BVB - Marius Wolf von Borussia Dortmund im Interview: "Es hieß, ich solle lieber eine Ausbildung beginnen"

Marius Wolf
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Zweimal wurde Marius Wolf seit seinem Wechsel zu Borussia Dortmund im Jahr 2018 bereits verliehen. Im dritten Anlauf beim BVB hat sich der 26-Jährige nun als polyvalenter Rollenspieler im Kader etabliert.

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Im Interview mit SPOX und GOAL spricht Wolf über seinen bisherigen Karriereverlauf und blickt auf sein Aus in der Jugend des 1. FC Nürnberg sowie sein anschließendes Glück beim TSV 1860 München zurück.

Wolf äußert sich zudem zur Degradierung bei Hannover 96, dem über ihm schwebenden Maßstab Eintracht Frankfurt und erklärt, weshalb er positiv auf kreative Kritik bei Twitter reagiert.

Herr Wolf, Sie kommen aus der Nähe von Coburg und waren als Kind häufig Skifahren. Schon als Dreijähriger sind Sie Ihrem ersten Fußballklub, dem VfB Einberg, beigetreten. Hatte Skifahren gegen Fußball denn nie eine Chance?

Marius Wolf: Nein, Skifahren war auf jeden Fall eine Option. Ich bin auch noch sehr lange gefahren, nachdem ich mit dem Fußball begonnen hatte. Mir haben am Ende aber wohl einfach die Berge gefehlt, um das richtig intensivieren zu können. Da gibt's rund um Coburg ja nicht besonders viele. Mittlerweile fahre ich leider gar nicht mehr, allein schon wegen des Verletzungsrisikos. Ich behaupte, dass ich es noch gut genug könnte, aber wenn jemand in mich reinfährt, habe ich ja denselben Salat.

Es soll ein Kindheitstraum von Ihnen sein, einmal in den USA Ski zu fahren.

Wolf: Ja. Den Traum gibt es noch und den werde ich mir auch sehr schnell nach der Karriere erfüllen. Das wollte ich mit meinen Kumpels einfach schon immer mal machen. Wo genau das sein wird, kann ich gar nicht sagen, aber ein kleines, nettes und verschneites Örtchen sollte es schon werden.

Letztlich hat sich der Fußball durchgesetzt. Als Sie elf Jahre alt waren, haben Sie in Ihrer Heimatstadt Rödental gespielt, ab 2006 nebenbei aber auch in einer deutsch-tschechischen Fußballschule. Wie sind Sie dazu gekommen?

Wolf: Ich weiß nicht mehr genau, wie ich dort hineingerutscht bin. Das war ein Projekt, bei dem deutsche und tschechische Kinder gemeinsam kicken, sich austauschen und mit der jeweils anderen Sprache in Berührung kommen sollten. Wir haben zweimal die Woche trainiert, abwechselnd in Hof und in Tschechien, also jeweils unweit der Grenze. Es wurden auch echt coole Reisen unternommen. Einmal sind wir nach Liverpool geflogen, um gegen Everton zu spielen. In Prag und Warschau nahmen wir an prominent besetzten Jugendturnieren teil. Wir haben grundsätzlich oft gegen Jugendteams von Profiklubs gespielt. Das war für mich ein geeigneter Platz, um auf höherem Niveau spielen zu können.

Wie ist es heute um Ihr Tschechisch bestellt?

Wolf: In dem einen Jahr habe ich durchaus einiges aufgeschnappt, aber es war schon einmal besser. (lacht)

Ein B-Junioren-Duell aus dem Jahr 2011: Stuttgarts Joshua Kimmich gegen Nürnbergs Marius Wolf.
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Ein B-Junioren-Duell aus dem Jahr 2011: Stuttgarts Joshua Kimmich gegen Nürnbergs Marius Wolf.

Für dieses Team haben Sie auch mal zwei Tore in einem Spiel gegen den 1. FC Nürnberg erzielt, was Ihnen letztlich ein Probetraining beim Club und ab Januar 2008 einen Platz im dortigen Nachwuchsleistungszentrum einbrachte. Dort kickten Sie von der U13 bis zur U17-Bundesliga - und wurden dann 2012 ausgemustert, weil Sie angeblich zu klein und langsam waren. War dies die einzige Begründung?

Wolf: Die physische Komponente war der Hauptgrund. Ich war in der U17 immer noch einer der Kleinsten. Mein Entwicklungssprung in der Hinsicht kam eben etwas später als bei anderen, das erging ja auch nicht nur mir so.

Hatten Sie eine Vorahnung, dass das Urteil gegen Sie ausfallen wird?

Wolf: Im Jugendbereich fanden jedes Jahr nach Saisonende solche Gespräche statt. Ich konnte also theoretisch schon etwas in die Richtung erahnen, aber das will man in dem Alter natürlich auch nicht so richtig wahrhaben und verdrängt es schnell. Es hieß dann, es reiche für mich nicht zum Profi. Ich solle mich anderweitig umschauen und vielleicht lieber eine Ausbildung beginnen. Ich war gerade 17 geworden, das war schon ein harter Schlag.

Sie sind danach ins NLZ von 1860 München gewechselt, wo Wolfgang Schellenberg gerade neuer Leiter geworden war. Schellenberg arbeitete zuvor beim Club, er erinnerte sich an Sie. Haben Sie sich mal überlegt, was mit Ihnen passiert wäre, wenn das nicht so gelaufen wäre?

Wolf: Es gibt ja im gesamten Leben viele solcher Was-wäre-wenn-Situationen. Es gehört manchmal auch schlicht Glück dazu und im Gegensatz zu Nürnberg hatte ich es in dem Fall. Ich hatte zunächst in Ingolstadt mittrainiert, aber das war irgendwie nichts für mich und hatte ehrlicherweise auch nicht das Niveau, das ich aus Nürnberg gewohnt war. Plötzlich kam der Kontakt mit Wolfgang zustande, der mich einfach fragte, ob ich denn nicht zu 1860 kommen möchte. Das war für mich in dem Moment der Jackpot. Die Reputation der Jugendarbeit bei den Löwen ist ja bekannt, zu diesem Gesamtpaket hätte ich niemals nein sagen können. Wolfgang wurde mein Förderer, er hat sich intensiv um mich gekümmert und mir viele Dinge erleichtert. Ihm bin ich wirklich sehr dankbar.

Obwohl Sie damals körperlich noch nicht so weit waren, wurden Sie bei 1860 genauso gefördert wie Julian Weigl und Florian Neuhaus, die einen ähnlichen physischen Rückstand aufwiesen. Das passiert aber bei weitem nicht in jedem NLZ. Ist dies in Ihren Augen ein Problem, dass oftmals keine Geduld vorherrscht mit den Entwicklungssprüngen der Spieler?

Wolf: Absolut. Ich habe schnell gemerkt, dass der Fokus und die Herangehensweise bei 1860 völlig unterschiedlich zu Nürnberg waren. 1860 lebte als Verein auch ganz anders von seiner Jugendarbeit. Wenn du mit 14 einer der Kleinsten bist und gegen einen spielen musst, der fast 1,80 Meter misst, dann hast du im Zweikampf natürlich keine Chance - auch wenn deine fußballerischen Qualitäten vielleicht um einiges höher sind als die des Gegenüber. Bei den Löwen wurde viel intensiver auf den einzelnen Spieler geschaut und nicht so stark auf die Mannschaftsleistung. Die Ausbildung des Einzelnen war wichtiger als das bloße Gewinnen. Und dadurch hat dann wiederum auch die Mannschaftsleistung automatisch gepasst.

Marius Wolf während seiner Zeit beim TSV 1860 München.
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Marius Wolf während seiner Zeit beim TSV 1860 München.

Bei den Löwen gaben Sie 2014 mit 19 Ihr Profidebüt. Zwei Jahre später verließen Sie die bayerische Heimat erstmals und wechselten zu Hannover 96. Dort hatten Sie viel Pech: In Ihrem ersten halben Jahr spielten Sie unter Thomas Schaaf noch, als im Sommer 2016 jedoch Daniel Stendel übernahm, wurden Sie zu Saisonbeginn zu den Amateuren geschickt. Zudem waren Sie verletzt und erkrankten dann noch am Pfeifferschen Drüsenfieber. Wie fühlte sich das damals im Vergleich zu jenem Rückschlag vier Jahre zuvor in Nürnberg an?

Wolf: Beim Club habe ich das auf eine andere Weise verarbeitet, ich war ja noch ein Kind. Da hatte ich weniger negative Gedanken. Es war mehr ein: wird schon alles. Bei 96 fing es dagegen schon an, in mir zu arbeiten. Der Verein gab gutes Geld für mich aus, hatte Erwartungen, steckte mich dann aber ohne wirkliche Chance beim neuen Trainer direkt in die zweite Mannschaft. Da war ich erst einmal am Boden zerstört. Dazu war ich erstmals ganz allein in einer fremden Stadt und hatte kaum Bezug zu anderen Leuten. Als Kind lernt man ja schon schneller Freunde kennen, als Profi merkst du dagegen, dass du eher darauf achten solltest, wem du vertraust und wen du an dich heranlässt. Ich saß damals viel allein zu Hause und es ging mir nicht gut. Meine Familie hat mir viel Mut zugesprochen, so dass ich schließlich doch zügig den Entschluss gefasst habe, dass es einfach nichts bringt, jetzt auf einmal aufzugeben.

Gab es Momente, in denen Sie sich zu früh allein fühlten und insgesamt zu schnell erwachsen werden mussten?

Wolf: Klar. Will man es im Fußball nach oben schaffen, ist es unumgänglich, dass man schnell erwachsen werden muss. So ist das System, anders geht es im Grunde gar nicht. Es hat freilich Vor- und Nachteile, wenn man so früh schon selbständig zu sein hat. Ich denke, viele meiner Fehler, die ich alleine und weit weg von zu Hause gemacht habe, wären mir nicht passiert, wenn meine Eltern um mich herum gewesen wären und sozusagen auf mich aufgepasst hätten. Andererseits macht man die Fehler, die andere 26-Jährige begehen, nicht selbst mit 26, weil man sie schon ja mit 18 begangen hat. (lacht)

Marius Wolf: Die Leistungsdaten seiner Profikarriere

VereinPflichtspieleToreTorvorlagen
TSV 1860 München (2014-2015)4455
Hannover 96 (2016-2017)2--
Eintracht Frankfurt (2017-2018)38611
Borussia Dortmund (seit 2018)441-
Hertha BSC (2019-2020, Leihe)2315
1. FC Köln (2020-2021, Leihe)3523
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