nun unverhofft sein Bundesligadebüt feiern.
Als Antonios Papadopoulos Mitte Juni bei der U23 von Borussia Dortmund unterschrieb, ahnte der 21-jährige Deutsch-Grieche höchstwahrscheinlich noch nicht, dass ihm zwei Monate später statt in der aktuell für knapp über 1000 Zuschauer zugelassenen Spielstätte der Dortmunder Reserve ein Auftritt vor 25.000 BVB-Fans winken würde.
Denn der Neuzugang vom Halleschen FC könnte nur wenige Tage nach seinem DFB-Pokaleinsatz gegen Wehen Wiesbaden im Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt (Samstag, 18.30 Uhr im LIVETICKER) Bundesliga-Premiere feiern.
74 Profispiele bestritt Papadopoulos vor seinem Wechsel zu den Westfalen, allesamt in der 3. Liga beziehungsweise in Verbandspokalen. Ausgebildet in der Jugend der Stuttgarter Kickers, des FSV Waiblingen und VfR Aalen, feierte er bei Letzteren 2017 sein Profidebüt.
"Toni verfügt über eine herausragende Mentalität und Einstellung sowie über eine ausgezeichnete Physis", sagt Aalens ehemaliger Trainer Argirios Giannikis, der Papadopoulos in der Saison 2018/19 trainierte, im Gespräch mit SPOX und Goal: "Er hatte schon damals immer gute Ausdauer- und Kraftwerte in der Leistungsdiagnostik."
BVB: "Terrier" Papadopoulos überzeugt in der Vorbereitung
Dies spiegelt sich auch in seinem Spiel wider und bescherte ihm Einsätze bei den Dortmunder Profis. Papadopoulos, der aufgrund seiner Spielweise in Halle "Terrier" genannt wurde, überzeugte in seinen bisherigen Auftritten in Schwarz-Gelb durch unermüdlichen und kompromisslosen Einsatz.
Beim BVB absolvierte er die gesamte Vorbereitung mit der ersten Mannschaft, nachdem Marco Rose mit Neuzugang Soumaila Coulibaly (Kreuzbandriss), Dan-Axel Zagadou (Knie-OP), Mats Hummels (EM-Urlaub und anschließende Patellasehnenprobleme), Manuel Akanji (EM-Urlaub) sowie Aushilfs-Abwehrspieler Emre Can (EM-Urlaub und anschließende muskuläre Probleme) gleich fünf mögliche Innenverteidiger fehlten.
Gemeinsam mit U23-Kollege Lennard Maloney bildete Papadopoulos als einzige über die gesamte Vorbereitungsdauer vorhandene Option mehrfach das zentrale Abwehr-Duo. Dort kam Papadopoulos bislang selten zum Einsatz, wusste aber direkt zu überzeugen. "Er hat da schon herausgeragt", lobte Rose den Neuankömmling nach dem Testspiel gegen den VfL Bochum und fügte an: "Gerne mehr davon."
Ex-Trainer Giannikis: "Das hat er sich erarbeitet und verdient"
Das bekam er dann beim ersten Pflichtspieleinsatz der Borussia im Pokal in Wiesbaden. Dort stand Papadopoulos neben Akanji direkt in der Startelf. Zwar merkte man Papadopoulos die Nervosität an, am Ende stand mit den zweitmeisten Ballaktionen (106) nach Akanji (123) sowie den meisten abgefangenen Bällen (5) jedoch eine solide Partie für den Rechtsfuß.
"Ich glaube, in Dortmund schätzt man ihn auch ungeachtet der Personalsituation. Wenn er nicht die Qualität hätte, hätte man sicher eine andere Lösung gefunden", sagt Giannikis: "Das hat er sich erarbeitet und verdient."
Unter Giannikis durfte Papadopoulos trotz seiner Stärken seinerzeit allerdings nur einmal ran - und das lediglich für eine Minute. "Er kam als 18-Jähriger aus der A-Jugend hoch, die nicht in der höchsten Spielklasse gespielt hat und wo das Spieltempo nicht so hoch war. Toni wurde dort nicht extrem gefordert", erklärt der 41-jährige Fußballlehrer: "Er musste im Seniorenfußball zunächst die Konstanz taktischer Abläufe weiterentwickeln."
Papadopoulos etabliert sich als Stammspieler in Halle
In einer sportlich schwierigen Saison, die im Aalener Abstieg mündete, nahm sich Papadopoulos dieser Herausforderung an und zählte im Saisonendspurt unter Giannikis' Nachfolger Rico Schmitt in acht von 15 Auftritten zur Startelf.
2019 zog Papadopoulos weiter nach Halle, wo er sich nach anfänglichen Kurzeinsätzen vor allem im zweiten Jahr in der Startelf etablierte. 35 Ligapartien sowie drei Treffer standen am Ende seiner Zeit beim Drittligisten zu Buche. Zwei Jahre später folgte der ablösefreie Wechsel zum BVB.
Zum Bundesliga-Auftakt gegen Frankfurt bleibt die Personallage der Dortmunder weiter angespannt. Mit Akanji steht derzeit nur ein Innenverteidiger aus dem eigentlichen Profikader sicher zur Verfügung. Während sich Hummels noch im Individualtraining befindet, absolvierte Can erst in der vergangenen Woche wieder Teile des Mannschaftstrainings. Somit könnte Papadopoulos erneut die Rolle neben Akanji einnehmen.
BVB: Antonios Papadopoulos im Steckbrief
geboren | 10. September 1999 in Stuttgart |
Größe | 1,86 m |
Gewicht | 81 kg |
Position | def. Mittelfeld, Innenverteidigung |
starker Fuß | rechts |
Profistationen | VfR Aalen, Hallescher FC |
Spiele/Tore in Liga 3 | 71/3 |
Zukunft bei den BVB-Profis ungewiss
In Vollbesitz des Abwehr-Personals dürfte es "Papa", wie er beim BVB in Anlehnung an Ex-Dortmunder Sokratis Papastathopoulos genannt wird, freilich schwer haben, auf mehr Profiminuten zu kommen. Zwar könnten Hummels und Can bereits am darauffolgenden Spieltag wieder zurückkehren, bis alle Mann wieder an Bord sind, werden jedoch noch mehrere Wochen und teils gar Monate vergehen.
Dass der BVB noch einmal auf dem Transfermarkt tätig wird, ist angesichts der finanziellen Situation unwahrscheinlich. "Wenn sich auf der Abgabeseite nichts tut, wird sich auch auf der Aufnahmeseite nichts tun. Wir sind klar damit, dass wir netto nichts mehr investieren wollen", betonte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke zuletzt bei der Bilanz-Pressekonferenz.
Und so stellt Papadopoulos nach starker Vorbereitung und ersten Duftmarken als zuverlässiger Stellvertreter für Rose eine unverhoffte, aber ernsthafte Option dar. Am Samstag steht gegen Frankfurt wohl seine Feuertaufe an.