Anfang Februar teilte Felix Nmecha auf Instagram einen Beitrag von Matt Walsh, der trans Menschen pauschal als "psychisch krank" bezeichnet. Walsh verbreitet Verschwörungstheorien über die queere Community.
In diesem Sommer winkt Nmecha ein Transfer zu Borussia Dortmund. Ein Klub, der im November 2022 einen Wertekodex verabschiedet hat, der "Leitbild für das Handeln jeder und jedes Einzelnen im Verein" sein soll.
Unter dem Punkt "Borussia verbindet" steht geschrieben: "Darunter verstehen wir ein Vereinsleben und eine Gesellschaft ohne Rassismus, Antisemitismus, LSBTI+-Feindlichkeit, Sexismus, Gewalt und Diskriminierung." Ein Satz, für den Borussia Dortmund in der Vergangenheit häufig glaubhaft einstand - in sozialen Projekten, auf der Südtribüne und im Miteinander innerhalb des Klubs. Aber auch einer, der bei einer Verpflichtung von Nmecha deutlich weniger wert wäre.
BVB: Nmechas Entschuldigungen sind unglaubwürdig
Der BVB ist dabei, seine eigenen Werte über Bord zu werfen. Nmecha gilt als missionierender Christ und wirbt offensiv für seinen Glauben. Religion wird oft als Deckmantel für Queerfeindlichkeit missbraucht und Nmecha ist da kein Einzelfall. Noussair Mazraoui fiel beim FC Bayern damit auf, eine queerfeindliche Aktion seines Landsmannes Zakaria Aboukhlal auf Instagram zu unterstützen. Konsequenzen? Nur durch die Fans, die Kritik äußerten. Die Verantwortlichen schwiegen und saßen die Geschichte aus.
Nmecha entschuldigte sich im April dafür, den Beitrag von Walsh geteilt zu haben. "Ich bereue es, das gepostet zu haben", sagte der Noch-Wolfsburger dem RND damals: "Vor allem, weil ich nicht weiß, ob er Christ ist." Er sei nicht damit einverstanden, "wie er seine Überzeugungen vermittelt, und ich stimme auch nicht mit allem überein, was er sagt".
Eine klare Distanzierung sieht anders aus. Anfang Juni teilte Nmecha zudem erneut ein Video, in dem diesmal Bilder von Luzifer und Jesus Christus zu sehen waren. Unter Luzifer, der im christlichen Sprachgebrauch gleichbedeutend mit dem Teufel ist, versammelten sich die Buchstaben des Wortes "Pride" mit je einem kurzen, negativ konnotierten Satz.
BVB: "Echte Liebe" nur, wenn es passt
Zuletzt entschuldigte er sich erneut öffentlich und bekundete, dass er alle Menschen liebe. Ein Statement, das aufgrund der letzten Monate nicht nur unglaubwürdig wirkt, sondern auch, als wäre es von einer Agentur verfasst worden.
Wie eine Notwendigkeit, um die eigene Karriere nicht zu gefährden. Der VfL Wolfsburg, der DFB und potenzielle Interessenten schreckt das alles jedenfalls nicht ab. Darunter der BVB, der laut verschiedenen Medienberichten kurz vor einer Finalisierung des Transfers stehen soll.
Der Punkt ist nicht, dass Menschen sich nicht weiterentwickeln dürfen oder können. Doch wer ernsthaft glaubt, dass sich der 22-Jährige innerhalb weniger Wochen derart verändert hat, ist bestenfalls naiv. Schlimmstenfalls wird absichtlich darüber hinweggesehen.
BVB: Nmecha hat sich seine zweite Chance (noch) nicht verdient
Der BVB wird nicht der erste und auch nicht der letzte Fußballklub sein, der seine Werte in den Hintergrund rückt, wenn er so profitieren kann. Ein Verhaltensmuster, das die Gesellschaft prägt und Benachteiligung innerhalb der Gesellschaft fördert.
Solange es als akzeptable Meinung hingenommen wird, die queere Community zu diskriminieren, wird sich daran nichts ändern. Solange es für menschenfeindliche Haltungen immer wieder einen neuen Platz in der Branche gibt, wird sich daran nichts ändern.
Vermutlich wird Dortmund versuchen, den Transfer zu rechtfertigen, sollte er tatsächlich über die Bühne gehen. Womöglich wird man "Gespräche" ankündigen - wie der DFB es tat. Doch was hat Nmecha getan, um sich diesen Neustart zu verdienen? Ein PR-Statement, ein bisschen Zurückrudern und vor allem sein Talent reichen aus, um sich für einen weiteren Karrieresprung zu qualifizieren.
BVB: Nmechas Aufwand für nächsten Schritt ist gering
Viele werden spätestens dann darüber hinwegsehen, wenn sie das erste Mal dank Nmecha jubeln können. Schade ist das vor allem für die zahlreichen BVB-Fans, die sich gerade gegen den Wechsel aussprechen, weil ihnen ihre Werte wichtiger sind als das nächste Tor. Sie wären die großen Verlierer dieser Geschichte.
Es ist bemerkenswert, dass der BVB offenbar bereit ist, diesen Spagat zwischen Werten und sportlichem Erfolg sowie den damit verbundenen Eiertanz in der Öffentlichkeit auf sich zu nehmen. Der Imageschaden ist letztendlich größer als der Ertrag und der Transfer wäre somit ein großer Fehler.
Von einem Klub wie Borussia Dortmund hätte man eine eindeutigere Positionierung erwarten können, sogar müssen. "Borussia verbindet"? In der Causa Nmecha spaltet der Vizemeister - und sendet zugleich ein fatales Signal: Der Aufwand, um sich nach menschenverachtender Haltung für einen Job bei Borussia Dortmund zu qualifizieren, scheint erschreckend gering zu sein.
BVB: Die Testspiele von Borussia Dortmund in der Sommer-Vorbereitung
Datum | Gegner | Spielort |
12. Juli, 18 Uhr | SV Westfalia Rhynern | Hamm |
19. Juli | offen | offen |
22. Juli, 16.30 Uhr | Rot-Weiß Erfurt | Erfurt |
28. Juli, 4.30 Uhr | San Diego Loyal | San Diego |
31. Juli, 3 Uhr | Manchester United | Las Vegas |
3. August, 2.30 Uhr | FC Chelsea | Chicago |