Nach "intensiver Beleuchtung aller Aspekte, die im Rahmen der Gesamtverantwortung für den Verein bedeutsam sein können", habe man sich auf Freiburger Seite entschieden, "Einspruch gegen die Wertung des Spiels einzulegen."
Der Klub betonte, sich in einem "unverschuldeten Dilemma" zu befinden. Die Situation zwinge den Klub "in eine aktive Rolle", an der er kein Interesse habe. Ein Motiv für den Einspruch sei es, für die Zukunft "Rechtssicherheit in vergleichbaren Fällen" zu schaffen. Zudem gehe es um die "Wahrnehmung der Gesamtverantwortung für den Verein in wirtschaftlicher als auch sportlicher Hinsicht."
Nun muss das Sportgericht des DFB über mögliche Folgen entscheiden. Die Erfolgsaussichten des Protests sind allerdings ungewiss.
Selbst Experten sind sich bezüglich der anzuwendenden Regularien uneinig, sowohl die reine Anwendung der Fußballregeln des DFB als auch das Heranziehen der Rechts- und Verfahrensordnung des Verbandes kämen infrage. Maßgeblich dafür wäre wohl die Einschätzung des Sportgerichts, ob Bayern-Spieler Kinsgley Coman als in diesem Moment zwölfter Mann auf dem Feld als nicht spiel- oder einsatzberechtigter Spieler gilt.
Bei der 1:4-Niederlage der Freiburger hatten die Bayern für wenige Sekunden zwölf Spieler auf dem Platz. Coman hatte sich bei seiner Auswechslung nicht angesprochen gefühlt, da seine alte Rückennummer (29 statt 11) auf der Tafel angezeigt wurde.
Das DFB-Sportgericht werde erst einmal Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten einholen, teilte der DFB am Abend als Reaktion auf den Freiburger Protest mit: "Nach Vorliegen und Auswertung der Stellungnahmen wird das Gremium über den weiteren Fortgang des Verfahrens entscheiden."
Ein Punktabzug würde den Vorsprung der Bayern auf Borussia Dortmund von neun auf sechs Punkte schmelzen lassen. Die Freiburger würden mit drei zusätzlichen Punkten zu RB Leipzig auf dem vierten Tabellenplatz aufschließen.
Die Bayern reagierten ihrerseits gelassen auf die Ankündigung: "Wir sind überzeugt, dass das DFB-Sportgericht nach den anwendbaren Regelungen nur zu einer Entscheidung kommen kann: Die Wertung unseres 4:1-Sieges bleibt erhalten", sagte Michael Gerlinger, Vizepräsident Sports Business und Competitions der Münchner, der dpa.
Die Stellungnahme des SC Freiburg im Wortlaut:
"Die Verantwortlichen des Sport-Club Freiburg e.V. haben sich in einem intensiven und äußerst differenzierten Abwägungsprozess über das weitere Vorgehen nach dem Wechselfehler des FC Bayern München im Bundesligaspiel vom vergangenen Samstag beraten. Dabei wurden alle Aspekte, die im Rahmen der Gesamtverantwortung für den Verein, vor allem in wirtschaftlicher, sportlicher und rechtlicher Hinsicht bedeutsam sein können, beleuchtet und intensiv diskutiert.
Vorweg: Wir befinden uns in einem unverschuldeten Dilemma. Der SC Freiburg hatte keinen Anteil und Einfluss auf die Geschehnisse rund um den Wechselvorgang. Dennoch zwingt uns die Rechts- und Verfahrensordnung des DFB formal in eine aktive Rolle, um die Vorgänge rechtlich überprüfen zu lassen. An dieser aktiven Rolle, die uns wider Willen verfahrenstechnisch zugefallen ist, haben wir grundsätzlich keinerlei Interesse und fühlen uns in dieser ausgesprochen unwohl.
Wir halten diese Verfahrensregelung in ihrer Gesamtkonstruktion daher für wenig sachgerecht. Letztlich bürdet sie doch dem völlig unbeteiligten Club - in diesem Fall uns - die Verantwortung für die Aufarbeitung eines offensichtlichen Regelverstoßes auf.
Dennoch hat sich der Vorstand des Sport-Club Freiburg e.V. nach intensiven Gesprächen auf unterschiedlichen Ebenen und einer juristischen Prüfung dazu entschieden, Einspruch gegen die Wertung des Spiels einzulegen. Maßgeblich für die Entscheidung waren insbesondere folgende Punkte:
- Schaffung der Möglichkeit für das Sportgericht, die hier aufgetretenen Fragestellungen rund um den Wechselfehler des FC Bayern München sportrechtlich zu bewerten und zu beantworten.
- Schaffung zukünftiger Rechtssicherheit in vergleichbaren Fällen auch für andere Clubs.
- Konsistentes Handeln des SC Freiburg bei Regelverstößen ganz unabhängig von der konkreten Wettbewerbssituation.
- Wahrnehmung der Gesamtverantwortung für den Verein in wirtschaftlicher als auch sportlicher Hinsicht und unter Berücksichtigung der Interessen der Anspruchsgruppen.
- Rechtliche Erfolgsaussichten im sportgerichtlichen Verfahren in Verbindung mit den bestehenden Treuepflichten des Vorstands gegenüber dem Verein und sich stellenden Haftungsfragen.
Eine ausführliche schriftliche Begründung wird dem Sportgericht fristgerecht zugehen."