Änis Ben-Hatira zählte 2012 zu den Hauptakteuren bei Herthas verlorener Relegation. Nun erinnert er sich vor dem Hinspiel in der Relegation zwischen Hertha und dem HSV im Gespräch mit SPOX und GOAL an die Niederlage und den Platzsturm.
Zehn Jahre, nachdem Hertha BSC letztmals an der Relegation teilnahm, müssen die Berliner erneut dieses nervenaufreibende Szenario über sich ergehen lassen. Zwei Spiele gegen den Hamburger SV (Hinspiel heute um 20.30 Uhr im LIVETICKER) warten, in denen es um Alles oder Nichts, um Rettung oder Abstieg geht.
2012 ging das Ganze für die Hertha nicht gut aus. Als Bundesliga-16. kamen die Berliner nach einer 1:2-Niederlage im Hinspiel gegen den Zweitliga-Dritten Fortuna Düsseldorf schließlich im Rückspiel nicht über ein 2:2 hinaus und mussten den bitteren Gang in die 2. Bundesliga antreten - inklusive Platzsturm.
Einer der Hauptakteure der Herthaner damals: Änis Ben-Hatira, der den Hauptstadt-Klub überhaupt erst in die Relegation brachte. Der Deutsch-Tunesier erinnert sich exklusiv bei SPOX und GOAL zurück an die bittere Niederlage, den Platzsturm in Düsseldorf und bewertet die heute Abend startende und für ihn "schlimmste" Relegation in diesem Jahr.
Änis Ben-Hatira über Herthas verlorene Relegation 2012
"Ich habe unseren Abstieg damals gar nicht richtig mitbekommen. Ich hatte im Rückspiel der Relegation 2011/2012 gegen Fortuna Düsseldorf in der 54. Minute Gelb-Rot bekommen, die erste Gelbe war übrigens ein absoluter Witz gewesen.
Jedenfalls saß ich in der Kabine. Ohne Fernseher. Ohne richtiges Netz. Ich saß da und habe verzweifelt versucht, einen Liveticker an meinem Smartphone ins Laufen zu kriegen. Ich bin komplett durchgedreht, Alter!
Plötzlich wurde es in der Arena unfassbar laut, ich dachte, das Spiel ist vorbei und wollte zur Mannschaft. Ihr müsst euch vorstellen, ich gehe da die Treppen in Düsseldorf ins Stadion runter, plötzlich steht da eine ganze Polizei-Staffel mit Spürhunden vor mir und ich sehe die ganzen Menschen auf dem Feld. Diese Bilder vom Platzsturm werde ich nie vergessen.
Ben-Hatira: "Düsseldorf war schlechter als wir"
Aber dass wir überhaupt in die Relegation gekommen sind, war sowieso schon ein Wunder. 2012 war eine turbulente Saison bei Hertha BSC. Am letzten Spieltag gegen Hoffenheim mussten wir gewinnen und Köln gegen Bayern verlieren, um überhaupt noch in die Relegation zu kommen. Köln hat gegen Bayern dann aber mit 1:4 auf die Fresse bekommen und ich habe zwei Tore gemacht beim 3:1 gegen Hoffenheim.
In der Relegation war Düsseldorf absolut schlechter als wir. Wir haben sie nicht unterschätzt, aber wussten, dass wir eigentlich besser sind. Manchmal macht das schon was aus. Ich verstehe bis heute nicht, wie wir das Hinspiel 1:2 verlieren konnten. Dann sind wir mit so einem Sonntagsschuss von Maxi Beister ins Rückspiel gestartet und lagen sofort hinten. Dann schieße ich den Ausgleich und sehe später Gelb-Rot. Unfassbar. Und dann kommt es zu diesem Platzsturm.
Ein paar meiner Mitspieler waren nach dem Platzsturm total verängstigt, unser Trainer Otto Rehhagel hat danach gesagt, er sei sich vorgekommen wie im Krieg. Wir wollten nicht mehr weiterspielen, aber wurden total unter Druck gesetzt, fast gezwungen, wieder zu spielen. Meine Meinung: Das hätte ein Wiederholungsspiel geben müssen. Am Ende ging das Ding 2:2 aus und wir sind abgestiegen. Abends saß ich mit Patrick Ebert und ein paar Kumpels noch im Hotelzimmer, wir waren total paralysiert.
Ben-Hatira über Hertha vs. HSV: "Zwei Vereine, die ich liebe"
Den Abstieg habe ich erst nach ein paar Tagen realisiert, das war absolut ekelhaft. Aber auch deswegen bin ich damals bei Hertha geblieben und mit in die Zweite Liga gegangen. Mein Vertrag galt eigentlich nur für die Bundesliga, ich wäre ablösefrei gewesen. Aber ich wollte unbedingt helfen, dass Hertha wieder aufsteigt. Und das haben wir dann ja auch geschafft.
Zehn Jahre später spielen nun zwei Vereine in der Relegation, die ich beide liebe. Das ist das Schlimmste, was hätte passieren können. Hertha ist meine Heimat, meine alte Liebe, durch meine Adern fließt blau-weißes Blut. Aber beim HSV wurde ich Profi, da war ich fünf Jahre und wurde erwachsen. Ich habe da mit Superstars wie Rafael van der Vaart, Vincent Kompany, Nigel de Jong oder Khalid Boularouz, dem Kannibalen, gespielt.
Ich hänge an beiden Klubs, hätte beide gerne oben gesehen, aber bin emotional 60:40 für Hertha in den beiden Spielen. Ich habe keine Ahnung, wer von beiden es macht, aber ich bin extrem gespannt auf die Partien. Solange ich das ganze Ding nicht wieder über 'nen Live-Ticker verfolgen muss."