Tobias Sippel von Borussia Mönchengladbach im Interview: "Wäre ich egoistischer, müsste ich wechseln"

Nach 221 Pflichtspielen für den 1. FC Kaiserslautern wechselte Tobias Sippel 2015 zu Borussia Mönchengladbach.
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In Kaiserslautern wurde Ihnen als 26-Jähriger mitgeteilt, dass man Ihren auslaufenden Vertrag altersbedingt nicht mehr verlängern werde. Seit Sie dann 2015 zur Borussia gewechselt sind, haben Sie erst 18 Pflichtspiele bestritten - beim FCK kamen Sie auf 221 Partien. Wieso haben Sie sich damals nicht für einen Verein entschieden, der Ihnen einen Platz als Nummer eins garantiert?

Sippel: Ich habe mir vieles angehört und mir lange Gedanken gemacht, ob ich das mit 27 auch wirklich will. Max Eberl kam zu uns nach Hause, danach war auch meine Frau wirklich begeistert. Max hat auch sofort die Karten auf den Tisch gelegt: 'Wir wollen dich, aber du bist die Nummer zwei.' Es war ja nicht geplant, dass ich sieben Jahre später immer noch hier sitze. (lacht) Ich freue mich über jedes Spiel, das ich machen darf. Doch ich bin nicht der Typ, dem wichtig ist, ob er 100 oder 200 Bundesligaspiele gemacht hat.

Wie war es anfangs für Sie, das erste Mal in Ihrem Leben dauerhaft weg von der Heimat und in einem unbekannten Umfeld zu sein?

Sippel: Es wäre schwieriger gewesen, wenn ich allein gewesen wäre. Nachdem ich meine jetzige Frau kennengelernt habe, haben wir vieles im Team entschieden. Danach habe ich auch meine Wäsche nicht mehr zu den Eltern gebracht. (lacht) Sie war ein entscheidender Punkt, weshalb wir etwas Neues machen wollten. Wenn sie nicht da gewesen wäre, vielleicht hätte ich mich mit dem FCK doch noch einmal geeinigt und würde heute noch dort spielen.

Wie sind Sie denn beim FCK zuvor mit Angeboten umgegangen?

Sippel: Es gab dreimal die Situation, dass alles fix und fertig da lag und ich nur noch unterschreiben musste. Da habe ich meinen Berater angeguckt und quasi in der letzten Sekunde gesagt: Ich kann nicht alleine weg von zu Hause. Ich hatte ein bisschen Angst und definitiv großen Respekt vor einem solchen Schritt. Ich habe mich nie getraut, auch wenn ich in der ersten statt der zweiten Liga hätte spielen können.

Abschied aus Kaiserslautern: Tobias Sippel nach seinem letzten Spiel für den FCK.
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Abschied aus Kaiserslautern: Tobias Sippel nach seinem letzten Spiel für den FCK.

Sie haben schon einige Male betont, dass Sie in Gladbach Spaß an der Arbeit haben und Sie sich auch mit Ihrer Familie sehr wohlfühlen. In welchem Verhältnis steht dazu der Fakt, dass Sie eben nur sehr selten zum Einsatz kommen?

Sippel: Ich würde am Wochenende schon sehr gerne spielen und nicht auf der Bank sitzen. Doch das sind genau die Punkte, weshalb ich das hier immer noch mache: Mir macht es extrem viel Spaß, gerade weil ich im Verein und in der Mannschaft nicht den Stempel mit der Aufschrift 'Nummer zwei' habe. Ich werde als 1B gesehen. Yann und ich ergänzen uns wirklich super, auch wenn wir in Sachen Professionalität unterschiedliche Ansätze haben. Ich versuche mit dem Torwart-Team alles, um ihn zu Höchstleistungen zu treiben.

Was meinen Sie genau in Bezug auf die Professionalität?

Sippel: Wir haben einen etwas unterschiedlichen Lebensstil. Yann ist stets der Hochprofessionelle, ob bei der Ernährung oder der Spielvorbereitung. Ich bin vom Naturell eher so: Kickstiefel an, Handschuhe an und los geht's. Ich habe es mir auch ein wenig angeeignet, dass ich mich nicht eine Stunde vorher warmmachen muss, sondern sehr schnell bereit bin - so wie es ja auch bei den Spielen wäre, sollte Yann einmal nicht mehr weiterkicken können. Wenn du als Torwart von der Bank kommst, hast du eine Minute, um dich fertig zu machen.

Sie lernten auch in Kaiserslautern immer mal wieder den Platz auf der Bank kennen. Inwiefern war es in Gladbach dennoch schwer, sich mit der neuen Rolle anzufreunden?

Sippel: Das erste Jahr war schon schwierig und komisch, keine Frage. Du fährst zu jedem Spiel und weißt, dass du nicht spielst. Doch ich musste mich einfach damit abfinden. Auf der anderen Seite haben wir damals Champions League gespielt und ich trainiere seither mit absolut geilen Kickern. Ich will nicht sagen, das reicht mir. Es ist aber schon etwas ganz anderes, wenn du in der 2. Liga spielst oder täglich von solchen Top-Spielern umgeben bist.

Gehen Sie denn trotz der klaren Ausgangslage in jede Saison mit dem Ziel, an Sommer vorbeizukommen?

Sippel: Man wird von mir nicht hören, dass ich die Nummer eins werden möchte. Wenn alles einigermaßen geregelt ist, ich meine zwei, drei Spiele pro Jahr bekomme und wir als Team einen guten Platz erreichen, reicht mir das vollkommen aus. Es ist ja auch längst so, dass Yann und ich uns privat wie sportlich bestens und blind verstehen. Bei uns ist es nicht wie damals bei Oliver Kahn und Jens Lehmann. (lacht) Yann wäre niemals sauer, wenn der Trainer ihm eine Pause geben und mich mal ins Tor stellen würde. Weil er eben weiß, dass ich mich danach niemals hinstellen und sagen würde: Ich habe aber jetzt super gehalten, ich muss drin bleiben.

2015, drei Neuzugänge für die Borussia: Lars Stindl, Nico Elvedi und Tobias Sippel (v.l.n.r.).
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2015, drei Neuzugänge für die Borussia: Lars Stindl, Nico Elvedi und Tobias Sippel (v.l.n.r.).

Sie haben Ihren Vertrag bei den Fohlen nun schon dreimal verlängert, 2023 läuft er erneut aus. Gab es einmal einen Zeitpunkt, an dem Sie sich eine Veränderung hätten vorstellen können?

Sippel: Ich bin kein Typ, der von Verein zu Verein zieht und die Anerkennung braucht, nur weil er regelmäßig im Tor steht. Klar, wäre ich egoistischer, müsste ich wechseln. So bin ich aber nicht erzogen worden, dann wäre ich auch beim Tennis besser aufgehoben. Die Vertragsverlängerungen waren immer relativ schnell geklärt. Da rief Max kurz an und wenig später war die Sache durch. Ich denke, das wird künftig nicht groß anders ablaufen.

Man könnte dagegenhalten und sagen: Ein dritter Profiklub würde Ihre Vita auch nicht schmälern.

Sippel: Das stimmt, aber ich bin mit den bisherigen beiden sehr zufrieden. Ich habe zwei Kinder, es fühlen sich alle pudelwohl und wenn das der Fall ist, bin auch ich glücklich und will nicht aus meinem Umfeld heraus. Deshalb kann ich es mir sehr gut vorstellen, hier noch einige Jahre zu spielen, meine Karriere dann zu beenden und anschließend als Torwarttrainer weiterzumachen. Das würde mir genauso viel Spaß machen, wie wenn ich in ein paar Jahren vielleicht doch noch einmal zum FCK zurückkehre. Dass ich aber zu einem dritten Klub gehe, ist schwer vorstellbar.

Tobias Sippel: Seine Karriere bei Borussia Mönchengladbach im Überblick

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