Im Interview mit SPOX und GOAL spricht Hütter über seinen Start als Trainer, die Arbeit mit Visualisierungen und seine Erweckung durch Ralf Rangnick.
Zudem erklärt der 52-Jährige, wie er die Kritik an seinem Abgang von Eintracht Frankfurt aufgenommen und weshalb er sich für den Wechsel zu den Fohlen entschieden hat.
Herr Hütter, Sie waren 14-maliger Nationalspieler Österreichs und haben in Ihrem Heimatland in 514 Profieinsätzen 66 Tore geschossen. 2007 zwang Sie eine hartnäckige Entzündung der Achillessehne zum Karriereende. Ein Jahr später traten Sie bei den Red Bull Juniors, also der zweiten Mannschaft in Salzburg, Ihren ersten Cheftrainerposten an. Wieso sind Sie Trainer geworden?
Adi Hütter: Ich hatte Großhandelskaufmann gelernt, zurück in die Privatwirtschaft wollte ich aber nicht mehr. Ich war lange Zeit Führungsspieler, wurde mit 26 Kapitän und habe gegen Ende meiner Laufbahn immer mehr die jungen Mitspieler geführt. Daher wollte ich es zumindest versuchen, den Trainerschein zu machen. Auch wenn mir klar war, dass ich dabei wieder bei Null anfangen muss.
Eigentlich wollten Sie bei den Red Bull Juniors, wohin Sie 2005 mit 35 Jahren gewechselt waren, auch noch weiterspielen.
Hütter: Genau, das ging aber leider einfach nicht mehr. Daraufhin bekam ich dort die Chance, als Individual- und Co-Trainer zu arbeiten. Als ein Dreivierteljahr später der Cheftrainer ging, wollte ich zur neuen Saison die U19 übernehmen. Man vertraute mir aber schon die Juniors an und schmiss mich somit ins komplett kalte Wasser, denn das war ja die zweithöchste Liga in Österreich und auf Anhieb Profifußball. Da ging es anders als im Nachwuchsbereich sofort um Ergebnisse.
Sie haben sich in den 14 Jahren, die Sie nun schon als Trainer arbeiten, in vielerlei Hinsicht verändert. Dachten Sie in Ihrer Salzburger Anfangszeit als Coach: Ich war mal ein guter Spieler, also bin ich auch ein guter Trainer?
Hütter: Nein, denn ich habe schnell gemerkt, dass das ein komplett anderer Beruf ist. Es wäre zudem traurig, wenn ich heute noch auf demselben Niveau wäre wie damals. Ich würde sagen: Ich habe mich nicht verändert, sondern entwickelt - weil ich erkannt habe, was mir noch fehlt.
Dafür haben Sie auch stets auf Hilfe von außen zurückgegriffen. Einer Ihrer langjährigen Wegbegleiter ist der Unternehmensberater und Motivationspsychologe Jörg Zeyringer, den Sie 1996 als Spieler bei Austria Salzburg kennenlernten. Wie kam es dazu?
Hütter: Wir wohnten gemeinsam in einem Doppelreihenhaus: er hinten, meine Familie vorne. So liefen wir uns fast täglich über den Weg und haben eine Beziehung zueinander aufgebaut. Das war leicht, denn er war großer Fußball-Fan. Witzig ist übrigens: Als ich 2000 in die Steiermark ging und für den Grazer AK sowie den Kapfenberger SV spielte, war die räumliche Nähe zwischen uns verschwunden. Fünf Jahre später kam ich nach Salzburg zurück, zog in ein Haus - und ohne es zu wissen wohnte er nur 100 Meter von mir entfernt. (lacht)
Mittlerweile haben Sie mit Zeyringer zwei Bücher verfasst: "Die 11 Gesetze der Motivation im Spitzenfußball" im Jahr 2006 und "Teamgeist - Wie man ein Meisterteam entwickelt" im Jahr 2019. Stimmt es, dass einst ein Spaziergang im Regen den Ausschlag für die Zusammenarbeit zwischen Ihnen beiden gab?
Hütter: Ja. Das war zu einer Phase, in der ich nicht gut spielte und spürte, dass ich vielleicht externe Hilfe brauchte. Jörg hatte mir zuvor schon angeboten, dass wir gerne einmal spazieren gehen und etwas plaudern können. Als wir das taten, hat es geregnet, doch das hielt uns nicht davon ab, zwei Stunden unterwegs zu sein. Was er dabei tat, war rein psychologische Arbeit.
Was empfahl er Ihnen?
Hütter: Eine wichtige Erkenntnis war: Ich solle jeden Abend zehn, zwölf Minuten für mich alleine sein, um in Ruhe darüber nachzudenken, wie ich spielen, was ich auf dem Feld genau tun und welche Aktionen ich haben möchte. Es war wirklich erstaunlich, denn in den nächsten drei Spielen habe ich vier Tore geschossen. Ich hatte ein ganz anderes Selbstwertgefühl und bekam wieder Selbstvertrauen. Da mich das beeindruckte, blieben wir im engen Austausch. Er hatte später auch die Idee zu unserem ersten Buch.
Adi Hütter: So half mir ein Medienprofi bei Interviews
Können Sie konkretisieren, was Ihnen anfangs als Trainer noch fehlte?
Hütter: Die wichtigsten Fragen waren für mich stets die strategischen: Wie will ich Fußball spielen, welche Übungen braucht es dafür, wie soll das am Ende aussehen? Zusätzlich habe ich begonnen, zusammen mit Jörg an Themen wie Kommunikation und Coaching zu arbeiten. Ich habe beispielsweise auch eine Medienschulung absolviert. Mir ging es darum, das komplette Spektrum des Trainerberufs abzudecken, weil man zahlreiche Kompetenzbereiche vereinen muss. Rückblickend würde ich sagen: Heute kann ich viel ernten, was ich früher gesät habe.
Als Spieler hatten Sie ja bereits Erfahrung im Umgang mit der Presse. Worauf lag bei der Medienschulung der Fokus?
Hütter: Ein guter Freund von mir, Markus Krautberger von den Vorarlberger Nachrichten, hat zu mir gesagt: Du bist bei deinen Interviews immer so schwammig, du kommst nicht auf den Punkt, die Headlines sind nicht da. Er hat mir in Mario Lug einen Medienprofi vermittelt, der mich in vielen Stunden mit dem ABC der Medien vertraut gemacht hat. Wie bereitet sich ein Journalist vor, welchen Druck hat er nach einem Spiel? Wie stehe dagegen ich als Trainer vor der Kamera, was kann ich sagen und was nicht? Mir war es wichtig, den Spiegel vorgehalten zu bekommen. Das hat mir riesig geholfen. Ich weiß jetzt vielleicht nicht immer, aber doch sehr oft, was ich tun muss.
Welchen Druck verspürten Sie denn als junger Trainer, direkt Erfolg haben zu müssen, um in diesem Metier dauerhaft Fuß fassen zu können?
Hütter: Ich wusste, dass man nicht viele Möglichkeiten hat, wenn man die Ergebnisse nicht liefert. Bei den Juniors war vielleicht mein Problem, dass ich dachte, die Jungs müssen so sein, wie ich es als Profi war. Ich war Nationalspieler und hatte auch das Potential, in der deutschen Bundesliga zu spielen. Ich bekam sogar einmal ein Angebot von 1860 München, habe es aber abgelehnt. Grundsätzlich war ich also eher erfolgsverwöhnt und daher das eine oder andere Mal auch etwas ungeduldig.
Inwiefern, weil es Ihnen nicht schnell genug gehen konnte?
Hütter: Mir war klar: Wenn man bei seiner spätestens dritten Station hintereinander nicht funktioniert, ist es mit der Trainerkarriere definitiv vorbei. Daher kam bestimmt auch einmal eine gewisse Ungeduld durch oder ich fand in der Halbzeit nicht die richtigen Worte, wenn die Mannschaft schlecht spielte. Da habe ich sicherlich das eine oder andere Mal überreagiert, so dass meine Emotionalität die Sachlichkeit ausstach.