Am vergangenen Wochenende sorgten im Topspiel zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München vor allem die Entscheidungen des Unparteiischen Felix Zwayer für Aufregung. Gegenüber SPOX und GOALerklärt Ex-Schiedsrichter Urs Meier, wie er die strittigen Situationen wahrgenommen hat. Außerdem spricht der Schweizer über Zwayers Vergangenheit und die scharfe Kritik am 40-jährigen Referee.
Urs Meier über ...
... seine persönliche Bewertung der beiden strittigen Situationen:
"Ich denke, dass ich in beiden Situationen einen Elfmeter gegeben hätte. Aber das ist natürlich immer schwierig zu beurteilen, wenn man nicht selbst auf dem Platz gestanden ist und es sich 100 Mal in Zeitlupe am Fernseher anschauen kann."
... den Zweikampf von Marco Reus und Lucas Hernandez:
"Das war einfach ein Stoßen von Hernandez in den Rücken. Reus kommt da in eine bessere Position und ist schon vor dem Verteidiger. Hernandez hat das dann clever gemacht und stößt ihn nicht ganz offensichtlich. Für mich reicht das am Ende aber aus, vor allem bei dieser Geschwindigkeit, dass der Stürmer aus dem Gleichgewicht kommt und fällt."
... das Nicht-Eingreifen des VAR:
"Der VAR hätte in dieser Situation eingreifen müssen. Bei dieser Geschwindigkeit ist ein leichtes Stoßen für einen Schiedsrichter oft schwer zu sehen. Das Problem ist, dass viele Schiedsrichter in solchen Fällen nicht optimal für eine Seiteneinsicht stehen. Ein Stoßen oder Halten wird dann oft übersehen. Darum ist es umso wichtiger, dass die Kommunikation mit dem Assistenten und dem VAR stimmt. Diese müssen merken, wenn ein Schiedsrichter Mühe hat, eine Situation genau einzuschätzen. Da muss dann Unterstützung kommen. Ein 'Er hat das jetzt so entschieden, dann wird er das wohl auch so gesehen haben' darf es nicht geben. Wenn wir die Möglichkeit einer Video-Überprüfung durch den VAR haben, muss auch eingegriffen werden."
... das Handspiel von Mats Hummels:
"Hummels geht viel zu fahrlässig in diese Aktion rein. Er weiß genau, dass der Ball in diese Richtung kommen wird und geht mit dem ausgestreckten Arm hin. Dass er das sicher nicht mit Absicht gemacht hat, ist klar. Aber am Ende ist das einfach zu tapsig. Für mich ist das ein klarer Elfmeter."
... die Ansetzung von Felix Zwayer für ein solches Topspiel trotz seiner Verwicklung in den Wettskandal 2005:
"Dazu habe ich eine ganz klare Meinung. Zunächst einmal ist er für seine Verfehlungen von damals von der DFB-Kommission bestraft worden und musste ein halbes Jahr aussetzen. Natürlich kann man im Nachhinein immer fragen, ob die Strafe hart genug gewesen ist. Dennoch muss ich sagen: Wenn ich Schiedsrichter-Chef beim DFB gewesen wäre und es einen Schiedsrichter gegeben hätte, der Geld angenommen hätte, der wäre bei mir nie mehr Schiedsrichter gewesen. Da gäbe es eine Nulltoleranz."
... Zwayers Fähigkeiten als Schiedsrichter:
"Erst nach seiner Sperre ist er mit seiner Karriere ja so richtig durchgestartet. Er hat in der Bundesliga Fuß gefasst, wurde internationaler Schiedsrichter und hat auch wichtige Spiele in der Champions League Spiele geleitet. Er hat gezeigt, dass er fachlich auf dieser Höhe agieren kann. Dementsprechend kann er natürlich auch so ein Topspiel leiten. Das hat er unzählige Male bewiesen."
... die scharfe Kritik an Zwayer nach dem Spiel:
"Das man das jetzt wieder ausgräbt nach all diesen Jahren, das finde ich nicht in Ordnung. Man kann darüber diskutieren, ob er den ein oder anderen Fehler gemacht hat, aber letztlich er hat seine Strafe von damals abgesessen. Egal ob von Medien, Spielern oder Trainern - jetzt darf es nicht mehr um seine Vergangenheit gehen. Diese Hexenjagd, die aktuell gegen ihn stattfindet, das finde ich schon ziemlich grenzwertig."