Fußball-Kolumne: Wie Max Eberl in Gladbach zermürbt wurde

Der plötzliche Abgang von Max Eberl hinterlässt bei Borussia Mönchengladbach ein großes Machtvakuum.
© imago images

Der plötzliche Abgang von Max Eberl hinterlässt bei Borussia Mönchengladbach ein großes Machtvakuum. Nun brauchen die Fohlen angesichts der zahlreichen Probleme eigentlich schnell einen neuen Sportboss, doch die Suche ist schwierig. Die Fußball-Kolumne.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Eine Woche liegt der emotionale Rücktritt von Max Eberl nun zurück, doch auch angesichts der Spielpause ist das Thema noch immer präsent. Schließlich wird es der erste Spieltag für Borussia Mönchengladbach seit fast genau 23 Jahren ohne Eberl in einer offiziellen Funktion sein.

Noch prüft der Bundesligist zwar die Auflösung des noch viereinhalb Jahre laufenden Vertrags, weil man sonst bei einer Rückkehr Eberls ins Geschäft vor 2026 auf alle Ansprüche einer finanziellen Entschädigung verzichten würde. Doch das Kapitel Borussia ist seit vergangenem Freitag endgültig abgeschlossen.

Auch weil das Präsidium dieses Ende mit Schrecken unbedingt vermeiden wollte und bis zuletzt auf einen Verbleib hoffte, steht der fünfmalige Deutsche Meister nun vor einem Scherbenhaufen. Schließlich hatte Eberl schon im Herbst intern deutlich gemacht, dass er so schnell wie möglich weg wollte. Wie konkret diese Gespräche waren, zeigt sich daran, dass laut Sport Bild bereits vor Weihnachten Klopp-Berater Marc Kosicke an Eberls Seite war, als dieser auf einen sofortigen Abschied gedrängt haben soll. Auch Trainer Adi Hütter wusste seitdem Bescheid ("Das war ein absoluter Nackenschlag für mich").

Gladbach-Präsident Königs: Eberls Entschluss "respektiert, nicht akzeptiert"

Dennoch hofften die Vereinsbosse weiter auf ein Umdenken. "Als Max Eberl uns im Oktober zum ersten Mal gesagt hat, dass er aussteigen will, waren wir erschrocken. Wir haben alles dafür getan, um ihn zu halten, um ihn umzudrehen", erklärte Präsident Rolf Königs. Daher habe man den Abschied auch nur "respektiert, nicht akzeptiert".

Drei Tage vor Ende der Winter-Transferperiode und mitten im Abstiegskampf hinterließ der Mann, der im sportlichen Bereich über Jahre immer das letzte Wort hatte, ein Machtvakuum. Dabei hatte der ehemalige Profi, der Anfang 1999 von Greuther Fürth in einer tabellarisch noch schlimmeren Situation zum damaligen Tabellenletzten kam, schon Ende 2020 über seinen Abschied nachgedacht.

Offenbar stellte er zwei Bedingungen für eine Zukunft am Niederrhein: Eine längere Auszeit und die Zusage, eher mehr als weniger investieren zu können, um sich dauerhaft in der Bundesliga-Spitze festsetzen zu können. Beides wurde ihm angeblich zugesagt. "Wir wollen dieses Level weiter anheben", sagte er selbst.

Max Eberls Bedingung vor Verlängerung 2020: Mehrwöchige Auszeit

Weil die Vereinsführung offenbar davon ausging, dass der Baumeister des erfolgreichsten Jahrzehnts seit der Wiedervereinigung lukrative Angebote der Konkurrenz vorliegen hatte (u.a. vom FC Bayern), wollte man schnell handeln und gab Eberl einen Vertrag über mehr als fünf Jahre sowie die Entscheidungshoheit in allen sportlichen Fragen und stimmte auch der ungewöhnlichen mehrwöchigen Abwesenheit zu.

"Was steckt hinter dieser Auszeit? Ist Eberl krank, hat er private Probleme, hat er daheim die Handwerker oder lernt er intensiv Spanisch für eine Zukunft im internationalen Business?", fragte die Süddeutsche Zeitung. Doch diese Vermutungen, auch die ernsthaften, wurden von allen Seiten zurückgewiesen. Vielmehr sollte es sich um eine Art Erholungspause handeln.

"Er nennt diesen Klub 'mein Baby', wahlweise: 'eine Passion'. Aber wenn man klug ist, dann lässt man sich eben vom Nachwuchs oder einer Passion nicht bis zur Erschöpfung beanspruchen, sondern nimmt sich rechtzeitig mal selbst raus. Genau das versucht Eberl im Januar", erklärte die SZ.

Max Eberl: Immer informiert auf der Schweizer Hütte

Aber der erhoffte Neustart misslang, trotz mehrerer Wochen auf einer Hütte in der Schweiz. Denn richtig abschalten konnte Eberl auch dort nicht. "Das Handy ist mein treuester Begleiter", hatte er schon vorher seine Erreichbarkeit vermeldet. Also war er doch immer informiert über die Geschehnisse in der Heimat, und als Breel Embolo von der Polizei bei einer im Lockdown verbotenen Corona-Party erwischt wurde, kehrte Eberl als Krisenmanager früher als geplant zurück.

Sofort war er wieder mittendrin, die Ruhe der Berge und die Erholung schnell verflogen. "Der Aufprall danach war sehr hart", hat er später der Welt gesagt. Zumal die Tendenz seitdem genau in die entgegengesetzte Richtung zeigte, die man in Gladbach unter Eberls Führung gewohnt war: nach unten.

Gladbach unter Max Eberl: Bis 2020 ging es fast nur aufwärts

Als der seinerzeit gerade 35-Jährige im Oktober 2008 vom Nachwuchskoordinator zum Sportdirektor befördert worden war, waren die Gladbacher wenige Monate zuvor zum zweiten Mal nach 2001 aus der Zweiten Liga ins Oberhaus zurückgekehrt. Dreimal rettete sich der Klub danach vor dem erneuten Abstieg, dann ging es nach der erfolgreichen Relegation 2011 steil aufwärts: Dreimal schaffte das Erfolgsteam der 70er Jahre die Qualifikation für die Champions League und dort zuletzt Ende 2020 unter Marco Rose sogar erstmals überhaupt den Sprung ins Achtelfinale.

"Alle zusammen haben wir uns in eine hervorragende Position gebracht. Und jetzt wollen wir unbedingt wissen, wie diese Geschichte hier weitergeht und mit neuen Ideen und Visionen weiterkommen", erklärte Eberl danach zuversichtlich. Doch stattdessen ging es nur noch abwärts: Rose verkündete dank Ausstiegsklausel seinen Wechsel nach Dortmund, die Mannschaft wurde von den vorderen Rängen durchgereicht und schaffte nach einer desaströsen Rückrunde nicht mal mehr den Einzug in die europäisch drittklassige Conference League.

Trotz der fehlenden internationalen Einnahmen und der riesigen Millionenverluste durch die Corona-Ausfälle, die die ambitionierten Planungen weitgehend zunichte gemacht haben, griff Eberl noch einmal in die Kasse und zahlte 7,5 Millionen Euro, um Wunschtrainer Adi Hütter in Frankfurt loszueisen. Die Wende jedoch blieb auch in dieser Saison aus, die Borussen verloren vier der letzten fünf Spiele des Jahres, kassierte dabei 18 Tore und beendete die Hinrunde mit nur zwei Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz. "Ich bin froh, wenn 2021 endlich vorbei ist", sagte Eberl.

Zwar begann das neue Jahr mit dem Sieg beim ersatzgeschwächten FC Bayern, doch danach schieden die Gladbacher kläglich im Pokal gegen Zweitligist Hannover aus und verloren zweimal in der Liga. Und dann hatte Eberl genug. Über die genauen Details des sofortigen Rückzugs weiß man zu wenig, auch äußerte sich der Ex-Sportchef nicht konkret zu seinen gesundheitlichen Problemen. "Ich kann für diesen großartigen Klub nicht mehr arbeiten, weil ich krank bin. Ich bin erschöpft. Ich will einfach raus aus der Mühle", erklärte er.

Inhalt: